Hütte, Krieg und Alltag

Am Ehrenmal in der Denkmalstraße zeigen Plakate zur Mobilmachung: Thomas Weiß (Stadtarchiv), Jürgen Uphues (Denkmalbehörde), Dr. Olaf Schmidt-Rutsch (Wissenschaftlicher Referent Industriemuseum Henrichshütte), Lars Friedrich (Heimatverein), Petra Kamburg (Leiterin Volkshochschule), Sonja Meßling (Ausstellungsleiterin und Volontärin Industriemuseum Henrichshütte)Foto: Kosjak
  • Am Ehrenmal in der Denkmalstraße zeigen Plakate zur Mobilmachung: Thomas Weiß (Stadtarchiv), Jürgen Uphues (Denkmalbehörde), Dr. Olaf Schmidt-Rutsch (Wissenschaftlicher Referent Industriemuseum Henrichshütte), Lars Friedrich (Heimatverein), Petra Kamburg (Leiterin Volkshochschule), Sonja Meßling (Ausstellungsleiterin und Volontärin Industriemuseum Henrichshütte)Foto: Kosjak
  • hochgeladen von Dr. Anja Pielorz

von Dino Kosjak

Es sind gerade die kleinen Dinge, durch die sich die Geschichte einer Familie erschließt. Robert Laube weiß das aus eigener Erfahrung. Der Leiter des Industriemuseums Henrichshütte räumte im Haus seiner Mutter einen Schrank aus und fand eine Feldflasche, darin eine Nachricht der Großmutter an ihn, den Enkel: Die Feldflasche habe dem Großvater das Überleben in der Kriegsgefangenschaft ermöglicht. Großvater und Enkel verdankten ihr das Leben.

Familiengeschichten und -gegenstände wie diese werden ab sofort für die Ausstellung „Stahl und Moral“ gesucht, die ab Mai 2014 eröffnen wird. Die Ausstellung geht in mehreren Projekten der Frage nach, wie die 30 Jahre zwischen dem Beginn des Ersten Weltkriegs und dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Leben in Hattingen verändert haben. Im Mittelpunkt steht der ehemalige Rüstungsbetrieb Henrichshütte, in dem unter anderem U-Bootbleche, Granaten und Panzerteile produziert wurden. Das zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gehörende Industriemuseum arbeitet hierfür zusammen mit dem Heimatverein, dem Stadtarchiv, der Denkmalbehörde und der Volkshochschule.
Das Stadtarchiv wird unter anderem mit Postkarten, Tageszeitungen und Originalplakaten zur Mobilmachung Einblicke in den Alltag jener Zeit geben. Stadtarchivar Thomas Weiß erinnert daran, dass Hattingens Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrfach erfolgreich behandelt worden sei, beispielsweise mit Ausstellungen zur Weimarer Republik, zum Nationalsozialismus oder zum Judentum. Der Erste Weltkrieg sei allerdings noch nicht angemessen berücksichtigt worden. Dabei habe gerade diese Zeit auch die Menschen in Hattingen entscheidend geprägt: „Sie sind daraufhin moderner geworden, lassen nicht mehr alles mit sich machen“, so Thomas Weiß, „beispielsweise ließen sich die Frauen nicht einfach an den Herd zurückschicken, nachdem sie in der Rüstungsindustrie sogenannte Männerarbeit geleistet hatten.“ Die Wandlungen im Selbstverständnis betont auch Dr. Olaf Schmidt-Rutsch, wissenschaftlicher Referent am Industriemuseum: „Mit dem Ersten Weltkrieg hat die Henrichshütte eine bewusste Umstellung auf Rüstungsproduktion erfahren. Das hat die Geschichte der Hütte und die Schicksale der Menschen geprägt.“
Für den Heimatverein kündigt Lars Friedrich eine Fotoausstellung an, die ehemalige und gegenwärtige Kriegsdenkmäler dokumentiert. Dabei sollen auch Ereignisse und Denkmäler aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg berücksichtigt werden. Und Jürgen Uphues von der Denkmalbehörde bestätigt ebenfalls für Denkmäler anderer Art großes öffentliches Interesse: die Luftschutzanlagen auf dem Gelände der Henrichshütte.
Petra Kamburg, Leiterin der Volkshochschule, ermutigt die Bevölkerung Hattingens, sich dem Arbeitskreis anzuschließen, um Beiträge zur politischen Bildung zu erstellen - und diese auch auszustellen: „Einfach gesagt suchen wir Menschen, die erzählen, wie es den Großeltern ergangen ist.“ Das könne geschehen mit Hilfe von Feldpost, Fotos, Filmen und anderen Gegenständen. Museumsleiter Robert Laube betont, die Bedeutung der Erinnerungsstücke sei erst mit Hilfe der eigenen Familiengeschichte zu entschlüsseln und für andere begreifbar zu machen. So werde es möglich, die Geschichten von Glück und Trauer, von Überleben und Sterben als Geschichte Hattingens zu verstehen.
Der Hochofen und weitere zur Rüstungsproduktion genutzte Anlagen der Henrichshütte werden als Ausstellungsräume dienen, sagt Sonja Meßling, Leiterin der Ausstellung und Volontärin am Industriemuseum. Auch sie freut sich auf rege Beteiligung der Hattinger Bürgerinnen und Bürger.
Interessenten können sich direkt an sie wenden: Telefon 02324/9247118, E-Mail: sonja.messling@lwl.org.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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