Serie "Alt werden" - Wohnen im Alter: Auf keinen Fall ins Heim

Tanja Meis vom städtischen Seniorenbüro mit der neuen Broschüre "Hattingen hat reife Leistungen". Foto: Pielorz
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Dieser Teil der STADTSPIEGEL-Serie „Alt werden, jung sein“ beschäftigt sich mit dem Wohnen im Alter. Tanja Meis vom Seniorenbüro der Stadt Hattingen und zuständig unter anderem für Fragen zum Thema Wohnen weiß: „Eigentlich möchten alle in ihrer eigenen Wohnung bleiben. Zwischen den eigenen vier Wänden und dem Aufenthalt in einer Altenhilfeeinrichtung spielt sich das Wohnen im Alter ab.“

Dabei ist entscheidend, wie die eigenen vier Wände überhaupt eingerichtet und gebaut sind. „Wir haben als Stadt zusammen der Wohnberatung aus Volmarstein Beratungsangebote dazu. Im Rathaus bieten wir diese Beratung noch am 15. Juni, am 21. September und am 9. November, jeweils 14 bis 16 Uhr für jeden Bürger und natürlich kostenlos an. Außerdem beraten wir auch Pflege- und Wohnberatung in der Apotheke an. Hier sind die aktuellen Termine am 3. Mai (Westfalen-Apotheke Heggerstraße), 12. Mai (Bergische Apotheke Essener Straße), 17. Mai (Nord-Apotheke Bochumer Straße) sowie am 20. Mai (Westfalen-Apotheke Thingstraße), jeweils 10 bis 12 Uhr. Hier werden auch kleine Hilfsmittel vorgestellt und über den Schwerbehindertenausweis beraten. Bei Bedarf vereinbaren wir einen Termin für den Hausbesuch.“ Infos gibt es auch im Seniorenbüro bei Tanja Meis unter Telefon 02324/204-5520.
Ein Hausbesuch ist die Regel. „Es ist wichtig, die Beratung an Ort und Stelle durchzuführen, wenn es um größere Projekte geht. „Manchmal muss man einfach nur durch die Wohnung gehen und etwas wegstellen. Manchmal sind auch Umbauten notwendig, vor allem im Badezimmer. Da muss auch mal eine Badewanne durch eine Dusche ersetzt werden oder es müssen Haltegriffe angebracht werden oder ein höhenverstellbarer Toilettensitz wird angeschafft. Handelt es sich dabei um Mietwohnungen, muss natürlich der Kontakt zum Vermieter gesucht werden. Menschen mit Pflegestufe haben Anspruch auf 4000 Euro für ihre Wohnumfeldverbesserung, damit sie zuhause auch weiterhin leben können. Diese Summe ist von 2400 Euro auf eben 4000 Euro erhöht worden. Bei Pflegewohngemeinschaften ist die Summe noch höher, aber so etwas haben wir in Hattingen eigentlich nicht“, berichtet Tanja Meis.
Ein weiteres sehr gefragtes Produkt sei ein Treppenlifter. „Das wird in Mietshäusern gerne installiert.“ Häufig besteht die Möglichkeit, über die Pflegekasse zumindest einen Teil der Kosten abzurechen. „Man kann auch einkommensabhängig einen Sozialhilfeantrag stellen“. Und sie kann weitere bezuschusste Umbaumaßnahmen nennen: „In der Küche beispielsweise gibt es rutschhemmende Bodenbeläge und auch für das Schlafzimmer gibt es so etwas. Es gibt einen Hausnotruf, es gibt höhenverstellbare Waschtische, begehbare Duschen. Die Pflegekasse kann sich auch an Umzugskosten beteiligen, wenn die Wohnung nicht alten- oder behindertengerecht umgebaut werden kann. Auch die Verbreiterung von Türen ist ein wichtiges Element“. Die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, also Mobiliar, Elektrogeräte und Unterhaltungstechnik, wird nicht gefördert. Bei Gegensprech- oder Briefkastenanlagen kann das schon wieder anders aussehen.
Die schwierigste Verbindung bei einem älteren Paar sei es eigentlich, wen einer der beiden körperlich eingeschränkt sei und der andere dementielle Probleme habe. „Dann bleibt in manchen Fällen wirklich nur noch eine Altenhilfeeinrichtung, obwohl sie alle gerne daheim bleiben möchten.“
Ein Irrtum sei oft mit dem Begriff „Betreutes Wohnen“ verbunden. „Viele Senioren glauben, sie würden dann in einer Wohnung leben, wo sie nur auf einen Knopf drücken müssen und dann kommt jemand und hilft. Das ist aber nicht so. Sie müssen in der Regel Dienstleistungen dazu kaufen, beispielsweise Putzen oder Essen auf Rädern. Das können sie in einer Seniorenwohnung tun, aber natürlich auch in jeder anderen Wohnung. Doch auch das bedeutet nicht, dass rund um die Uhr jemand da ist oder gerufen werden kann.“
Viele ältere Menschen wollen sich „im Alter kleiner setzen.“ „Wir beobachten deutlich den Trend, das Eigentum zu verkaufen und statt des Hauses in eine Wohnung zu ziehen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Kinder oft nicht mehr am gleichen Ort leben und die klassische Großfamilie der Vergangenheit angehört. In eine Altenhilfeeinrichtung wollen sie meisten älteren Menschen nicht ziehen, weil ihnen der Tagesablauf zu festgelegt ist und sie sich nicht mehr eigenständig fühlen. Sie haben dann zwar eine komplette Grundversorgung, aber eben auch feste Strukturen. Und eine Rundum-Freizeitversorgung kann es in solchen Einrichtungen natürlich auch nicht geben.“

Die meisten Senioren leben in den eigenen Wänden

In Hattingen gibt es derzeit 535 Altenheimplätze. Für Tanja Meis trotz des demographischen Wandels und der damit verbundenen Zunahme älterer Menschen vollkommen ausreichend. „Ich sehe keinen weiteren Bedarf. Natürlich, man bekommt bei Bedarf vielleicht nicht sofort in Hattingen ein Zimmer, aber im Ennepe-Ruhr-Kreis auf jeden Fall. Es stehen genügend Häuser wohnortnah zur Verfügung, die auch nicht alle komplett belegt sind. Die meisten Senioren leben sowieso privat und das auf eigenen Wunsch. Die Devise heißt schlicht ‚ambulant vor stationär‘“.
Selbstverständlich, so Meis, gäbe es auch alternative Wohnformen, die zwischen der „normalen“ Wohnung und dem Heimaufenthalt lägen. „Aber Formen wie Mehrgenerationen oder Demenzdörfer sind sehr selten. Sie sind auch stark abhängig von den jeweiligen Personen, die mitmachen möchten oder können. Die Aufenthaltsdauer in einer Einrichtung ist aus heutiger Sicht kürzer, dafür sind die Menschen, die dort leben, aber pflegebedürftiger und älter.“
Doch gerade weil viele Menschen im Alter einen bezahlbaren Wohnraum suchen, muss es solche Angebote auch geben. „Hier sehe ich durchaus Handlungsbedarf“, so Meis.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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