Förderschüler St. Georg lernen Bewerbung
„Unsere Schüler haben die besten Chancen auf einen Ausbildungsplatz, wenn der zukünftige Arbeitgeber sie vorher im Rahmen eines Praktikums kennenlernen konnte. Müssen sich die Schüler nur auf schriftliche Bewerbungen verlassen, dann stehen ihre Chancen im Wettbewerb mit anderen oft nicht gut“, so Karsten Nöller, stellvertretender Schulleiter der Förderschule St. Georg.
Das liegt im wesentlichen daran, dass die Schüler in der praktischen Arbeit viel besser sind als in theoretischen Kenntnissen. Und weil das so ist, gibt es verschiedene Praktika an der Schule mit dem klaren Ziel, durch persönliche Kontakte die Schüler in Ausbildung zu bringen.
Eine zusätzliche Möglichkeit hat Schulsozialarbeiterin Bianca Kaufmann geschaffen, die aktuell in die Bezirkssozialarbeit versetzt wurde. Sie hat die Kontakte zu Wirtschaftjunioren au Bochum geknüpft, von denen zwei in die Schule kamen, um mit den Schülern der zehnten Klasse Bewerbungsgespräche zu trainieren.
Die Wirtschaftsjunioren sind en Netzwerk aus jungen Unternehmen und Führungskräften. Nachdem die Schüler im Unterricht Filme zu einzelnen Berufen gesehen haben, eine Steckbrief schrieben und Kriterien für ihr eigenes Verhalten und Aussehen festgelegt hatten, führten sie mit den Wirtschaftsjunioren ein Bewerbungsgespräch. Dieses wurde gefilmt und analysiert.
Mit dabei waren auch Regina (17) und Stana (16). Beide hatten bei dem Gespräch ihre Zeugnisse vergessen, machten aber optisch einen guten Eindruck.
Regina möchte gern eine Ausbildung als Beiköchin absolvieren und liebt es, zuhause ihre Familie zu bekochen. Sehr gerne kocht sie russisch. Stana würde gern im Einzelhandel als Verkäuferin arbeiten und hat auf jeden Fall gelernt, von „Mode“ und nicht von „Klamotten“ zu sprechen. Erfahrungen in den Wunschberufen haben beide Mädchen – die eine in der Küche des IG Metall Bildungszentrums Sprockhövel, die andere aus einem Modegeschäft in Essen, in denen sie mehrwöchige Praktika absolvierten.
Für beide Mädchen war das Bewerbungsgespräch eine ungewöhnliche, aber lehrreiche Situation. „Ich hatte etwas Angst und kannte den Personalchef nicht, der das Gespräch führte. Da reagiert man doch anders“, erzählt Stana. Karsten Nöller erzählt, einige Schüler seien zu dem Termin gar nicht gekommen und vermutet auch Angst dahinter.
Oberstes Ziel der Schüler ist jetzt erstmal der Schulabschluss. Entweder werden sie die Schule im Sommer mit dem Förderschulabschluss verlassen oder sogar den Hauptschulabschluss nach der neunten Klasse in der Tasche haben. Einen höheren Abschluss kann die Schule nicht vergeben.
Dann hoffen beide Mädchen, dass ihre Bewerbungen Erfolg haben und sie in ihren Traumberufen eine Ausbildung machen können. Das Ende der Schulzeit bereitet aber auch Sorgen. „Ich weiß manchmal nicht, ob wir wirklich schon so weit sind“, sagen beide und wissen doch, dass sie im Sommer in ein ganz anderes Leben starten werden.
Für die Schule war diese erste Erfahrung mit den Wirtschaftsjunioren so wichtig, dass sie das Projekt weiter anbieten wird – am neuen Standort Lessingstraße!
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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