Besinnliches von Reinhold Sander: "Maskottchen"

Das neueste an Bennos Auto ist das Hufeisen vorne am Kühler – silberglitzerig und zusätzlich verziert mit einem vierblättrigen Kleeblatt. Sieht schick aus.
„Bist du jetzt abergläubisch geworden?“, frage ich. Er grinst: „Vielleicht ein bisschen ...“
Ich kenne Benno sonst als einen praktisch denkenden Menschen, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Und Aberglaube ist so ziemlich das Letzte, was ich bei einem Menschen mit klarem Verstand erwarte.
In der heutigen Zeit gibt es eine Menge Aberglauben. Dabei sind Hufeisen und Kleeblätter noch das geringste Übel. Bei denen merkt man wenigstens, dass es noch etwas mit Kinderspielerei zu tun hat. Wer glaubt schon ernsthaft an die magische Macht von Hufeisen?
Aber es gibt auch die Versuche, mit dem Schein von Seriosität die Macht des Schicksals mittels Pendeln, Tarotkarten, Steinen und Horoskopen zu steuern. Wobei das Schlimmere ist, dass die Leute das tatsächlich nicht als Kinderspiel, sondern als ernsthafte Lebenshilfe ansehen.
Benno sagt: „Sieh das doch nicht so verkniffen! Was machen denn die Frommen, wenn sie sich hinten einen Fisch ans Auto kleben oder eine Christopherus-Plakette ins Cockpit? Wo ist denn da der Unterschied? Das bedeutet doch nur, dass wir uns alle für unser Leben Glück wünschen und dabei genau wissen: Es kommt nicht aus dir selbst. Es muss letztlich doch von außen kommen.“
Ich glaube zwar nicht, dass das alle so sehen. Aber irgendwie ist es auch richtig: Du kannst dir das Glück deines Lebens nicht selber machen. Deshalb streckst du die Hände aus und hoffst auf Antwort „von außen“. Maskottchen und Amulette sind dafür Symbole – Symbole für Fragen und Bitten. Hoffentlich wissen die Leute auch die richtige Adresse dafür.
Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Psalm 121, 2.