Geldstrafe statt Haft für gestohlenes Leergut – Verteidiger Dr. Hanisch überzeugte das Gericht

„Hallo Papa“ sagte das im Gerichtssaal anwesende Kleinkind zum Angeklagten, als dieser aus der JVA Gelsenkirchen über die Arrestzelle des Amtsgerichtes in den
Gerichtssaal geführt wurde.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beschuldigte den 27 Jahre alten Hattinger, im November 2015 aus einer unverschlossenen Gartenlaube in Blankenstein mit einem Bekannten Leergut gestohlen und dieses eingelöst zu haben. Der Erlös für den Angeklagten betrug damals 12,40 €. Der Bekannte des Angeklagten hatte bereits zeitlich vorher alleine aus dieser Gartenlaube Leergut entwendet und zu nächtlicher Stunde an einer Tankstelle „zu Geld gemacht“.

Ich war zur Tatzeit "auf der Flucht", hatte kein Geld und konnte die 12,40 € gut gebrauchen, so der geständige Hattinger zu Richter Johannes Kimmeskamp. Hatte der Angeklagte lange Zeit ein Alkoholproblem, will er inzwischen im Gefängnis vom Alkohol abgekommen sein. Er will sich außerdem „neue Bekannte“ gesucht haben um nicht mehr straffällig zu werden. Seine neue Lebensgefährtin mit ihrem Kind soll auch mit dazu beitragen.

Belastend wirken sich die 13 Vorstrafen für den Angeklagten aus, in deren Folge er bereits früher 15 Monate im Gefängnis gesessen hat und er aktuell noch bis April 2018 inhaftiert bleibt.

Unter Würdigung aller Fakten und Vorstrafen beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft für den Diebstahl des Leergutes eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten ohne Bewährung und plädierte, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzugeben.

Das sah Verteidiger Dr. Gregor Hanisch völlig anders. Er wies daraufhin, dass sein Mandant aus Armut gestohlen habe und führte aus, dass auch das vom Gesetzgeber gewollte Resozialisierungsprinzip bei einer in diesem Fall verhängten Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung des Schadens von 12,40 € ad absurdum geführt würde.

Dem schloss sich das Gericht an und verurteilte den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 900 Euro.

Richter Kimmeskamp ermöglichte dann dem Angeklagten, sich im Gerichtssaal noch von seiner Lebensgefährtin und ihrem Kind zu verabschieden, bevor der Hattinger wieder in die Arrestzelle geführt wurde. Somit kam es heute im Gerichtssaal unter strenger Beobachtung der Justizwachtmeister auch zu Abschiedsküssen, Tränen in den Augen und zu Umarmungen.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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