"Am Computer können sie alles, im Leben nichts"

Der Sozialpsychiatrische Dienst des EN-Kreises hat zusammen mit dem Kinder- und Jugendtreff und weiteren Experten zu einer Veranstaltung zum Thema Internetsucht geladen. Der STADTSPIEGEL sprach mit Diplom-Sozialarbeiter Robert Bosch.

„Es ist schon erstaunlich, welche Daten Jugendliche heute von sich preisgeben und ins Netz stellen“, meint Robert Bosch.
Sein Alltag sind allerdings die Extremfälle. Diejenigen, die vom Job-Center zu ihm überwiesen werden, weil sie in ihrem bisherigen Leben meist nur Misserfolge aufzuweisen haben. Keine Arbeit, oft keine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung. Viele Ängste und geringes Selbstbewusstsein.
„Im Spiel sind die Jugendlichen erfolgreicher als im Alltag. Früher hat es einmal geheißen: Wenn man Glück hat, kann man sein Hobby zum Beruf machen. Bei diesen Jugendlichen kann man sagen, sie sind alle perfekt am Computer, aber im Leben bekommen sie nichts auf die Reihe.“
Eine Regelmäßigkeit, ein Rhythmus, ein geregelter Tagesablauf – Dinge, die man im Alltag eben braucht, meistens Fehlanzeige. Auch erste Selbsthilfegruppen zum Thema Gaming helfen nur bedingt. „In diese Gruppen gehen Menschen, die einen Beruf haben, wenn sie ihn aufgrund von Schlafmangel nicht mehr ausüben können, weil sie nachts spielen. In diese Gruppen gehen Leute, die Stress mit ihrem Partner haben. In diese Gruppen gehen keine Jugendlichen, die keinen Job haben und von Hartz IV leben. Und in diese Gruppen gehen auch keine Langzeitarbeitslosen.“
Viel zu billig seien die Spiele und die technischen Geräte. Viel zu einfach sei es, an sie heranzukommen. Und viel zu wenig beschäftigten sich die Eltern mit dem, was ihre Kinder machen würden. „Der Computer und das Internet sind nicht an allem schuld, aber sie drehen negativ an der Schraube fehlender Erziehung.“
Robert Bosch ist sich sicher: „Nur wenn wir institutionsübergreifend arbeiten und Eltern und Jugendliche sensibilisieren, haben wir eine Chance auf vernünftigen Umgang mit dem Netz.“