Franziska Ranft: Viel Arbeit und viele Reisen in Kanada
(von Franziska Ranft)
Franziska Ranft aus Hattingen nutzt die Zeit nach ihrem Abitur, um für vier Monate in Toronto (Kanada) in einem Frauenhaus zu helfen und den anderen Kontinent zu bereisen. Im STADTSPIEGEL berichtet die 18-Jährige von ihren Erlebnissen.
Mein Leben in Toronto hat sich in der letzten Zeit nochmal sehr verändert, denn alles ist ziemlich teuer hier: Zum Beispiel Lebensmittel, die Bahnfahrkarten und auch Handyverträge. Daher habe ich mich dazu entschlossen, hier ein bisschen Geld zu verdienen.
Ausgestattet mit meinen Bewerbungsunterlagen bin ich also von Laden zu Laden geschlendert und habe nach Jobs gefragt. Nach einigen Vorstellungsgesprächen war ich erfolgreich und arbeite nun circa 20 Stunden die Woche in dem Modegeschäft „Hollister“.
Doch nicht nur das hat sich verändert, auch das Wetter ist umgeschlagen: In Kanada ist inzwischen der Winter eingebrochen. Die Kanadier nennen es zwar Herbst, aber Temperaturen um den Gefrierpunkt fühlen sich für mich doch eher winterlich an. Ich habe mir sagen lassen, dass es im Januar teilweise sogar bis zu minus 40 Grad Celsius werden. Die Straßen seien zu dieser Jahreszeit wohl leer, weil es schlicht und ergreifend zu kalt ist, um raus zu gehen. Das ist für mich kaum vorstellbar, weil die Stadt normalerweise so lebendig, bunt und multikulturell ist.
Auch bei meiner Arbeit im Frauenhaus erlebe ich das Multikulturrelle. Einige Familien sind dunkelhäutig. Vor allem deren Kinder haben viel Spaß daran, meine blonden Haare anzufassen und mir verrückte Frisuren zu machen.
Aber ich musste auch mit Erschrecken feststellen, dass selbst die Frauen begeistert von meinen Haaren und meiner weißen Haut sind. „Ich wäre gerne so wie du”, ist ein Satz, den ich bereits oft gehört habe. Eine Mitarbeiterin hat mir erklärt, dass dunkelhäutigen Menschen auf vielen Wegen vermittelt wird, dass ihre Hautfarbe nicht schön sei. Daher komme dieses Schönheitsideal zustande, das das Selbstvertrauen vieler dunkelhäutiger Frauen schwächt.
Aber genau daran arbeiten wir: Das Selbstvertrauen der Frauen und Kinder wieder aufzubauen. Und immer wenn es klappt - auch wenn es nur ein kleines Lächeln im Gesicht eines Kindes ist - gibt mir das ein wahnsinnig gutes Gefühl, eins, das ich so vorher noch nicht kannte.
Neben meinen inzwischen zwei Jobs bleibt mir auch noch ein bisschen Zeit zum Reisen.
Mein erster Trip ging nach French Canada, also in die Hauptstadt Ottawa, nach Montreal und nach Quebec City. Anfangs war es ein wenig verwunderlich, dass tatsächlich alle Menschen französisch gesprochen haben. Ich habe mehrfach versucht, Dinge auf Französisch zu bestellen, es kam als Antwort jedoch immer die ernüchternde Frage, ob ich nicht lieber auf Englisch sprechen möchte.
Am besten hat mir Quebec City gefallen. Die Stadt hat etwas von einer gemütlichen französischen Kleinstadt, in der man sich einfach nur wohlfühlen kann.
Ein besonderes Erlebnis hatte ich jedoch in Ottawa: Wie viele Touristen besuchte auch ich das Parlamentsgebäude sowie das Kriegsdenkmal. Ich habe mich nett mit einigen Soldaten unterhalten, die mir erzählt haben, dass noch nie etwas Schlimmes passiert sei, während sie das Denkmal bewachten. Schockiert erfuhr ich allerdings drei Tage später, dass ein Soldat an genau diesem Denkmal erschossen wurde, was mir als auch dem ganzen Land den Atem stocken ließ.
Es ging auch für einige Tage nach New York City. Die Stadt ist riesengroß, dagegen ist Toronto schon fast eine Kleinstadt. Die Straßen sind wesentlich voller und der kleine Dundas Square in Toronto ist ein Witz im Vergleich zum Times Square. Ich war beeindruckt und ich musste mir ständig vor Augen halten, dass ich wirklich in der Metropole New York bin.
Mein Lieblingsort war der Central Park. Hier hat man die Stadt mit den großen Wolkenkratzern hinter sich und ist dennoch mitten in der Natur und kann die Straßenkünstler beobachten.
Auch wenn ich das Reisen sehr genossen habe, in Toronto gefällt es mir immer noch am besten, weil ich dort viele gute Freunde gefunden habe. Dennoch freue ich mich auch wieder auf zu Hause, deshalb wird der Abschied ähnlich wie damals: Ich werde wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge gehen.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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