Einbruchsserie mit einem Lockpicker als Hauptperson

Zwei Angeklagte, beide mit Vorstrafen, zwei Pflichtverteidiger, ein Schöffengericht und ein Staatsanwalt waren die Zutaten für eine Hauptverhandlung im Hattinger Amtsgericht. Unter Drogen hatten die Angeklagten Einbrüche verübt.

Das Wochenende August/September des vergangenen Jahres hatte es für die Angeklagten in sich: Abgefüllt mit verschiedenen Drogen brachen sie zuerst das Auto eines Schlüsseldienstes auf und stahlen mehrere Alukoffer. Dann fuhren sie mit einem geliehenen Fahrzeug nach Sprockhövel und brachen dort in die Verwaltungsnebenstelle der Stadt ein. In dem Gebäude ist die Polizei untergebracht, außerdem eine logopädische Praxis sowie eine Tanzschule. Diesen Einrichtungen statteten sie ungebetenen Besuch ab.
In der Polizeistelle entwendeten sie Schlüssel, unter anderem für das Freibad in Niedersprockhövel. Nach Angaben der geständigen Angeklagten wurden aufgefundene Schlüssel für die Waffenkammer nicht genutzt.
Dem Freibad statteten sie indes einen Besuch ab. Bei allen Einbrüchen stahlen sie Bargeld, Schlüssel und elektronische Wertsachen.
Sie fuhren nach Hattingen zurück, wo sie in einer Gartenlaube Unterschlupf fanden. Kurze Zeit später wurden sie von der Polizei verhaftet.
Seit dieser Zeit sitzt einer der beiden Angeklagten aufgrund seiner Vorbelastungen in Untersuchungshaft. Er schildert detailgetreu die Einbrüche jenes Wochenendes. Obwohl ihm aufgrund des Drogenkonsums später im Urteil eine verminderte Schuldfähigkeit zugebilligt wird, kann sich der Vater einer vierjährigen Tochter erstaunlich gut erinnern.
Er gibt auch den Besitz von Amphetaminen und Cannabis zu, die im April 2013 bei ihm bei einer Polizeikontrolle gefunden wurden. Auch der Versuch eines Einbruches in ein Wohnhaus wird zugegeben. Dieser scheitert an einem Hund, der den Dieb in die Flucht schlägt.
Abgestritten werden allerdings mehrere Kellereinbrüche in einem Mehrfamilienhaus. Hier wurden verschiedene Dinge gestohlen, unter anderem ein Trekking-Rad. Damit will der Angeklagte nichts zu tun haben.
Er bezeichnet sich selbst als „Lockpicker“. Hinter diesem eher ungewöhnlichen Hobby verbirgt sich die Technik, Schlösser ohne den passenden Schlüssel aufsperren zu können, ohne das Schloss zu beschädigen. Öfters würde er von Bekannten und Freunden angesprochen, die sich ausgesperrt hätten, und er käme dann, um ihnen zu helfen. Deshalb sei er in der Regel mit Rucksack und Werkzeug unterwegs. Das können mehrere Polizeibeamte in der Hauptverhandlung auch bestätigen, die den Angeklagten immer wieder nachts im Stadtgebiet antreffen. Nur, dass der Angeklagte wohl nicht nur Schlösser auf Anfrage öffnet...
Aufgrund seiner Vorbelastungen, unter anderem einer Bewährungsstrafe wegen Einbruchs auf die damalige Baustelle bei Kaufland, wird er zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Der Haftbefehl wird allerdings zunächst ausgesetzt, so dass der Angeklagte nicht mehr in die Untersuchungshaft zurückkehren muss und auf den Strafbehel warten kann, Der Grund dafür ist der Geburtstag der kleinen Tochter im Januar. Hier ließ sich das Gericht erweichen.
Allerdings war auf dem Gerichtsflur nach der Urteilsverkündung bereits die Skepsis zu vernehmen, dass der Angeklagte sich bis zum Antritt der Haftstrafe fehlerfrei verhalten würde.
Sein Kumpel, den er in der Drogenszene kennengelernt hatte, kam glimpflicher davon. Der gelernte Steinmetz kann nach der Winterpause auf eine geregelte Arbeit zurückgreifen, lebt bei seinen Eltern und bemüht sich sehr, sein Leben in den Griff zu bekommen. Er zeigt bei seinem Geständnis deutliche Reue und kann sich im einzelnen aufgrund des Drogenkonsums an die Taten nicht mehr erinnern. Auch sein Vorstrafenregister ist nicht so lang wie das des Kumpels.
Daher kommt er mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten davon. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Er muss 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Außerdem wird er sich in psychiatrische Behandlung begeben und eine Drogentherapie machen.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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