Aus dem Hattinger Amtsgericht
„Macht doch mit mir, was ihr wollt. Dann gehe ich eben in den Knast.“ Die Angeklagte, Mutter von drei Kindern im Alter zwischen fünf und zehn Jahren, ist völlig verzweifelt und bricht in Tränen aus.
Unschuldig im Hinblick auf die ihr vorgeworfene Tat ist sie aber auch nicht. Immer wieder ist sie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Immer wieder stahl sie Dinge, die sie haben wollte, aber nicht bezahlen konnte. Immer wieder kaufte sie auch im Netz ein, konnte aber Rechnungen nicht begleichen. Seit 2010 untersteht sie der Bewährungshelferin Bettina Knippel und die vermutet tiefere psychische Probleme der Angeklagten:
„Sie ist nicht stabil in ihrer Verfassung. Sie hat immer wieder für eine gute Erziehung ihrer drei Kinder gesorgt. Sie hat zwischenzeitlich gearbeitet, zeigt deutliche Tendenzen persönlicher Belastung. Sie hat immer Stress, es ist immer Chaos. Sogar selbstzerstörerische Elemente sind nicht auszuschließen. Sie kennt ihren Mann seit 19 Jahren. Ich bin immer davon ausgegangen, dass die beiden eine gute Ehe führen. Überraschend habe ich erfahren, dass ihr Mann sich von ihr getrennt hat. Die Kinder lebten erst bei ihr, jetzt aber sind sie wohl beim Vater, wie ich erfahren habe. Am Anfang hat der Ehemann das gemeinsame Konto noch zugänglich gelassen, mittlerweile ist es für die Angeklagte gesperrt und sie hat kein Geld.“
In einem Strafvollzug sieht die Bewährungshelferin keine Chance, der Angeklagten dauerhaft zu helfen. Sie befürwortet einen stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik.
Zumindest beteiligt war die Angeklagte auch an der ihr hier vorgeworfenen Tat. Sie hat online ein Smartphone bestellt. Angeblich wollte ihr Mann ihr dieses zum Geburtstag schenken. Doch der Käufer verlangte eine Sicherheit, als das Geld nach einigen Tagen noch nicht eingegangen war. Daraufhin wurde ein Kontoauszug gefälscht und mit einem großen Guthaben belegt. Ob dies der Ehemann tat, wie die Angeklagte vor Gericht angab, und sie „nur“ Mitwisserin“ war oder ob sie selbst die Fälschung vornahm, ist noch eine offene Frage.
In jedem Fall hat sich die Angeklagte einer Straftat schuldig gemacht, denn die Frau erklärte, sie habe Kenntnis von der Urkundenfälschung gehabt.
Dennoch scheint ihr alles egal zu sein. Das Gericht entschließt sich schließlich, ein psychiatrisches Gutachten zur verminderten Schuldfähigkeit in Auftrag zu geben, um überhaupt klären zu lassen, was mit der Angeklagten los ist. Ein neues Verfahren wird gegen den Ehemann eingeleitet, um zu prüfen, ob eine gemeinschaftlich begangene Straftat vorliegt.
Die Angeklagte verlässt teilnahmslos den Gerichtssaal. Sie lebt jetzt allein in der bisherigen Familienwohnung, weiß aber nicht, ob der Noch-Ehemann überhaupt die Miete zahlen wird.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.