Hermann Becker: über Tunesien nach Welper
„Menschlich im Umgang, auch bei Fehlern seines Gegenübers. Stets leise im Auftreten. In Konflikten jedoch scharf oder laut zu werden – undenkbar für Hermann Becker. Diese seine Eigenschaften sind nach wie vor Bestandteile jedes modernen Führungsstils.“ So beschreibt Roland Himmel als geschäftsführender Vorstand der Gartenstadt Hüttenau das Ausscheiden seines Aufsichtsratsvorsitzenden.
Mit dem gestrigen offiziellen Ausscheiden von Hermann Becker geht bei der Gartenstadt Hüttenau so etwas wie eine Ära zu Ende. Das lässt sich nach 33 Jahren im Dienst der Wohnungsgenossenschaft in Welper mit Fug und Recht sagen.
Und er hat Spuren in seiner „Wahl-Heimat“ hinterlassen. Auch bei der Gartenstadt, aber eben auch im Stadtbild von Welper – nicht zuletzt dank seiner Beharrlichkeit.
„Manche meiner Ideen wie die Bebauung an der Marxstraße neben dem heutigen Penny-Markt haben bis zur Umsetzung doch sehr lange gedauert“, schmunzelt Hermann Becker, „und ich bin früher sogar dafür belächelt worden. Inzwischen ist die Gartenstadt maßgeblich beteiligt an der Gestaltung des Ortsteils Welper.“
Seine Beharrlichkeit zeige sich nach Meinung von Gartenstadt-Vorstand Roland Himmel gerade aber auch beim Penny-Markt selbst: „So war er immer überzeugt, dass die Ansiedelung eines Nahversorgers an der Grenze zu Blankenstein richtig und notwendig sei. Und er hat dieses Ziel lange Jahre verfolgt. Vor drei Jahren haben wir dort den Penny-Markt eröffnet.“
Dabei war es ursprünglich gar nicht abzusehen, dass Hermann Becker einmal in einem Wohnungsunternehmen landen würde – und schon gar nicht in einem „Nest“ wie Welper.
„Ich wurde am 7. Juli 1938 in Frankfurt/Main geboren und bin in Saarbrücken aufgewachsen“, blickt er zurück. „Nach Abschluss der mittleren Reife habe ich den Bankberuf erlernt. Durch berufsbegleitende Weiterbildung habe ich die Titel Betriebswirt VWA und Sparkassenbetriebswirt erlangt. Meine ersten beruflichen Stationen waren die heutige BNP und die Landesbank Saar.“
Welper trat 1970 in sein Leben – in Tunesien. Dort traf er im Urlaub auf eine gewisse Ursula Michels, seine „Uschi“.
Damals sagte ihm der Name „Michels“ natürlich noch nichts. Vielleicht hat er eine Ahnung bekommen, als er seinen späteren Schwiegervater das erste Mal persönlich traf, diese „Legende“, die vom Formschmied auf der Henrichshütte als erster Deutscher Präsident des Montanausschusses der Berg- und Metallarbeitergewerkschaft in Luxemburg wurde, vom Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Welper zum Bundestagsabgeordneten, vom IG-Metall-Vorstandsmitglied zum Begründer der sozialen Bewegung „neues alter“, die sich „lebenslanges, lebendiges Lernen“ auf ihre Fahnen geschrieben hat.
Rückblickend sagt Hermann Becker jedenfalls: „Ich bin hier nach der Heirat 1971 mit offenen Armen empfangen worden.“
Er zog nach Welper, wurde dann für die BfG Bank tätig. Nach der Einarbeitszeit übernahm er die Leitung der Kreditabteilung in der Niederlassung Witten. Im Juli 1976 wurde er dort Niederlassungsleiter. Nach elf Jahren übernahm er die Mitleitung der Niederlassung Dortmund und wurde zum Stellvertreter der Regionalleitung bestellt.
Dass es einen cleveren Banker in Welper gab, das sprach sich auch bei der Gartenstadt Hüttenau herum.
So wurde er angesprochen, ob er nicht Mitglied des Aufsichtsrat werden wolle. Das wurde er am 13. Juni 1979 und direkt auch noch zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Aber nur für ein paar Monate. Am 21. April 1980 nämlich wurde er dessen Vorsitzender – bis zu seiner offiziellen Verabschiedung am gestrigen Freitag.
Als er bei der Gartenstadt anfing, war dort die wirtschaftliche Situation angespannt. „Wir hatten nur eine Eigenkapitalbasis von 18 Prozent. Heute sind es über 30“, erinnert der Banker, der mit seinem Wirtschaftsverstand erst lernen musste, wie der Wohnungsmarkt funktioniert.
Auch auf der Vorstandsebene stand damals nicht alles zum besten. Da war er froh, mit Ingrid Winklhofer eine Prokuristin mit großem Durchsetzungsvermögen an seiner Seite zu wissen. Beide hatten ein gemeinsames Ziel: die Gartenstadt Hüttenau.
Hermann Becker: „Richtig Ruhe kehrte erst 1982 ein, als Paul Steinhauer kam. Als Geschäftsführer brachte er das Unternehmen in ruhiges Fahrwasser. Dabei folgte eine schwere Zeit mit der Schließung der Henrichshütte, die bei uns wie die Stadt auch Wohnungsbelegungsrecht hatte, und der Mönninghoff-Pleite. Aber wir waren immer eine Gesellschaft, die das Wohnungsgeschäft nicht nur nach Zahlen betrieb, sondern uns war und ist das persönliche Miteinander wichtig.“
Anfangs habe die Gartenstadt nur ihren Wohnungsbestand verwaltet: „Heute aber sind wir ein modernes und sehr stark aufgestelltes Dienstleistungsunternehmen, das allerdings mit der Tradition und ihrer sozialen Einstellung verwurzelt ist.“
Was er als seine und die Aufgabe eines Aufsichtsrates überhaupt ansieht, beschreibt Hermann Becker so: „Satzungsgemäß überwachen wir den Vorstand, fördern ihn aber auch. Wir wirken so bereits in einer Gestaltungsphase mit. Wichtig ist vor allem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Weil es die immer gab, konnten wir eine Unmenge von zeitraubenden Ausschusssitzungen abschaffen und gleichzeitig den Aufsichtsrat von neun auf sechs Köpfe reduzieren. Per Satzung entscheiden eigentlich Aufsichtsrat und Vorstand getrennt. Wir aber haben alle Sitzungen gemeinsam gemacht. Dabei wurden Probleme durchaus kontrovers diskutiert, doch sind wir stets zu einem einstimmigen Ergebnis gekommen.“
Er wünscht sich nach seiner aktiven Zeit, dass die Gartenstadt weiter das Schicksal des ehemaligen Gemeindeamtes Welper im Auge behält, wo jetzt auch das Stadt-Archiv wegen schimmliger Keller auszieht. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude sei nach seinem berühmten Architekten „ein echter Metzendorf“ und für ihn selbst künftig ein perfektes Bürgerhaus. Idealerweise würde es ins Eigentum der Gartenstadt übergehen.
Außerdem hofft er, dass weiterhin die Gartenstadt Hüttenau als ganz wichtige Komponente ihrer Geschichte im besten Sinne „überschaubar“ bleibe: „Wir kennen einen großen Teil unserer Mieter und das muss so bleiben. Daher sollte auch die Fusion mit einem anderen Unternehmen nie zum Thema werden.“
Künftig wird sich Hermann Becker noch mehr um ein Erbe seines Schwiegervaters Willi Michels kümmern: „Ich bin ehrenamtlich Sprecher des Vorstandes des Freizeitwerks Welper, dem ich 18 Jahre angehöre. Das Freizeitwerk ist ein Verein mit etwa 80 Mitgliedern. Unsere Aufgabe ist es unter anderem, Jung und Alt aus- und weiter zu bilden, eine Bildungsarbeit also, die Generationen zusammenführen soll.“
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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