Hollywood liegt im Ruhrgebiet

Der Kinderfilm „Die Vampirschwestern“ wird derzeit in Herne gedreht und soll Mitte 2012 in die Kinos kommen. Das ungepflegte Haus, links im Bild, samt Vorgarten wurden extra für den Film entsprechend hergerichtet. In der Realität ist es ein normales, gepflegtes Einfamilienhaus in einer gewöhnlichen Siedlung. Damit die Lichtverhältnisse stimmen, wird unterschiedliches Equipment für Lichttechniken eingesetzt. Hier sieht man hinter dem Kameramann, eine schwarze Wand. Foto: Kamphorst
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  • Der Kinderfilm „Die Vampirschwestern“ wird derzeit in Herne gedreht und soll Mitte 2012 in die Kinos kommen. Das ungepflegte Haus, links im Bild, samt Vorgarten wurden extra für den Film entsprechend hergerichtet. In der Realität ist es ein normales, gepflegtes Einfamilienhaus in einer gewöhnlichen Siedlung. Damit die Lichtverhältnisse stimmen, wird unterschiedliches Equipment für Lichttechniken eingesetzt. Hier sieht man hinter dem Kameramann, eine schwarze Wand. Foto: Kamphorst
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(von Cay Kamphorst) „Ich spiele dann den Vampir!“, freut sich der achtjährige Janis aus Hattingen, als er erfährt, dass er eine Komparsenrolle im Kinderkinofilm „Die Vampirschwestern“ ergattert hat.

Doch die Ernüchterung folgt auf dem Fuße, denn die Hauptrollen sind natürlich erfahrenen Schauspielern vorbehalten.
Aber was machen dann die Komparsen? Sie sind sozusagen das „schmückende Beiwerk“ des Films. Komparsen machen das Bild lebendig und lassen die Handlungen realistisch erscheinen. Ohne Komparsen, im Theater eher Statisten genannt, würde selbst der beste Schauspieler keinen Zuschauer fesseln können.
Stellen Sie sich Sandra Bullock in „Speed“ ohne die Passagiere im Bus vor oder die Passanten, die ausweichen müssen. Oder „Lola rennt“ durch leere Straßen, weil es dort ansonsten keine Menschen gibt. Also, ohne Komparsen kein Film. Aber sie werden meist weder im Abspann genannt, noch erinnert sich Jemand an sie. Komparsen sind im Grunde die wichtig Unwichtigen des Films.
Das stellt auch Janis fest. Pünktlich morgens am Set heißt es erst mal warten. Fast eine Stunde, bis er überhaupt beginnen kann. Das Licht muss erst angepasst werden. Das dauert. Es ist kalt am Morgen. Der Film spielt aber im Sommer, also muss auch die Kleidung entsprechend sein. Dann wird nicht mit den Zähnen geklappert, sondern gespielt, als wäre es schön warm. An diesem Tag gibt es vier Kinder am Set. Die beiden Schauspielerinnen - die Vampirschwestern - dazu Janis und der siebenjährige Max aus Herne. Selbstverständlich sind auch viele Erwachsene dabei.
Wer mal genau darauf achtet, wird feststellen, dass es in den meisten Filmen kaum Kinder gibt, wenn sie nicht gerade speziell für Kinder gedreht werden. „Gerade für Kinder ist es schwer zu verstehen, warum sie immer wieder das Gleiche machen müssen“, erzählt Katharina, die für die Komparsenbesetzung zuständig ist. „Auf Dauer wird das dann langweilig für sie und es gilt, sie immer wieder neu zu motivieren.“
Generell ist die Rollenbesetzung mit Kindern keine unbürokratische Sache. Bei der Schule muss eine Unterrichtsbefreiung beantragt werden, die der Zustimmung der Direktion bedarf. Die Kinder werden dem örtlichen Jugendamt gemeldet, da Kinder nur eine bestimmte Stundenzahl täglich arbeiten dürfen. Alles muss ordnungsgemäß gemeldet werden. Es kommt auch vor, dass das Jugendamt stichprobenartig schaut, ob die strengen Regeln auch eingehalten werden.
Der erste Drehtag hat es für die beiden Jungs in sich. Sie spielen stundenlang Fußball. Auch am zweiten Tag sind sie sportlich aktiv und fahren Fahrrad oder springen Seil. Es geht darum, dass im Hintergrund agiert wird und die Schauspieler nicht „einsam in der Landschaft stehen und spielen“. Auch erwachsene Komparsen gehen scheinbar ihrem täglichen Alltag nach. Hier wird ein Auto gewaschen, dort verteilt der Postbote die Briefe und hält hier und da einen Plausch. Ein sommerliches Vorstadtidyll, wie es sich manch einer wünscht. Doch alles ist nur Schein. Die Straße wurde entsprechend hergerichtet, um diesem Idyll zu entsprechen. Es ist schon erstaunlich, was für ein Aufwand betrieben wird, um die Zuschauer in eine illusorische Welt eintauchen lassen zu können. Selbst ein Haus bekommt samt Vorgarten eine neue Front, um dem Klischee der Behausung einer Vampirfamilie zu entsprechen. Ist der Dreh fertig, wird die ganze Straße samt Haus wieder in den vorherigen Ist-Zustand gesetzt. Allein die Vorbereitung dauert mitunter Wochen.
„Wann machen wir denn mal was anderes?“, wollen die Kinder wissen. Katharina erklärt, dass sie später noch mit Kreide malen dürfen. Nicht gerade eine Aussicht, die die angehenden Topschauspieler begeistert. Das haben sie sich ein wenig anders vorgestellt. „Ich darf ja nicht mal was sprechen“. Janis ist enttäuscht. Beim Durchhalten hilft die Aussicht auf die Gage, denn umsonst müssen auch Komparsen nicht spielen. Die liegt im Durchschnitt je nach Produktionsfirma und Aufwand zwischen 40 und 80 Euro. Ihr Geld haben Max und Janis auch schon verplant. Nur ein winziger Teil soll das Sparvermögen erhöhen. Der größere Teil wird in „wichtige“ Wünsche investiert.
Um Komparse zu werden, bedarf es nicht viel. Der Typ muss passen. Da spielt es keine Rolle, ob die Person schön oder hässlich ist, dick oder dünn. Jeder kann sich bewerben und mit ein bisschen Glück, wird der eigene Typ gerade gebraucht. Die Produktionsfirmen suchen per Radio, im Internet oder machen auch eigene Castings. Dann gibt es noch sogenannte Komparsenagenturen, die die Schauspielfreudigen in ihre Kartei aufnehmen und an die Produktionsfirmen entsprechend deren Wünschen vermitteln.
Trotz der manchmal aufgekommenen Langeweile hat es Janis insgesamt Spaß gemacht und als Komparse würde er sich auch noch mal einsetzen lassen. Jedoch ein Schauspieler will er nicht werden. Da erscheint ihm sein Traumberuf „Polizist“ doch deutlich spannender!

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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