In der Glaskunst zuhause
Der Hattinger Weihnachtsmarkt hat begonnen und Herzstück eines solches Marktes sind die Kunsthandwerker. Für die Weihnachtszeit ist es besonders der Christbaumschmuck, der die Menschen anzieht. Einen Namen gemacht haben sich die Schmuckstücke aus Lauscha/Thüringen.
Der Hattinger Michael Vetterkind (44) ist eigentlich gelernter Schlosser. Bei einem Urlaub in Thüringen entdeckte er seine Liebe zur Glasbläserei. Seit zehn Jahren ist er nun dabei und bestückt sei sechs Jahren auch regelmäßig Kunsthandwerker- und Weihnachtsmärkte. „Angeeignet“ habe er sich die Kunst der Glasbläserei, erzählt er. Fasziniert habe es ihn, in Lauscha zu sehen, wie die Christbaumkugeln geblasen werden und von den Frauen in alter Tradition der Handarbeit hergestellt werden. Fünfmal im Jahr fährt er nach Thüringen und bespricht mit den dortigen Glasbläsern die Formen und Farben, die in der Saison verkauft werden sollen. „Rot, blau und grau-weiß sind immer im Programm. Viele Stammkunden sammeln den Christbaumschmuck und wissen, dass sie im nächsten Jahr wiederkommen können und die gleichen Farben erhalten“, erzählt er. Ganz preiswert ist die Handarbeit nämlich nicht. Aber sehr schön. „Ich hatte einen Taxifahrer, der kam jeden Abend und hat von seinem Trinkgeld immer ein, zwei Kugeln gekauft“, berichtet Michael Vetterkind.
Lauscha ist das Zentrum der deutschen Glaskunst und gilt als Geburtsstätte des gläsernen Christbaumschmucks und wurde 1597 erstmals erwähnt. Einen richtigen Boom erlebte die Kunst durch den historischen Roman „Die Glasbläserin“.
Seinen Siegeszug hat der gläserne Schmuck übrigens 1880 angetreten und zwar aus Läden in Amerika. Ein armer Glasbläser soll 1847 aus Mangel an echten Früchten Glasfrüchte in den Christbaum gehängt haben und diese Idee fand großen Gefallen.
Je nach Kugelgröße dauert es bis zu zwei Stunden, bis die Winterlandschaft mit glitzerndem Schnee auf der Christbaumkugel erstrahlt. Formen und Farbmischungen werden aus alter Tradition heraus vererbt und keinem Fremden verraten.
Michael Vetterkind zeigt eine Form aus den zwanziger Jahren, die er sich ausgeliehen hat. Damit werden kleine Vögel gefertigt. „Der Kolben wird an der Flamme, die 1400 Grad heiß ist, erwärmt, dann wird die warme Masse in die Form gedrückt, die beiden Teile der Form werden zusammengepresst und später wieder gelöst.
Die Masse erkaltet und man kann sich dem Bemalen zuwenden. Alles, was bemalt wird, braucht einen sogenannten Spieß zum Führen, der erst zum Schluß abgetrennt wird. “
Asiatische Produkte haben bei manchen Materialien keine Chance. Eislack beispielsweise ist sehr empfindlich und trocknet im asiatischen Raum aufgrund der Luftfeuchtigkeit sehr schlecht. In Hattingen werden die Kugeln von einer echten Lauschaer Glasmalerin verkauft, von Caroline Bäz. Michael Vetterkind selbst ist meistens auf den Märkten der Umgebung, in Essen, Oberhausen und Dortmund zu finden. „Die Weihnachtszeit ist unsere Hauptgeschäftszeit“, berichtet er. Außerhalb dieser Zeit fertigt er aus Massivglas andere Dinge an – Schreibfedern, Orchideenstäbe und auf Wunsch auch besondere Bestellungen. Die werden auf Kunsthandwerkermärkten bis nach Österreich verkauft.
Eine Christbaumkugel hat bis zu zehn Arbeitsgänge. Es werden mehrere Kugeln gleichzeitig bemalt. 18 Zentimeter misst die größte Kugel für das Fenster. Kleinere gehören in den Christbaum. „Ganz am Anfang haben wir Christbaumschmuck kartonweise verkaufen wollen, wie es eben üblich ist. Bei diesem Schmuck geht das nicht so gut, es ist zu teuer. Aber sammeln kann man die einzelnen Teile.“
Auch bei den Massivglasanfertigungen kommt die Rohware direkt aus Lauscha. Die weitere Ausarbeitung erledigt Michael Vetterkind dann zuhause.
Auf dem Nostalgischen Weihnachtsmarkt ist er seit der Gründung vor neun Jahren mit dabei. Sein Nachbar ist übrigens Alfred Schulte-Stade, der sich seit dieser Zeit für den Nostalgischen Markt einsetzt. Drei Tage braucht Michael Vetterkind, bis sein Stand so aussieht wie er aussehen soll.
Nach Weihnachten kann er Christbaumschmuck dann allerdings auch nicht mehr sehen. Dann freut sich der Hattinger wieder auf das Frühjahr und die Kunsthandwerkermärkte.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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