Himmlischer Drachenbau mit feinster Pyrotechnik

Herbstzeit ist Drachenzeit und die Erde ist eine Scheibe. Das mit der Scheibe ist völliger Unsinn. Das wissen wir heute. Und dass nicht nur im Herbst die Drachen steigen, das wissen Sie spätestens nach diesem Artikel.

Uwe Gryzbeck baut Drachen seit Jahrzehnten. Erst als Amateur, dann seit 1983 als Profi. Zunächst fertigte er auch in Produktion, seit vielen Jahren gibt es nur noch Einzelstücke. Hier allerdings sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt und kaum bleiben Wünsche offen.
Der studierte Sozialwissenschaftler hatte während des Studiums seinen ersten Lenkdrachen in die Hand bekommen und es packte ihn sofort. Als Profi baute er später für einen Freund, der nach Jordanien zu einer Ausgrabung wollte, einen Kamera tragenden Drachen. In der Jugendarbeit veranstaltete er zig Drachenworkshops. „Ich schaue gern in den Himmel. Und mit Drachen und meinem zweiten beruflichen Standbein, der Pyrotechnik, kann man die Menschen dazu bewegen, mit einem Lächeln ebenfalls in den Himmel zu schauen“, sagt er.
Zur Pyrotechnik sei er gekommen, weil es schön sei, Nachtdrachen steigen zu lassen. „Die meisten von ihnen sind mit Leuchten ausgestattet, wir verwenden Pyrotechnik.“ Um das zu dürfen, musste er an vielen Großfeuerwerken maßgeblich beteiligt sein, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erwerben und natürlich regelmäßige Weiterbildung betreiben, nachdem er die Sprengschule besucht hatte und sich heute Pyrotechniker nennen darf.
Drachen aus Papier oder einem speziellen Segeltuch, die Materialien sind so unterschiedlich wie beim Autobau. Und wie viele hat er schon gebaut? „Wie viele Tassen Kaffee haben Sie in ihrem Leben schon getrunken?“, lacht er. Okay, blöde Frage.
Als Hattingen seine 600jährige Geschichte feierte, gab es eine Ausstellung in der Gebläsehalle mit Drachen. Damals wurden fast nur schwarz-weiße Exemplare gezeigt und – farbige Drachen aus China, weil zur Hüttenschließung viele Teile nach China verkauft wurden. Thea­terfestivals oder Großveranstaltungen wie die Ruhr 2010 bedienen sich im In- und Ausland der Kunst von Ursula Bebko und Uwe Gryzbeck.
„In der Regel baue ich nur Drachen bis zu einer Größe, die eine Einzelperson bewältigen kann. Etwa zwanzig Kilo Gewicht kann man halten. Das kann man, bezogen auf die schiefe Ebene, berechnen. Mehr geht nicht. Wenn man einen Großdrachen baut, braucht man immer eine Mannschaft, die im Hintergrund mitarbeitet. Und Drachen ziehen eine Wirbelschleppe hinter sich her, vergleichbar mit einem Flugzeug. Wenn man einen sehr großen Drachen hat, hat man auch eine sehr große Wirbelschleppe und längere Zeit nach diesem Drachen kann niemand anders starten. Das macht recht einsam.“
Seine Lieblingsdrachen sind Kastendrachen. „Das Material ist sehr preiswert, wird auch oft aus recyceltem Material gewonnen. Es ist ein sehr preiswertes Vergnügen.“ Nicht so sehr liegen ihm die Motivdrachen. „Das sind meist Blähdrachen ohne eigenes Gerippe, die nur vom Wind gebläht werden.“
Stundenlang könnte der Künstler, Drachenbauer und Pyrotechniker erzählen. Von Drachenfestivals rund um den Globus und speziellen Aufträgen, beispielsweise dem Drachenbau für Luftbildaufnahmen. Eines wird deutlich: Mit der Jahreszeit Herbst hat das nichts mehr zu tun.
Wer ein eigenes Drachengespann bauen möchte und erleben will, wie mehrere Gespanne in Form einer Bogenkette fliegen, sollte sich bei einem Workshop der VHS mit Uwe Gryzbeck anmelden.
Es gibt zwei Termine: Mittwoch, 10. Oktober, 11 bis 14 Uhr, oder Mittwoch, 17. Oktober, 14 bis 17 Uhr. Am besten meldet sich ein Erwachsener mit einem Kind an oder ein Erwachsener allein. Die Materialkosten betragen zehn Euro, der Kurs kostet pro Teilnehmer zwölf Euro.
Anmeldung bei der VHS unter Telefon 02324/204-3512.