Familie Lorrek: Nachbarschaftsfeier für den guten Zweck
(von Alex Winkelnkemper)
Glühwein, Live-Musik, ein Pferd, ein Nikolaus und ausgelassene Stimmung unter den Gästen: Ein kleiner privater Weihnachtsmarkt in Niederwenigern findet Jahr für Jahr für einen guten Zweck statt. Dieses Jahr ging der Erlös nach Ruanda.
Zum zehnten Mal veranstaltete Familie Lorrek nun schon den kleinen Umtrunk. Alles begann mit einer Lotterie in der Praxis Dr. Lorreks. Ingeborg Lorrek verkaufte Lose an die Patienten und veranstaltete eine kleine Tombola zum guten Zweck.
„Irgendwann war dann da die Luft raus“, erzählt sie. Die Idee für den mittlerweile traditionsbehafteten Weihnachtsmarkt in der Siedlung kam durch Zufall auf: „Unser Sohn kam mit Freunden aus dem Fußballverein zum Glühwein trinken vorbei. Kurz darauf standen wir allesamt vor unserem Haus und hatten einen Riesenspaß. Da stand fest: Das wiederholen wir!“ Nach und nach wurde der Rahmen größer. Bis zu 350 Gäste fanden sich ein – allerdings in einem erheblich milderen Winter als jetzt.
„Die Kälte dieses Jahr zog den Leuten einfach die Beine hinauf, da mussten selbst die hart gesottenen vergleichsweise früh aufgeben“, erzählt Sohn Christian. An Aufhören ist freilich nicht zu denken. „Wir wollen selbstverständlich weitermachen!“, betont Ingeborg Lorrek. „Aber selbst, wenn wir nicht wollten, könnten wir gar nicht anders. Die Gäste freuen sich schon aufs nächste Jahr und kündigen sich an.“
Für die meisten ist die Vorweihnachtszeit ohne das Treffen bei Lorreks undenkbar. Zumal die Veranstaltung immer professioneller wird und mit viel Arbeit verbunden ist. „Acht Stunden Kekse backen, weitere acht Stunden lang Bratkartoffeln braten. Die Männer verbringen fünf Stunden mit aufbauen, weitere drei mit abbauen.“, erzählt Ingeborg Lorrek.
Dazu kommen unzählbare Stunden der Planung. Dabei helfen schon zahlreiche Hände mit. Die evangelische Friedenskirche aus Steele sponsert Zelte und Technik, andere organisieren ein Dixi-Klo. „Das mussten sie dieses Jahr mit der Sackkarre hier rauf schaffen“, schmunzelt Christian Lorrek.
Ein Pilgerziel während der Veranstaltung ist Jahr für Jahr der Weihnachtsbaum der Lorreks: Typisch amerikanisch blinkt und leuchtet der Baum, dazwischen wackeln elektrische Weihnachtsmänner und kleine Bahnen auf den Zweigen. Die Deko stammt aus den USA. „In North Pole, Alaska, ist praktisch immer Weihnachten. Da sehen die Straßenlaternen aus wie Zuckerstangen und jeden Tag können die Kinder dort den Nikolaus besuchen“, erzählt Christian Lorrek.
Aber wozu der ganze Aufwand, täten es einfache Spendenaufrufe im Bekanntenkreis nicht auch? „Es macht einfach jedem, der kommt, großen Spaß. Die Leute sind begeistert!“, so Ingeborg Lorrek. Hinzu kommt: „Irgendwie möchte man ja auch selbst was tun. Einfach zum Automaten gehen und Geld abheben ist nun wirklich keine besondere Leistung. Also muss man wenigstens einmal im Jahr wirklich Arbeit da rein stecken!“, betont sie.
Dabei tut die Familie ohnehin schon viel selbst. Sie bereisen die Welt – vor allem den ärmeren Teil – und bringen die Spenden persönlich unter. Die Eindrücke, die sie dabei gewinnen, sind überwältigend.
Christian Lorrek zeigt ein Foto von einer Familie. Das Bild ähnelt Abbildungen von der Weihnachtsgeschichte: Eine mehr als einfache Lehmhütte, ein Esel, davor die Familie. Es sprudelt förmlich aus ihr heraus, als Ingeborg Lorrek erzählt. Sie berichtet von einer Reise nach Kambodscha. Der Tuk-Tuk-Fahrer brachte die Familie auf deren Bitte in die Armenviertel der Stadt.
Kaum hielt der Fahrer an und hupte, kamen Kinder angerannt. Neben der Hilfe für die Familie bekamen sie Bonbons. „Die Kinder wussten erst einmal gar nichts damit anzufangen“, zeigt sie sich berührt Die Micky-Maus-Motive auf der Verpackung hielten sie für Bilder. „Die waren total dankbar und fasziniert.“
Zum Abendessen luden sie den Fahrer zum Essen am Hotelbuffet ein. „Der war ja selber arm, wir haben ihm alles gezeigt.“ Als er seine Schüchternheit abgelegt hatte, entdeckte er sein Faible für Meeresfrüchte. „Er war total gerührt. Und nach zwei Stunden sagt er plötzlich, dass seine Kinder noch nie Pizza gegessen haben.“ Dann gab es die eben noch oben drauf. „Für uns Touristen sind das doch Minimalbeträge! Wenn ich abends drei Bier in der Bar trinke kann ich doch wirklich überlegen, ob ich nicht auch noch drei weitere Euro habe, um irgendwem dort konkret zu helfen. Zumal das Leben für uns dort nun wirklich günstig ist!“, meint Ingeborg Lorrek.
Und hofft auf Nachahmer. „Klar stehen wir mit der Hilfe auch in der Kritik. Häufig aber können wir andere in der Reisegruppe zum Mitmachen bewegen, die Meisten tun das sogar freiwillig.“ Einige von ihnen wären ohne den Anstoß der Familie Lorrek schlicht nicht auf die Idee gekommen, konkret zu helfen und waren sofort Feuer und Flamme, engagieren sich seitdem regelmäßig. Und Not gibt es genug.
Für verschiedenste Projekte wurde Jahr für Jahr gespendet – jedes Mal um die 1.000 Euro netto. Ingeborg Lorrek: „Wir legen da natürlich selbst noch etwas drauf, schließlich müssen die Bands, das Pferd, der Nikolaus, der Glühwein und so weiter bezahlt werden. Und auch die Stadtwerke freuen sich jedes Jahr.“
Beim letzten Mal ging der Erlös an die Hattinger Buschklinik in Gambia, dieses Jahr bekommt ihn ein privates Hilfsprojekt für Kinder in Ruanda. „Nur da ist man sicher, dass das Geld auch wirklich ankommt“, meint die Familie.
Großen Hilfsorganisationen gegenüber sind die Lorreks misstrauisch. Viel fließe dort zunächst in die Verwaltung. Sachspenden werden meist gar nicht akzeptiert. „Ein Chemie-Fabrikant wollte nach der Überschwemmung in Pakistan 600.000 Tabletten zur Trinkwasserdesinfektion spenden“, berichtet Christian Lorrek. „Keine Organisation nahm die Spende an. Den Gegenwert in Geld hätten sie genommen – um dann die Tabletten zu kaufen. Natürlich keine 600.000 mehr.“
Im nächsten Jahr geht es natürlich weiter – die Familie hofft auf noch regere Beteiligung.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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