Geschäftsmann um 100.000 Euro erpresst
Das war schon großes Kino im Amtsgericht Hattingen: Das vermeintliche Opfer erschien mit zwei Leibwächtern, Chauffeur, einem Rechtsanwalt als Zeugenbeistand und einem weiteren Anwalt als Zeuge. Der Angeklagte (39) soll ihn in seinem eigenen Haus bedroht und erpresst haben, weil er den Geschäftsmann für seine verbüßte Untersuchungshaft verantwortlich macht. Dafür wollte er 100.000 Euro kassieren.
Angeklagter und Opfer sind in der Welt der selbständigen Handelsvertreter zuhause. Das Opfer führt derzeit in Hattingen ein lukratives Unternehmen, in der es um die Verbreitung von Weltliteratur und Bildern berühmter Maler geht. Die Werke werden in Handarbeit und kleiner Auflage neu gestaltet und für Liebhaber zum Kauf angeboten. Der Angeklagte will sich gerade eine neue Idee aufbauen. So recht herausrücken mit der Sprache will er da nicht.
In jedem Fall läuft derzeit gegen den Angeklagten eine Berufung im Hinblick auf ein Urteil des Hagener Amtsgerichtes. Hier war er zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Betrug verurteilt worden. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Verbüßt hat er hingegen Strafen zu Verurteilungen wegen Körperverletzung, Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung und schwerem Raub. Vor dem Hattinger Amtsgericht geht es um die Erpressung des Geschäftsmannes, weil er in ihm den Verursacher für seine Untersuchungshaft sieht.
Der Angeklagte bestreitet dies. Ja, es habe das Treffen im Haus des Geschäftsmannes gegeben. Man habe im Büro im Konferenzraum gesessen. Und es habe auch eine finanzielle Forderung an ihn gegeben. Dies sei als Ablösesumme für einen abgesprungenen Kunden zu verstehen.
Das schildert der aufgebrachte Geschäftsmann völlig anders. 16 Kameras sollen Grund und Boden überwachen, zweimal sei bei ihm eingebrochen worden – so schildert er es dem Gericht. Er habe mit der Untersuchungshaft des Angeklagten überhaupt nichts zu tun gehabt und habe ihm dies auch erklären wollen. Doch der Angeklagte habe gar nicht zugehört und ihn nur weiter verantwortlich gemacht. Aus Angst habe er zuvor eine Videokamera im Besprechungsraum installieren lassen sowie zwei Zeugen im Nebenraum platziert. Einer davon sei sein Bruder, ein Polizist. Die Videokamera zeichnete allerdings nur den Beginn des Treffens auf und die beiden Zeugen konnten nur die lauteren Gesprächsfetzen hören. Das Opfer berichtet, er habe dann sofort ein Gesprächsprotokoll angefertigt, habe Kontakt zu seinem Anwalt und der Polizei aufgenommen, habe sich um Personenschutz gekümmert. Der Angeklagte habe ihn nicht nur erpresst, sondern ihn auch bedroht. Wenn er nicht zahle, werde er im Rollstuhl enden.
Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen sieht in den mitgehörten Gesprächsfetzen Anhaltspunkte für die versuchte räuberische Erpressung und interpretiert die Zeugenaussagen als glaubhaft. Er verlangt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Die Verteidigung sieht hingegen vernünftige Zweifel an der Version des Opfers und fordert Freispruch für den Angeklagten. Das Schöffengericht folgt dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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