Ist „Molly“ der älteste Hund von Nordrhein-Westfalen?

Daniel Will mit „Molly“. Er glaubt, dass seine blinde Hündin mit 21 Jahren der älteste Hund in Nordrhein-Westfalen ist.  Foto: Kosjak
  • Daniel Will mit „Molly“. Er glaubt, dass seine blinde Hündin mit 21 Jahren der älteste Hund in Nordrhein-Westfalen ist. Foto: Kosjak
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(von Dino Kosjak)

Daniel Will stellt die Tasse Kaffee auf dem Küchentisch ab und lächelt ungläubig. „Aus Mitleid habe ich Molly damals zu mir genommen“, erinnert er sich, „gemocht habe ich sie nicht, hektisch und neurotisch wie sie war.“ Freunde rieten ihm auch ab: „So ein alter Hund, der so viel erlebt hat. Das kann doch nichts werden.“ Drei Tage habe er dann mit Molly im Garten gespielt. „Danach habe ich den Hund kaum wiedererkannt. Sie musste sich einfach mal richtig austoben.“

Molly ist ein Prager Rattler. Hunde ­dieser Rasse sind noch kleiner und leichter als Zwergpinscher, mit denen ungeübte ­Augen sie leicht verwechseln ­können.
Auch ungeübte Augen erkennen aber sofort, dass Molly sehr alt ist. „Im Februar wurde sie 21 Jahre alt“, freut sich Daniel Will, „damit dürfte sie der älteste Hund Nordrhein-Westfalens sein.“ Sogar für einen Prager Rattler sei ihr Alter bemerkenswert. „Die werden oft 15 bis 18 Jahre alt.“
Natürlich habe sie ihre Leiden. „Molly ist blind, hört kaum noch was und ein leichter Altersschnupfen ist hinzugekommen.“ Aber im Großen und Ganzen gehe es ihr gut.
„Und sie ist ausgesprochen verfressen“, lacht Daniel Will. Grund zur Sorge sei das nicht. „Mit ihren 2,7 Kilogramm hat sie fast Idealgewicht.“
Mit Hilfe von Hundezüch­tern hat Daniel Will dem Lebensweg Mollys nachgespürt. Danach wurde sie 1992 in Deutschland geboren, in einer Zucht für Prager Rattler. Zusammen mit einigen ihrer Geschwister wurde Molly bald darauf gestohlen, gelangte nach Italien und lebte viele Jahre in schlechter Haltung. Eine Tierschutzorganisation fand Molly 2003 in Mailand. Sie hatte wochenlang Straßenmüll gefressen, ein Hinterbein war gebrochen.
In Deutschland bekam sie ein neues Zuhause bei Daniel Wills Großmutter. Nach dem Tod der Großmutter im Jahr 2007 kam die 15jährige Molly schließlich zu Daniel Will. „In den 90er Jahren waren Prager Rattler noch seltener als heute“, erzählt Daniel Will, „die Rasse war fast ausgestorben“.
So sei es einer ­Züchterin leichtgefallen, Mollys Fellzeichnung einem der Hunde zuzuordnen, die 1992 gestohlen worden waren. Das Schicksal von Mollys Geschwistern ist unbekannt.
Mit am Küchentisch sitzt Meike Kelterbaum, Daniel Wills Lebensgefährtin. Sie hat ein Tuch um sich geschlungen, in dem sie Molly wie ein Baby trägt. „Molly liebt das“, freut sie sich, „allzu gut zu Fuß ist sie ja nicht mehr und so kann sie überall dabei sein.“
Schlummernd rückt sich Molly in eine bequeme Position auf Meike Kelterbaums Schoß, wittert mit ihren wenigen verbliebenen Barthaaren kurz in die Runde – und döst weiter.
„Molly ist sehr gutmütig, obwohl sie furchtbare Dinge erlebt hat“, sagt Daniel Will.
Meike Kelterbaum nickt. Sie ist Grundschullehrerin und hat Molly schon ihrer Klasse vorgestellt. „Das hat wunderbar geklappt. Die Schüler wussten, dass so ein alter Hund ein bisschen vorsichtiger zu behandeln ist“, erzählt sie, „und dann hat Molly es genossen, von allen mal gestreichelt zu werden.“
Schwieriger sei es beim Tierarzt, schmunzelt Daniel Will. „Dessen Handschuh hat sie schon zwischen den Zähnen gehabt. Sie weiß sich zu wehren.“ 
Das Interesse an Prager Rattlern nehme zu, sagt Daniel Will. Einerseits freue ihn das, da er mit Molly so gute Erfahrungen gemacht habe. „Aber es gibt nach wie vor nur wenige seriöse Züchter. Die Nachfrage kann also kaum befriedigt werden“, sagt er, „deshalb lassen sich viele Menschen auf Hinterhofgeschäfte ein.“ Gewöhnlich seien die hierbei billig erworbenen Hunde aus quälerischer Zucht und bereits bei der Übergabe krank. „Das sollte niemand unterstützen.“ 
Auch bei Daniel Will und Meike Kelterbaum leben neben Molly noch zwei junge Prager Rattler, Humphrey und Happy, beide fünf Monate alt. „Molly ist an den beiden nicht sehr interessiert“, sagt Meike Kelterbaum, „aber sie vertragen sich gut. Eifersucht ist kein Thema.“
Daniel Will lacht: „Im Zweifelsfall weist Molly die beiden mit einem kurzen Knurren zurecht. Sie ist die Chefin.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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