Besinnliches von Martin Funda: "Scharfe Schafe"
Sind Schafe eigentlich Vegetarier? Oder gar bissig?
Die Frage interessiert mich als Pfarrer. Denn ‚Pastor’ ist lateinisch und heißt auf gut deutsch ‚Hirte’ – eine vielleicht etwas unglückliche Bezeichnung – wer will schon gern Schaf sein? Andererseits ist der T-Rex ausgestorben, Schafe gibt es immer noch.
Jesus hat gesagt: „Ich bin der gute Hirte!“, und die Schafe kennen die Stimme ihres Herrn. Später gab er Petrus den Auftrag: „Weide meine Schafe!“
Aber wie?
Seit ich Pfarrer in Sprockhövel bin, habe ich die Gelegenheit zur Feldforschung im wahrsten Sinne des Wortes: Gegenüber unserer Wohnung ist eine Wiese, die von Schafen bewohnt wird.
Im letzten Jahr waren dort zwei Unglücksraben zuhause. Eigentlich hatten sie eine große Weide für sich allein, einen kleinen Stall… ihre Freiheit. Endlich war die Wiese abgegrast und der Hunger groß. Aber sie ließen niemand an sich ran.
Der Besitzer meinte, jemand habe wohl versucht, sie zu fangen – wahrscheinlich, um sie zu schlachten – und seitdem waren sie vor allem auf der Flucht.
Das weckte meinen Ehrgeiz. Täglich lockte ich sie mit altem Brot, das ich nicht mehr kauen konnte, und redete ihnen gut zu. Endlich ließen sie sich von mir berühren. Ob es am harten Brot lag oder an meiner angenehmen Stimme – wer weiß?
Und ich grübelte, wer wohl der beste Hirte für sie sei.
Der Besitzer, der ihnen ein schönes Leben ohne Aufsicht schenkte, um sie schließlich, wenn sie Lämmer ausgetragen hätten, zu schlachten?
Jemand, der Appetit auf Lammfleisch hat und das sofort?
Oder jemand wie ich, der gern beim Griechen Lammfleisch isst, aber zu den lebenden Tieren nett ist und ihnen nichts tun will? Irgendwann verschwanden sie auf einem Hänger.
Die aktuellen Bewohner sind das krasse Gegenteil: richtige Ruhrgebietsschafe, die prollig in die Gegend krakeelen, sofort an den Zaun gestürmt kommen, wenn sie einen Bekannten sehen, und unverschämt um jeglichen Bissen betteln.
Neulich war ein Lamm in Nachbars Garten eingedrungen. Ich stieg in Sandalen über den Zaun, hob das Tier zurück, stellte mich als Retter zwischen die Schafe und… sie kamen immer näher, drängelten sich an mich, untersuchten mit ihren Lippen meine Hände – „Vielleicht gibt es ja doch etwas zu fressen“ – und dann … biss mir eines in den großen Zeh. Nur durch beherztes Entreißen meines Fußes entkam ich einer stumpfen Amputation.
Was lehrt uns das?
Vegetarier? Vielleicht hat das Schaf meinen Zeh für eine himmlische Möhre gehalten. Bissig? Dieses offensichtlich!
Jedes Schaf ist anders. Und das ist auch gut so.
Martin Funda,
Pfarrer der
Ev. Kirchengemeinde
Sprockhövel
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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