Junge Frau baute Marihuana an
Die Dreißigjährige ist blaß und sieht sichtlich angeschlagen aus. Auf der Anklagebank hat sie sich wegen Besitz von Marihuana zu verantworten. Sie baute die Droge selbst zum Eigenverzehr an.
Ihre Mutter sitzt mit im Gerichtssaal und ist genauso mitgenommen wie die Tochter. Ihr Verteidiger, Dr. Gregor Hanisch, berichtet von den Umständen, die zum Marihuana-Konsum führten. Der Vater der Angeklagten starb nach langer Krankheit, sie selbst erlitt eine Fehlgeburt und daran zerbrach schließlich auch die Partnerschaft.
Immer mehr zieht sich die junge Frau vom Leben zurück. Sie nimmt Marihuana, zunächst nur als Schlafmittel. Doch immer stärker werden die Depressionen und immer höher die Dosis, die sie braucht. Und irgendwann sind fünfzig Euro und mehr pro Woche auch für die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin nicht mehr bezahlbar. Mit Hilfe des Internets macht sie sich kundig, wie man Marihuana selbst in der Wohnung anbauen kann und in einem Zelt tut sie genau dies. Überrascht ist sie selbst über die Menge an Pflanzen, die da wächst.
Und dann gibt es in der Wohnung unter ihr einen Brand. Und durch diesen Brand wird auch ihre Wohnung in Mitleidenschaft gezogen und alles fliegt auf. Der Besitz von Marihuana steht unter Strafe und dies deshalb, weil die Möglichkeit, damit Handel zu treiben als wahrscheinlich angesehen wird.
In diesem Fall findet die Polizei aber kein typisches Drogenzubehör. Die junge Angeklagte gibt auch in der Hauptverhandlung an, keinen Handel betrieben zu haben. Sie habe zurückgezogen gelebt, sie habe die Jalousien heruntergezogen und oft in Dunkelheit gelebt.
Nach der Entdeckung der Marihuana-Kulturen kehrte sie nicht in die Wohnung zurück, sondern lebte zunächst bei den Eltern. Später verließ sie Hattingen und zog weit weg in die Nähe der Familie ihres Bruders. Dort lebt sie noch heute, hat sofort Kontakt zur Suchthilfe aufgenommen und nimmt heute keine Drogen mehr.
Einen Job hat sie noch nicht, hofft aber auch hier auf bessere Zeiten.
Vorstrafen gibt es keine und so sind sich Staatsanwaltschaft und Gericht einig, dass man es hier nicht mit einer jungen Frau mit krimineller Energie zu tun habe.
Während die Staatsanwaltschaft aufgrund der Mengen allerdings nicht von einem minderschweren Fall ausgeht und deshalb eine Freiheitsstrafe zur Bewährung von einem Jahr fordert, erinnert die Verteidigung an einen vor kurzem vor dem Hattinger Amtsgericht verhandelten Fall. Da war ein Hattinger wegen Besitz und Handel von Amphetaminen und Marihuana verurteilt worden, der nach dem Tod seines kleinen Sohnes auf die schiefe Bahn geriet. Er hatte acht Monate zur Bewährung bekommen. Weil hier kein Handel vorlag, müsse man von einem minderschweren Fall ausgehen, der noch milder zu bestrafen sei.
Dem folgte das Schöffengericht und verurteilte die Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Ein Bewährungshelfer wird zur Seite gestellt.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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