Hattinger Verein baut Modellklinik in Gambia
Die „Projekthilfe Dritte Welt e.V.“/Hattingen, über die der STADTSPIEGEL bereits mehrfach berichtete, startete letzten Freitagnachmittag von Bochum aus mit einem neuen Hilfskonvoi nach Gambia/Westafrika – und hatte bereits ihre erste kleine (Öl-)Panne in Marokko, aber kein Problem.
Fünfzehn Mitglieder des Vereins machten sich mit fünf geländegängigen Fahrzeugen auf den 7.000 Kilometer langen Weg zur Hattinger Buschklinik ins gambische Dorf Jahaly. Dieser Hilfskonvoi der Projekthilfe ist nach den Fahrten in den Jahren 1999, 2001, 2005 und 2009 bereits der fünfte dieser Art.
Der Verein unterstützt damit seine Projekte in Gambia: die Buschklinik, den Kindergarten und vier Gartenprojekte in Jahaly sowie die seit Februar 2011 im Bau befindliche Modellklinik im Dorf Njaba Kunda.
Dieses letzte Projekt wird aus Fördermitteln der Bundesregierung und aus Mitteln des Vereins finanziert. Das gab der Vorsitzende der „Projektthilfe Dritte Welt e.V.“, Matthias Ketteler, jetzt in Hattingen bekannt. Die „Buschklinik Hattingen“ wurde im Jahr 2009 von der Regierung Gambias als Modellprojekt ausgezeichnet.
Die Reise nach Njaba Kunda ist für Matthias Ketteler eine Rückkehr an seine erste Wirkungsstätte. Im April 1986 waren er und sein Freund, Frank Heuer, als junge Krankenpfleger aus Deutschland in das Gesundheitszentrum Njaba Kunda gekommen und hatten dort ihre ersten Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen in dem kleinen westafrikanischen Land gemacht. „Damals haben wir in Njaba Kunda beschlossen, aufzuhören zu reden“, sagt Matthias Ketteler, „und anzufangen zu handeln.“
Sie gründeten in Hattingen den gemeinnützigen Verein „Projekthilfe Dritte Welt e.V.“ und bauten in Jahaly die „Buschklinik Hattingen“, die in diesem Jahr auf 20 Jahre erfolgreiche Arbeit zurückblicken kann. 2009 hat die gambische Regierung Matthias Ketteler zum Sonderbotschafter für die Entwicklung der Gesundheitsversorgung ernannt.
Matthias Ketteler: „Die gambische Regierung hat in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um die Situation der Gesundheitsversorgung für die ländliche Bevölkerung zu verbessern. Allen Gesundheitsstationen des Landes fehlen allerdings eine ausreichende Strom- und Wasserversorgung und somit notwendige hygienische Voraussetzungen. Der bauliche und hygienische Zustand der Gesundheitsstation in Njaba Kunda, die viele Jahre aus Deutschland finanziert wurde, war der weitaus schlechteste aller staatlichen Gesundheitsstationen. Es gab nur stundenweise Wasser und Strom. Nachts musste das Personal hier im Schein von Kerzen oder Taschenlampen arbeiten.“
Eine Renovierung der Gebäude wäre nur mit einem nicht zu vertretenen Aufwand möglich gewesen, so die Experten des Vereins. Daher beschloss die „Projekthilfe Dritte Welt“, die Gesundheitsstation Njaba Kunda abzureißen und als Modellklinik nach dem Vorbild der „Buschklinik Hattingen“ wieder aufzubauen.
Die Finanzierung des Projektes ist gesichert und die heruntergekommene alte Gesundheitsstation inzwischen abgerissen. „Hilfe zur Selbsthilfe ist Teil des Leitbildes unseres Vereins und wird auch beim Bau der Modellklinik Njaba Kunda umgesetzt“, betont Matthias Ketteler.
Bauarbeiter haben die Umrisse der neuen Klinikgebäude auf dem Gelände abgesteckt. Die Bevölkerung von Njaba Kunda unterstützt den Neubau, bringt Sand und Kies für die Herstellung der Ziegelsteine. Bauarbeiter stellen diese vor Ort auf der Baustelle her. Sie schaffen etwa 1.000 Ziegel pro Tag. Benötigt werden 23.000 Stück. Schon Mitte 2011 soll die Modellklinik ihren Betrieb aufnehmen.
Auf dem Klinikgelände werden acht Gebäude errichtet: eine Wartehalle, ein Untersuchungsgebäude mit drei Untersuchungsräumen, Wartebereich und Labor, ein Patientengebäude mit einem Behandlungssaal, Duschen, Toiletten und einer abgetrennten geburtshilflichen Abteilung, zwei Personalhäuser, ein Pförtner-Häuschen, eine Bantaba-Rundhütte und eine Gemeinschaftsküche sowie im Eingangsbereich des Klinikgeländes zwei öffentliche Toiletten. Eine Solaranlage garantiert die Stromversorgung rund um die Uhr und den Betrieb der Wasserpumpen.
Die „Projekthilfe Dritte Welt e.V.“ hat mit der gambischen Regierung schriftlich vereinbart, dass die Dorfgemeinschaft nach Beendigung der Baumaßnahmen durch ein Komitee Einfluss auf bestimmte Bereiche hat.
Der Verein unterstützt das Komitee durch Schulungsmaßnahmen über Klinikmanagement, Hygiene und die Pflege der Außenanlagen. Nach drei Jahren übernimmt das Komitee diese Aufgaben eigenverantwortlich und arbeitet direkt mit der Regierung zusammen.
Botschafter Ketteler plant mit dem Gesundheitsministerium bereits das nächste Projekt: „Der Neubau in Njaba Kunda soll nur der Anfang sein.“ Die Vision des Hattinger Vereins ist es, in den nächsten Jahren alle ländlichen Gesundheitsstationen des Landes nach dem Vorbild von Njaba Kunda und Jahaly zu modernisieren. So könnte Njaba Kunda 20 Jahre nach dem ersten Besuch von Matthias Ketteler zu einem Modell für den ganzen Kontinent werden.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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