Hattinger Postprozess beendet – 3 Jahre Gefängnis

Der Angeklagte wird aus der JVA vorgeführt.
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Nach zwei Verhandlungstagen und einem überraschenden Geständnis wurde ein 44 Jahre alter Mann aus Castrop-Rauxel wegen 34-facher Verletzung des Brief- und Postgeheimnisses in Tateinheit mit Unterschlagung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Machte der Angeklagte beim ersten Verhandlungstag noch von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, erklärte Rechtsanwalt Fleig am zweiten Verhandlungstag im Namen seines Mandanten, dass dieser doch aussagen wolle.

„Ich habe etwas mitgenommen, nämlich 3 Pakete, aber nicht das, was mir angelastet wird“, sagte dann der Angeklagte und gestand, dass zahlreiche Gegenstände, die bei seiner Wohnungsdurchsuchung festgestellt wurden, aus unterschlagenen Paketsendungen stammten. Er gestand auch, unterschlagene Smartphones bei einem Ankaufhändler verkauft zu haben. Grund dafür seien seine andauernden Geldnöte gewesen.

Im Übrigen hätten sich auch bei seinem Kleintransporter während der Fahrt wiederholt die hinteren Türen geöffnet und Autofahrer und Polizeibeamte hätten ihn entsprechend darauf hingewiesen. Auch hierdurch hätten Pakete "verschwinden" können. Aufgrund seiner Mängelanzeige an seinen Chef wäre aber keine Auto-Reparatur erfolgt.

Nachdem er zuerst noch bestritt, im Tatzeitraum alle entsprechenden Posttouren in Hattingen gefahren zu haben, korrigierte er sich später und räumte dann ein, dass er die Verantwortung für die in der Anklage aufgeführten Verluste von 40 Paketen und 1.000 Briefen in Hattingen von Mitte Oktober bis Ende Dezember 2016 übernähme.

Vorbestrafter Mitarbeiter transportierte Briefe und Pakete
Er war seit Mitte September 2016 Mitarbeiter eines Unter-Subunternehmens der Deutschen Post und für die Leerung von Briefkästen und den Transport von Briefen und Paketen im Raum Hattingen zuständig. „Ein polizeiliches Führungszeugnis hat nie einer von mir verlangt“, sagte der Angeklagte vor dem Schöffengericht aus. Hätte er dieses vorlegen müssen, wären seine 12 Vorstrafen sicherlich aufgefallen.

Nach den Zeugenaussagen der verantwortlichen Postmitarbeiter und der Geschäftsführer der Subunternehmen scheinen Theorie und Praxis bei der „Überprüfung der Mitarbeitereignung“ auf Integrität sehr weit auseinander gelegen zu haben.

Erst nach Bekanntwerden der verschwundenen Brief- und Pakete in Hattingen sollen Anfang 2017 die Vorschriften verschärft und die Vorlage polizeilicher Führungszeugnisse zwingend auch bei Unter-Subunternehmen vor der Beschäftigung der Mitarbeiter vorgeschrieben worden sein.

Der frühere Chef des Angeklagten hat inzwischen die Transporttätigkeit für die Deutsche Post aufgegeben. „Es lässt sich nicht rechnen“, sagte er und ergänzte, „man zahlt 8,84 Euro pro Stunde und das ist in Hattingen für meine Mitarbeiter eine Schweinetour, so viele Pakete müssen täglich transportiert werden“.

Geständnis bei Strafzumessung berücksichtigt
Am Ende der Beweisaufnahme plädierte Staatsanwalt Philip Vroomen unter Berücksichtigung des umfassenden Geständnisses des Angeklagten für die 34 eingeräumten Taten auf eine Gesamt-Freiheitsstrafe von 3 Jahren.

Strafverteidiger Fleig bat das Schöffengericht in seinem Plädoyer, bei der Strafzumessung die schicksalsgetragenen Umstände seines nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehenden Mandanten zu berücksichtigen.

Richter Johannes Kimmeskamp verkündete dann das Urteil des Schöffengerichtes. Für die 34 Taten muss der Angeklagte drei Jahre in`s Gefängnis. Dort sitzt er bereits seit Ende Januar 2018 ein. Zu den drei Jahren Strafhaft kommen aufgrund des Widerrufes noch offener Bewährungsstrafen auch noch weitere 10 Monate Freiheitsentzug auf den Angeklagten zu. Er muss also noch lange Zeit im Gefängnis bleiben.

Verärgerung und Enttäuschung über verschwundene Weihnachtspost
In seiner Urteilsbegründung erwähnte Richter Kimmeskamp auch das Empfinden zahlreicher Hattinger, deren Briefsendungen in der Weihnachtszeit verloren gingen. Auch der Verlust zahlreicher Geschäftsbriefe mit wichtigen Unterlagen hätte vielen Hattingern erheblichen Rechercheaufwand beschert.

Bezifferte die Staatsanwaltschaft den Verlust mit 9.500 Euro, musste die Deutsche Post ihren betroffenen Paketkunden über 26.000 Euro erstatten. Das Urteil erlangte noch im Gerichtssaal Rechtskraft.

Der Angeklagte wird aus der JVA vorgeführt.
Der Angeklagte (li.) mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Fleig.
Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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