Jugendliche auf der Anklagebank
In der Regel sind Verhandlungen mit Jugendlichen vor dem Amtsgericht nicht-öffentlich. Eine Ausnahme bilden Verhandlungen bei Heranwachsenden. Vor dem Jugendschöffenrichter mussten sich Heranwachsende für ihre Taten verantworten.
Zum Beispiel für Fahren ohne Fahrerlaubnis: weil der Polizei in Sprockhövel der junge Mercedes-Fahrer durch seinen Fahrstil auffiel, verfolgten sie den Wagen und hielten ihn schließlich im Rahmen einer Verkehrskontrolle an. Der junge Mann am Steuer gab an, seinen Führerschein nicht dabei zu haben und bekam daraufhin Ersatzpapiere ausgestellt und die Auflage, auf einer Polizeiwache den Führerschein vorzulegen. Er gab Personalien an, die sich bei erster Überprüfung als richtig heraustellten – allerdings nur insofern, dass es unter der angegebenen Adresse auch diesen jungen Mann gab.
Allerdings: der junge Mann am Steuer soll nicht identisch gewesen sein mit den Personalien der angegebenen Person. Die saß angeblich zuhause und hatte zu dem Zeitpunkt gar keinen Führerschein.
Ein paar Tage später erschien ein junger Mann auf der Polizeistation und gab an, die falschen Personalien von seinem Kumpel angegeben zu haben. Er selbst habe aber am Steuer gesessen und den Polizisten falsch verstanden und geglaubt, er habe den Halter des Fahrzeuges haben wollen.
Sein Kumpel ohne Führerschein war aber auch nicht der Halter des Fahrzeuges. Das Auto war ein Firmenfahrzeug und über das Wochenende im Besitz eines Mitarbeiters, der damit zum Wochenanfang einen Auftrag erledigen musste. Der Mitarbeiter hatte nach Aussage vor Gericht seinem jungen Freund den Autoschlüssel geliehen und musste dafür bereits über 400 Euro Strafe zahlen, weil er sich nicht vergewissert hatte, dass der junge Mann einen Führerschein besaß.
Aber, und hier kommen wir zum Anfang: der will ja auch gar nicht gefahren sein und das sagt er auch vor Gericht aus. Sein Freund sei gefahren und zwar allein und eben der sei in die Verkehrskontrolle geraten und heute, Monate später, sehe man sich nicht mehr und er wisse auch nicht, wo sich der Kumpel aufhalte.
Die Staatsanwaltschaft hätte gern eine weitere Verfolgung des verschollenen Freundes abgewartet, bevor es zu einer Entscheidungsfindung kommen sollte. Doch weil beide Polizisten den jungen Angeklagten nicht eindeutig erkannt haben, blieb nur der Freispruch „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten.
Nicht so einfach wird ein Fall gegen einen anderen Auszubildenden. Er muss sich wegen Betrug und Körperverletzung verantworten. Zum einen hat er Ausbildungsbeihilfe bezogen, obwohl er noch zuhause lebte und darauf keinen Anspruch hatte. Die rund 400 Euro muss er in jedem Fall zurückzahlen. Doch das dürfte nicht sein einziges Problem sein. Er muss sich auch wegen Körperverletzung verantworten. Bei einer Party soll es zu einer Auseinandersetzung gekommen sein, in dessen Verlauf er mehrfach zugeschlagen haben soll. Die Polizei wurde gerufen und nun sitzt der junge Mann auf der Anklagebank.
Den Betrug räumt er zwar ein, will aber mehrfach versucht haben, die Behörden zu erreichen und kein Mahnschreiben erhalten haben. Auch die Körperverletzung habe er begangen, doch sei die Darstellung der Anklage übertrieben. Die anderen hätten auch was gemacht.
So kommt es zu einer Vertagung, denn „die anderen“ sind es, die der Richter gern hören möchte.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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