Bewährungsstrafe für sexuellen Missbrauch

Das kleine Mädchen war gerade einmal drei Jahre alt, als der Angeklagte in die Familie kam und ihr Papa wurde. Sieben Jahre später missbrauchte er seine kleine Stieftochter, die mit abgöttischer Liebe an ihm hing. Damit zerstörte er nicht nur die Seele des kleinen Mädchens, sondern auch seine Ehe. Für den Missbrauch musste er sich vor dem Schöffengericht verantworten.
Der Angeklagte hört von der Staatsanwältin, was ihm vorgeworfen wird: er soll zweimal seine zehnjährige Stieftochter missbraucht haben. In beiden Fällen kam es zu sexuellen Handlungen gegen den Willen des Kindes. Außerdem fand man auf seinem Mobiltelefon ein Foto von masturbierenden Kindern.
Dem zehnjährigen Opfer konnte durch das Geständnis des Angeklagten, für das die Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung ausgeschlossen wurde, um die Intimsphäre des Angeklagten zu schützen, die Aussage erspart bleiben.
Im Zeugenstand saß aber die Mutter des Mädchens, die mit dem Angeklagten noch ein gemeinsames Baby hat. Die Scheidung läuft zur Zeit und der Angeklagte darf das Baby nur unter Aufsicht des Jugendamtes sehen.
Als Zeugin schildert die Mutter die Qualen ihrer zehnjährigen Tochter, die den Papa abgöttisch liebte. „Heute ist sie in Therapie und malt tote Männer, Särge und Kreuze“, beschreibt sie die Gegenwart. Die Mutter selbst war es, die den Missbrauch aufdecken konnte. Sie hatte einen Verdacht und entdeckte, dass ihr Mann nachts öfter aus dem Kinderzimmer kam. Sie installierte eine versteckte Kamera und so gelang es ihr, entsprechende Übergriffe als Filmdokument festzuhalten. Der Angeklagte hatte aufgrund dieses Beweises keine Chance, die Taten zu leugnen.
Die Erklärungsversuche des Angeklagten, warum es zu den Missbrauchsfällen kam, bleiben den Ohren der Öffentlichkeit auf Antrag seines Verteidigers verborgen. Nur später spricht die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer von einer vom Angeklagten vorgetragenen „Überforderung in der Erziehung“. Allerdings, so die Staatsanwältin, rechtfertige dies in keinster Weise das Geschehen. Der Angeklagte hatte sich nach den Vorfällen in Therapie begeben und ist auch heute noch in therapeutischer Begleitung.
Die Staatsanwältin fordert für den bis zu diesen Vorfällen unbescholtenen Mann eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Der Verteidiger spricht vom Erschrecken seines Mandanten über sich selbst und dem doch „unteren Rand der Straftaten“ und plädiert auf eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.
Das Schöffengericht braucht lange für das Urteil. Vor allem die Frage nach einer Bewährung wird intensiv diskutiert.
Schließlich folgt das Schöffengericht aber dem Antrag der Staatsanwaltschaft und setzt die Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Außerdem muss der Angeklagte 2400 Euro an das Kinderpalliativzentrum in Datteln bezahlen in Raten zu je 100 Euro monatlich.
Für sein kleines Opfer ist die eigene, heile Welt zusammengebrochen und noch vermag heute niemand zu sagen, wie das Kind das Geschehene verarbeiten wird.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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