Angeklagter wollte Imbiss loswerden

Die Ehefrau verlässt als freier Mensch den Gerichtssaal, ihr Mann muss lediglich eine Geldstrafe von 300 Euro entrichten. Vom Betrug wird auch er freigesprochen.

Der Ehemann führte 2010 an der Werksstraße einen Döner-Imbiss, gemeinsam mit anderen Gesellschaftern als GmbH. Seine Ehefrau war nur insoweit am Geschäft beteiligt, dass ab und zu ihre Unterschrift benötigt wurde. Ansonsten arbeitete sie als Angestellte im Servicebereich in Dortmund.
Jedenfalls lief der Imbiss nicht so gut, wie sich die Gesellschafter dies vorgestellt hatten. So beschloss der Angeklagte, einer der Gesellschafter, den Imbiss zu verkaufen. Bereits im September und Oktober 2010 war er Sozialversicherungsbeiträge schuldig geblieben. Dafür wurde er nun auch verurteilt zu einer Geldstrafe von 300 Euro. Dass diese so niedrig ausfällt, ist der Tatsache geschuldet, dass der Mann zur Zeit arbeitslos ist.
Im November 2010 trennte er sich von dem Imbiss. Sein Betriebsleiter, zugleich sein Koch, wollte gemeinsam mit einem weiteren Geschäftspartner den Imbiss übernehmen und ihn weiterführen.
„Er wusste von den offenen Verbindlichkeiten, die sich nach einer Übersicht auf 185.000 Euro beliefen. Diese Liste habe ich erstellt und sie lag meinem damaligen Mitarbeiter auch vor“, erklärt der Angeklagte, der in der Schöffenverhandlung offen Auskunft gab und auch sonst noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
Trotzdem wollte sein Mitarbeiter den Imbiss übernehmen. Sein Geschäftspartner, den der Angeklagte erst beim Notar kennenlernte, wollte ein Haus in der Türkei verkaufen und das Geld als Kapitalanlage einbringen. Der Kaufpreis wurde für den Imbiss auf 60.000 Euro festgesetzt. Der Angeklagte will 20.000 Euro erhalten haben, der neue Geschäftspartner des früheren Mitarbeiters, der als Zeuge vernommen wurde, will 26.000 Euro gezahlt haben.
Nachdem der Angeklagte den Imbiss verkauft hatte, wurde die finanzielle Situation zusehends dramatischer. Ratenzahlungen bei der Krankenkasse konnten ebenso wenig bedient werden wie Leasingraten für einen Mercedes. Die neuen Besitzer erkannten schnell, dass die Probleme nicht zu bewältigen waren. Der Rechtsanwalt des neuen Geschäftspartners stellte Strafanzeige gegen den ehemaligen Gesellschafter und Geschäftsführer, weil dieser den Verkauf des Imbisses mit weniger Schulden angegeben hatte, als tatsächlich vorhanden.
Das konnte vor Gericht nicht nachgewiesen werden. Die vorgelegte Liste vom Angeklagten, die den neuen Besitzern bekannt war, fasste 185.000 Euro. Eine vom Steuerberater des Angeklagten vorgelegte Liste über Verbindlichkeiten kommt nur auf 137.000 Euro. Ein Betrug konnte nicht gesehen werden.
Schwierig war die Sache auch deshalb, weil der frühere Betriebsleister und Koch, einer der neuen Besitzer, als Person überhaupt nicht mehr auftaucht. Von der Existenz des Mannes wussten weder das Gericht noch die Staatsanwaltschaft. Greifbar ist er auch nicht mehr, denn er soll sich im Ausland aufhalten. Vom Vorwurf des Betruges war der Angeklagte also freizusprechen.
Übrigens: Die Staatsanwaltschaft sitzt im Gerichtssaal vor einsturzgefährdeten Milchglasfensterscheiben. „Zur nächsten Sitzung komme ich mit Fahrradhelm“, erklärte der Staatsanwalt.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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