Ganz allein am Nordkap: Hattinger Manfred Gramatke schenkt sich selbst eine Motorradtour zu seinem runden Geburtstag

Auf dem ersten Campingplatz in Schweden ließ es sich Manfred Gramatke gut gehen. "Schuld" daran waren viele deutsche Dauercamper dort, denn der Platz war fest in deutscher Hand.  Foto: privat
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  • Auf dem ersten Campingplatz in Schweden ließ es sich Manfred Gramatke gut gehen. "Schuld" daran waren viele deutsche Dauercamper dort, denn der Platz war fest in deutscher Hand. Foto: privat
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Socken und Krawatte, Parfüm und Gutschein: Wenn Sie Geschenken dieser Art überdrüssig sind, dann machen Sie es doch wie Manfred Gramatke. Schenken Sie sich selbst etwas zum Geburtstag!

Zu seinem 65. dieser Tage hat er sich einen lange gehegten Traum verwirklicht und sich selbst eine Motorrad-Tour zum Nordkap geschenkt. Ganz allein mit seiner treuen BMW K1100 LT SE, die immerhin auch schon 22 Jährchen auf dem Buckel hat, bewältigte er die gut 7.500 Kilometer lange Tour.
Angst vor der Einsamkeit auch in möglichen Notfällen hatte Manfred Gramatke nicht. „Wer alleine unterwegs ist, braucht niemanden zu fragen, ob man noch am Ort bleiben soll oder doch besser weiterfährt. So konnte ich das immer selbst nach Lust und Laune entscheiden“, gibt er sich ganz pragmatisch. Nicht mal ein Handy hatte er dabei.
Was manchen jetzt vielleicht angesichts der einsamen Streckenabschnitte unterwegs leichtsinnig vorkommt, ist es nicht wirklich. Nicht zum ersten Mal nämlich ist der Hattinger auf Touren unterwegs, von denen „normale“ Menschen möglicherweise heimlich träumen, aber selbst nie in die Tat umsetzen. Die Benelux-Länder hat er bereist, Frankreich und England ebenfalls, ehe die ganz großen Ziele anstanden: Kanada, die USA, Neuseeland und Australien.
Und jetzt Richtung Nordkap – Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen inklusive. „Ich lieben den Norden. Wenn ich Salzgeschmack auf den Lippen habe, dann fühle ich mich zu Hause“, sagt er.
Zwei Jahre lang hat er die Reise genau geplant und ausgearbeitet, ein paar Verbesserungen als handwerklich geschickter Zeitgenosse an seiner BMW vorgenommen. Am sinnvollsten sollte sich sein zusätzlicher Reservekanister erweisen. Gleich zweimal musste er unterwegs in der Einöde daraus nachtanken, weil er sich ein wenig verschätzt hatte. „Einmal waren es nur vier Kilometer vor der nächsten Tanke, als mir der Sprit ausging“, kann Manfred Gramatke in Hattingen darüber lachen.

Ein erster Höhepunkt: die Öresund-Brücke

Ziemlich am Anfang seiner Tour kam als einer der Höhepunkte die Öresund-Brücke. Sie verbindet seit Sommer 2000 Dänemark mit Schweden. Manfred Gramatke: „Ich hatte mich sehr darauf gefreut und dieses Wunderwerk der Technik hat mich auch nicht enttäuscht. Dabei war es echt ein eigenartiges Gefühl darüber zu fahren und man hatte links und rechts nichts als Wasser. Sehr imposant.“
Unterwegs hat der 65jährige immer nur im Zelt geschlafen. Auf dem ersten Campingplatz in Schweden erlebte er gleich eine faustdicke Überraschung: „Der Platz war fest in deutscher Hand, darunter auch viele Dauercamper. Aber alle waren sehr freundlich, zeigten mir gleich den besten Platz für mein Zelt und drückten mir auch einen heißen Kaffee in die Hand. Dabei dachte ich zunächst, wo bist Du denn hier gelandet und bist Du überhaupt richtig. Ich fahre nämlich ohne Navi und nur nach Karte. Mir kam es nur so eigenartig vor, weil ich das Gefühl hatte, beinahe endlos durch Wald zu fahren. Aber plötzlich öffnete sich der Blick und wurde auf den idyllischen Campingplatz mit seinem See dahinter gelenkt. Da bin ich gleich quasi vom Motorrad aus erst einmal ins Wasser gehüpft und erst danach zum Duschen. Das war einfach klasse da. Deshalb bin ich gleich drei Tage geblieben.“
Von Nordschweden aus ist er dann nach Finnland gefahren und von dort Richtung Nordkap. Gewundert hat er sich ein wenig, warum die dorthin führende „normale“ Straße großspurig „Europastraße“ heißt, aber sie brachte ihn sicher an sein Ziel und das war schließlich die Hauptsache.
Und dann war er endlich da, am rund 2100 Kilometer vom Nordpol entfernten und 514 Kilometer nördlich des Polarkreises gelegenen Punkt, dem Nordkap, das entgegen vieler anderer Meinungen nicht die nördlichste Stelle Europas ist und zudem auf einer Insel liegt. Laut Wikipedia ist das Nordkap aber der nördlichste Punkt Europas, der auf Straßen vom europäischen Festland erreicht werden kann.
„Hier hatte ich mein Aha-Erlebnis“, sagt Manfred Gramatke. „Das Wetter war zwar nicht so toll, aber außer mir waren noch einige Touristen da. Und so wurden die Fotoapparate herumgereicht. Alle ließen sich vor der dortigen Plastik der Weltkugel fotografieren. Ich natürlich auch.“
Vergessen waren da die Strapazen der Anreise. Während der Hattinger nämlich alles in allem Glück mit dem Wetter hatte auf der gesamten Tour, verließ ihn im Polarkreis selbiges auf nahezu 100 Kilometer. „Da kam ich in einen solchen Regen, dass mir das Wasser in den Motorradstiefeln stand. Auch meine gesamte Kleidung war durch und durch nass. Was war ich froh, als ich endlich wieder einen sonnigen Abschnitt erreichte!“

Bis auf einmal immer im Zelt geschlafen

Auch auf den letzten 32 Kilometern hatte er „zu leiden“, wie er erzählt: „Zum Nordkap ging es in Serpentinen hoch. Ich hatte das Gefühl, dass es hinter jeder Kurve noch einmal kälter wurde. Weil ich in der warmen Sonne losgefahren war, hatte ich nur ein T-Shirt an. Klar hätte ich jederzeit anhalten und mir meine Kluft anziehen können. Aber ich war so heiß aufs Ankommen, dass ich mir gesagt habe, das schaffst Du noch. Immerhin erfüllte sich ja dort mein Geburtstagsgeschenk – sozusagen. Als ich endlich da war, habe ich mir erst einmal drei heiße Kaffee gegönnt. Da waren auch die 25 Euro Eintritt pro Person egal. Weil mir aber überhaupt nicht mehr warm werden wollte, habe ich mir zum ersten einzigen Mal auf meiner Tour hier eine kleine Hütte geleistet – selbstverständlich mit Heizung!“
Dann ging es über Finnland wieder allmählich und gemächlich zurück in Richtung Heimat. „Während ich auf der Hinstrecke die kürzeste Entfernung genommen habe, habe ich mir für den Rückweg Zeit gelassen. Daher habe ich dabei rund 4.000 Kilometer benötigt.“
Den See Enare kennen die meisten von uns sicher nur aus dem Kreuzworträtsel, Manfred Gramatke aber war da an diesem größten Gewässer Finnlands – wenn auch nur im Dauerregen. Daher blieb er hier weniger lang als geplant, nahm wieder die Öresundbrücke und letztlich die Fähre nach Puttgarden auf Fehmarn. Hier gönnte er sich das zweite Bier seiner Reise, das erste hatte er in Schweden von den dort campierenden Deutschen spendiert bekommen.
Rückblickend ist Manfred Gramatke immer noch begeistert von seiner Solo-Tour, auf der an seiner BMW lediglich in Finnland die Birne fürs Abblendlicht kaputt ging – eine Sache von ein paar Minuten, bis es repariert war, sagt er.
Am meisten gefreut hatte sich der Hattinger auf sein gemütliches Bett in seiner Wohnung in der Hattinger Südstadt. Klar ist für ihn, dass er auch weiterhin mit seinem Motorrad die Welt erkunden möchte. Allerdings: „Nicht mehr im Zelt. Alles hat seine Zeit und ich jetzt das Alter. Da muss ich das nicht mehr haben.“
Kaum zu Hause hat Manfred Gramatke schon wieder einen Traum: „Wenn ich mal im Lotto gewinnen sollte, würde ich mein Motorrad nach Kanada bringen lassen, von dort bis Alaska fahren, dann zum berühmten Rodeo ins kanadische Calgary und schließlich zu einem der größten und berühmtesten Harley-Davidson-Treffen in Sturgis in Süd-Dakota. Auch mit 65 Jahren ist träumen doch wohl erlaubt, oder?“

Auf dem ersten Campingplatz in Schweden ließ es sich Manfred Gramatke gut gehen. "Schuld" daran waren viele deutsche Dauercamper dort, denn der Platz war fest in deutscher Hand.  Foto: privat
Endlich! Manfred Gramatke am Ziel seiner Träume und Wünsche, am Nordkap. Foto: privat
Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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