Rückwärts rudern, vorwärts denken

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Das Vereinsheim, die Heimat, des Rudervereines Blankenstein liegt super idyllisch. Nur der Weg dorthin über die Straße „Zu den sieben Hämmern“ ist etwas abenteuerlich. Zu Fuß kann man vom Freibad Welper aus in zehn Minuten den idyllischen Ruderplatz erreichen. Und dann geht es für die meisten Mitglieder aufs Wasser. Rudern – ein beliebter Wassersport, der in unserer Serie „Rund ums Wasser“ auch einen Platz finden muss.

„Unser Ruderverein wurde 1920 gegründet und hat heute rund 160 Mitglieder. Es gibt aber noch ältere Vereine. Für einen Ruderverein sind wir eine mittlere Größe“, ordnet Vorsitzender Dirk Brockhaus den Verein ein. Rund die Hälfte der Mitglieder sei noch aktiv, ein Großteil von ihnen sei es zumindest einmal gewesen. Denn Rudern muss man lernen. „Das ist wie beim Ballsport. Man kann es irgendwann oder eben nicht. Für manche bleibt der Ball immer eckig“, lacht Brockhaus.
Damit die meisten das Rudern lernen, dafür ist unter anderem Sportwart Jörg Giesen zuständig. „Wenn Kinder und Jugendliche kommen, meistens so ab zehn Jahren, dann können sie in jedem Fall schwimmen. Wer Rudern will, den setze ich dann gerne in einen Einer. Nach den ersten kurzen Trockenübungen auf dem Ruder-Ergometer sollen sie sofort lernen, wie wackelig es auf dem Wasser sein kann“, so Giesen. Natürlich hält er den Einer am Steg fest. „Aber es kann durchaus passieren, dass die Kinder mit dem Ruderboot umkippen. Die fallen dann aber aus dem Boot und schwimmen zurück. Das Boot bringen wir dann wieder in die Startposition und weiter geht’s“. Bei den Erwachsenen sehen die ersten Übungen anders aus. „Hier nutzen wir gerne Boote, in die mehrere Personen passen. Dann kann ein Ungeübter das besser lernen, wenn andere bei ihm sind, die in Sachen Konzentration, Ausdauer, Geschicklichkeit, Kraft und Technik schon was drauf haben.“

Kanu und Ruderboot sind verschieden

Mit einem Kanu hat ein Ruderboot übrigens nichts zu tun. Und ausleihen kann man sich ein solches Boot auch nicht. Das, was man überall auf der Ruhr sieht und leihen kann, sind Kanus. „Ruderboote gibt es als Einer bis zu 8er-Booten. Sie haben, im Unterschied zu Kanus, Ausleger rechts und links. Und sie sind ganz schön teuer. Es gibt verschiedene Ausführungen, darunter natürlich auch Sportboote. Und die Kosten liegen ab 7000 Euro und für Boote mit mehreren Personen auch schon einmal bis zu 14.000 Euro.“ Kosten, die der Verein selbst stemmen muss. „Wir haben nach vielen Jahren jetzt erstmals wieder ein Boot gekauft. Das geht nur, wenn einzelne Personen ihre Geldbörse öffnen und wir vielleicht auch ein paar Sponsoren finden“, so Brockhaus. Letzteres ist aber nicht einfach. Auch dann nicht, wenn Ruderer wie der frühere Olympiasieger (1988 im Achter) Armin Eichholz zum Verein gehörten. „Auch er hatte keine Sponsoren, die einen Geldwert im Verein lassen. Im Gegenteil: Der Verein ist finanziell verantwortlich für die Startgelder bei Wettbewerben, für den Transport des Bootes. Natürlich nicht bei Olympia, aber bei vielen Wettbewerben, bei denen der Ruderer an den Start geht. Und es ist auch bei erfolgreichen Teilnehmern dieses Sportes nicht so, dass Gelder in den Verein zurückkommen.“ Und weil das Areal und das Haus an der Ruhr auch dem Ruderclub gehören, muss neben dem Geld auch noch Manpower investiert werden, um das Gelände zu pflegen.
Sitzen mehrere Ruderer im Boot, gibt der Schlagmann die Geschwindigkeit vor. Das Skull ist ein Vortriebsmittel für Ruderboote. Jeder Ruderer bedient zwei Skulls, jeweils eines auf der Backbord- und der Steuerbordseite des Ruderbootes. Die mit Skulls ausgeübte Rudertechnik wird als „Skullen“ bezeichnet und Skullruderer werden „Skuller“ genannt. Daneben sind im Rudersport die etwas größeren Riemen als Vortriebsmittel von Bedeutung, von denen allerdings jeder Ruderer nur einen bedient. Umgangssprachlich werden Skulls und Riemen häufig als „Ruder“ bezeichnet.
Der Steuermann schaut in Fahrtrichtung, sitzt aber nicht immer in derselben, sondern muss sich dann umschauen. Auch wie man sitzt, ist nicht egal. Und die Armhaltung ist selbstverständlich auch von Bedeutung. Dazu, bei mehreren, muss das alles gleichmäßig ablaufen – das wiederum steuert der Schlagmann, der die Kommandos gibt. Der Ruderer sitzt rückwärts, also mit dem Rücken in Fahrtrichtung, im Boot. Alle Muskelgruppen im menschlichen Körper kommen zum Einsatz. Beim Kanusport hingegen schaut der Sportler in Fahrtrichtung und setzt überwiegend Arm- und Rumpfmuskulatur zur Fortbewegung ein. „Wir sitzen rückwärts, denken aber vorwärts“, so die Ruderexperten lachend.
Einen Nachweis, dass man Rudern kann, gibt es im Rudersport übrigens nicht. „Rudern ist Vereinssport und wir bilden die Interessierten ja aus. Wir können das schon beurteilen, ob einer das kann oder nicht“, so Sportwart Jörg Giesen. Wenn Vereinsmitglieder eine Rudertour machen wollen, dann schleppen sie ihre Boote natürlich nicht mit. „In solchen Fällen schreiben wir die Vereine am Zielort an und dann leihen wir dort Boote aus. Die Vereine untereinander machen das, aber keiner leiht einfach so ein teures Ruderboot an Unbekannte aus.“
Rudern ist grundsätzlich ein Ganzjahressport. „Für uns wichtig ist der Pegelstand der Ruhr. Bei über 3,30 Meter ist Rudern verboten. Darunter ist das abhängig vom persönlichen Können. Wind ist zwar unangenehm, hat aber nur insofern Auswirkung auf das Rudern, dass es mit dem Wind sehr schön und gegen den Wind sehr anstrengend ist. Das gilt auch für die Strömungsverhältnisse.“
Die Ruhr gilt nicht als schwieriges Ruderrevier. „Aber man kann aufgrund der vielen Wehre nicht sehr weit rudern. Denn bei den Wehren muss man das Boot entweder tragen oder hochziehen.“
Nach dem Rudern steht das Boot auf dem Kopf. „So läuft das Wasser heraus und es kann trocknen.“
Übrigens: Wer das Rudern mal kennenlernen möchte, ist gern gesehener Gast auf dem Vereinsgelände – mitten im Landschaftsschutzgebiet unterhalb der Burg Blankenstein. Vor Ort gibt es keine Parkmöglichkeiten. Also entweder im Ortskern Blankenstein parken und zu Fuß die Straße „Zu den sieben Hämmern“ bis zur Ruhr herunter laufen oder am Freibad Welper parken und von dort zehn Minuten Richtung Ruhr laufen.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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