Haftstrafen für die Angeklagten

Drei Angeklagte vor dem Schöffengericht: Für einen von ihnen war der Prozess bereits nach wenigen Minuten vorbei. Er war wenige Tage nach dieser Tat an Weiberfastnacht diesen Jahres wegen einer anderen Straftat bereits zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden; sein Verfahren hier wurde daraufhin eingestellt, zumal er sich nur verbale Entgleisungen hatte zuschulden kommen lassen.

Für die beiden anderen Angeklagten sieht dies anders aus. Der Hauptangeklagte zeigte sich geständig: Er gab zu, an Weiberfastnacht mitten in der Nacht in völlig alkoholisiertem Zustand eine junge Frau „angemacht“ zu haben, die in Begleitung ihres Freundes unterwegs war.
Zunächst blieb es bei verbalen Attacken, doch als die Frau ihm Widerworte gab, drehte er sich zu ihr um und schlug sie. Die Frau stolperte und ging zu Boden. Später wurde unter anderem eine Gehirnerschütterung diagnostiziert.
Ihr Freund, der dazwischen ging, wurde in die Prügelei genauso miteinbezogen wie bisher unbeteiligte Passanten, die helfen wollten. Darunter waren auch ein Polizist in Zivil und ein Mann, der im Prozess als Nebenkläger auftrat. Er hatte einen Bruch der Schulter zu verzeichnen und war fast ein halbes Jahr arbeitsunfähig. Auch sonst gab es weitere, zum Teil schwere Verletzungen.
Alle Beteiligten erkannten den Hauptangeklagten wieder, der bereits eine Gefängnisstrafe aus einem anderen Verfahren verbüßt.
Nicht eindeutig sind allerdings die Hinweise auf die zweite beteiligte Person. Die soll dunkelhaarig gewesen sein, jung und ein südliches Aussehen gehabt haben. Auf den mitangeklagten jungen Mann passt zwar diese vage Beschreibung, doch will dieser zum Tatzeitpunkt gar nicht in der Altstadt, sondern zuhause gewesen sein. Seine Mutter könne dies bezeugen.
Nur ein Zeuge, der Freund des weiblichen Opfers, will in dem Angeklagten eindeutig den Täter erkannt haben. Ihm wurden bei der Polizei Fotos vorgelegt und er identifizierte den Mann, einen Kumpel des Hauptangeklagten.
Allerdings erklärte sein Verteidiger, dass von acht vorgelegten Fotos einige Personen darauf hellhäutige, nordische Typen gewesen seien und stellt hinter dieser Wiedererkennung ein Fragezeichen. Jetzt soll die Mutter als Entlastungszeugin gehört werden. Dafür ist ein Dolmetscher für die serbische Sprache nötig.

Dann die Fortsetzung der Hauptverhandlung: Die Mutter bestätigte die Version des Sohnes, zur Tatzeit zuhause gewesen zu sein. Staatsanwalt und Schöffengericht schenkten der Aussage keinen Glauben.
Die zwei Angeklagten sollen Weiberfastnacht zunächst verbal eine junge Frau und ihren Freund angepöbelt haben. Danach kam es zu einer Schlägerei, an der mehrere Personen beteiligt waren und die für einige mit schweren Verletzungen endete.
Einer der beiden Angeklagten, der bereits eine Haftstrafe verbüßt und über ein beachtliches Vorstrafenregister verfügt, gestand die Tat und wurde zu einer weiteren Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Polizei holte ihn gleich im Gerichtssaal ab, denn er war nach der letzten Hauptverhandlung nicht mehr ins Gefängnis zurückgekehrt und wurde nun per Haftbefehl gesucht. Trotzdem marschierte er zur Fortsetzung der Verhandlung in das Gerichtsgebäude, sehr zur Verwunderung des Vorsitzenden Richters.
Sein mitangeklagter Kumpel bestritt die Tat und blieb bei der Aussage, zum Tatzeitpunkt zuhause gewesen zu sein. Die Mutter bestätigte dies und erklärte, nur sie und der Ex-Mann besäßen einen Haustürschlüssel. Die Tür sei verschlossen gewesen und ihre (erwachsenen) Kinder schliefen bei geöffneter Zimmertür, so dass sie es bemerken würde, falls die Kinder das Haus verließen.
Ein Zeuge hatte den mit­angeklagten Kumpel zweifelsfrei identifiziert mittels vorgelegter Lichtbilder bei der Polizei. Der Verteidiger des Angeklagten sah zwar in der Auswahl der Lichtbilder (es gab etliche Fotos mit nordischen Gesichtstypen) eine Missachtung der Richtlinien, konnte aber eine Haftstrafe von einem Jahr, sechs Monaten für seinen Mandanten zunächst nicht verhindern.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

11 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.