Eine mehr als nur etwas andere Thekenmannschaft
40 Jahre Shotgun Bombers
Die mehr als nur etwas andere Thekenmannschaft feiert heute ihr Jubiläum Die "Shotgun Bombers" sind in Hattingen nicht nur Kult in gewissen Kreisen, sondern überhaupt ein echtes Phänomen. Oder kennen Sie eine Thekenmannschaft, die schon 40 Jahre existiert, obwohl die dazugehörige Kneipe schon seit 1990 geschlossen hat?
Angefangen hat alles anno 1978 in der Kneipe "Zur Kupferkanne" von Norbert Brückner am Steinhagen, die in Hattingen immer schon einfach nur "Kanne" genannt wurde. Musiker verkehrten dort, Künstler, heutige Bürgermeister, ein paar "Durchgeknallte" und auch Fußballer. Kurz: "Kanne" war Kult.
Die Musiker-Initiative Hattingen (MIHA), die seit 36 Jahren zunächst "Rock an der Stadtmauer" und inzwischen "Rock am Bunker" veranstaltet, ist dort gegründet worden und vor genau 40 Jahren eben auch die "Shotgun Bombers".
Der eigenartig für eine Fußball-Mannschaft anmutende Name entstammt einem Song der amerikanischen "The Winters Brothers Band" mit dem Titel "Shotgun Rider". Der lief nicht nur ab und an mal in der "Kanne", sondern sollte auch in Verbindung mit den "Bombers" - anfangs unbedingt amerikanisch ausgesprochen! - auf die Torflut hinweisen, welche die "Shotgun Bombers" durchaus in ihren Spielen produzierten. Angelehnt war das inzwischen schlicht deutsch ausgesprochene "Bombers" natürlich auch an den "Bomber der Nation", Gerd Müller.
Ja, Sie haben richtig gelesen: Die Lockerheit täuscht, die den „Verein“ umgibt, der ohne Satzung existiert und ohne Vorstand. Rein sportlich gesehen gehörten die „Shotgun Bombers“ immer zur Spitze. Eine Zeitlang waren sie sogar in der so genannten „Freizeitliga“ gemeldet. Nach schnellen Aufstiegen jedoch hätte über kurz oder lang das Ganze einen offizielleren Anstrich bekommen müssen. Das wollte allerdings niemand, so dass die Meldung allen sportlichen Erfolgen zum Trotz zurückgezogen wurde. Die "Bombers" sind selbst heute noch sportlich eine Macht - auch dank des Montag-Trainings auf dem Platz von Hedefspor an der Munscheidstraße.
Mustafa Biyikli und Andreas Franke sind die ältesten aktiven Mitglieder
Nicht verschwiegen werden soll, dass von den Gründern keine mehr aktiv sind, nur bei der Geselligkeit nach wie vor eine maßgebliche Rolle spielen. Mustafa Biyikli und Andreas Franke sind "erst" seit dem zweiten Spiel dabei und somit die beiden ältesten aktiven Mitglieder. Aber sie haben ihn verpasst, den ersten Auftritt der "Bombers" in Fürken im Oberbergischen gegen eine Elf, die sich „Die Verkommenen“ nannte. Damals waren die "Bombers"-Trikots noch selbst gemacht und sahen auch genauso aus. Schon seit der Zeit kommt jeder in der Mannschaft einmal dran und muss die Kluft aller Spieler waschen – oder auch Bier fürs nächste Spiel besorgen. Zum 40jährigen gibt es eigens neue "Jubiläumsshirts".
Inzwischen sind auch schon die Sprösslinge der "Ur-Bombers" mit dabei, lieben genau wie alle die buchstäblich familiäre Atmosphäre, die gegenseitige Hilfe ("Wenn einer ruft, kommen alle!") und Integration, die es eigentlich bis heute nie gab. Mustafa Biyikli: "Es war einfach von Anfang an selbstverständlich, dass mitspielen durfte, wer wollte und konnte. Wen interessierten oder interessieren da schon Herkunft oder Hautfarbe? Wichtig war und ist nur eines: das ,Bombers-Gen"!" Mitgespielt haben bei den "Bombers" im Laufe der Zeit "echte" Profis wie Peter Közle (VfL Bochum) oder Stars wie Orhan Terzi, weltweit bekannt als DJ Quicksilver, oder jetzt aktuell Pfarrer Bodo Steinhauer aus Winz-Baak.
Lieblingsgegner der „Shotgun Bombers“ war „Schwarzer Stern Wattenscheid“: Gegen keinen Gegner wurde häufiger gespielt. Man war sich halt auch außerhalb des Spielfelds sympathisch.
Ein Gegner war neben „Torpedo Entenhausen“ die „Wilde 13 Sprockhövel“, die später auch in der "richtigen" Liga gemeldet war. Legendär wie Spiele gegen den „Großen Giebel“ in Welper waren nach Augenzeugenberichten auch immer die Lokalderbys gegen die „Parterre“, eine frühere Kneipe in der Lessingstraße. Da verkehrten viele Spieler aus der ersten Mannschaft des TuS Hattingen und es soll bei den Spielen immer heiß hergegangen sein...
Neben dem sportlichen Aspekt war und ist den "Bombers" die gemeinsame Freizeitgestaltung sehr wichtig. Ging es früher gern auf "Vereinsfahrt" nach Prag, so heißt das Ziel jetzt rund um Vatertag Holland.
Und natürlich die legendären Partys der "Bombers and Friends". Andreas Franke: "Wir haben schon in der rappelvollen Gebläsehalle gefeiert oder im Bahnhof Dahlhausen. Doch das wurde uns zu stressig. Die anderen haben es krachen lassen und wir mussten schuften, damit der Abend reibungslos funktionierte. Da feiern wir jetzt lieber in kleinem Rahmen auf dem Hüttengelände."
Natürlich sind die Karten für die Weihnachtsfeier heute Abend ruckzuck vergriffen gewesen. Es gibt Live-Musik mit Uwe Fellensiek, den sicher viele auch als Schauspieler in den Serien SK Kölsch und Notruf Hafenkante oder in Kinofilmen wie "Manta, Manta" oder "Voll normaaal" kennen.
Was auf keinen Fall fehlen wird, das sind die vielen Anekdoten, die durch eine von Andreas Franke zusammen gestellte Dia-Show der ersten 40 Jahre sicher haufenweise in Erinnerung gerufen werden.
Etwa über ihre legendäre Trainergestalt Heinz Meister, der inzwischen verstorben ist. Der brachte es schon mal fertig, sich zu irren und dennoch der Mannschaft dadurch zu helfen. Nicht mehr ganz schrittfest hatte er sich nach der ersten Halbzeit schlicht mit der Kabinentür vertan und hielt der gegnerischen Mannschaft die Halbzeitpause über eine „Gardinenpredigt“, ohne das überhaupt zu merken. Gewonnen haben die „Bombers“ übrigens trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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