Mein Wort zum Sonntag – Wuerden Sie eine Person opfern, um fuenf Personen zu retten?

Sie sehen eine fuehrerlose Lok mit defekten Bremsen auf einer Bahnstrecke. Auf den Schienen arbeiten fuenf Leute, die sterben werden, wenn sie von der Lok erfasst wuerden.
Sie haben die Moeglichkeit, einen Hebel umzulegen und mit dieser Weichenstellung die Lok auf ein Nebengleis zu leiten. Auf dem arbeitet nur ein Arbeiter. Wuerden Sie den Hebel umlegen, die Lok auf das Nebengleis lenken und die eine Person umbringen statt der fuenf auf dem Hauptgleis?

Eine aehnliche Situation: Diesmal stehen Sie auf einer Bruecke und sehen das Unglueck sich anbahnen. Neben Ihnen steht ein fetter, grosser Mann. Sie wissen, wenn Sie den Mann schubsen, faellt er auf die Gleise, die Lok kommt so zum Stehen, die fuenf Arbeiter koennten so gerettet werden.
Wuerden Sie den fetten Mann schubsen?

Oder stellen Sie sich vor Sie seien Notarzt. 6 Patienten werden eingeliefert, 5 sind weniger schwer verletzt, einer sehr schwer. Sie koennen stundenlang versuchen, den Schwerverletzten zu retten, aber die fuenf anderen wuerden in der Zwischenzeit sterben. Oder Sie koennen die fuenf anderen Verletzten behandeln und diese retten, aber dann wuerde der eine Schwerverletzte sterben.
Was wuerden Sie tun?

Aehnliche Situation: 5 Personen benoetigen ein Organ, sonst wuerden sie sterben. Im Nebenraum ist ein Patient fuer einen Checkup gekommen. Sie koennten stickum dem nichtsahnenden Mann dessen Organe entnehmen und damit die anderen fuenf retten. Was wuerden Sie tun?

Es hat sich gezeigt, dass die meisten Menschen, die man befragt hat, die Weiche umstellen wuerden, die wenigsten wuerden den fetten Mann schubsen.
Und die meisten wuerden sich um die fuenf Verletzten zuerst kuemmern, aber nur wenige wuerden einen unbeteiligten, nichtsahnenden Mann fuer eine Organspende missbrauchen.
Da steht wahrscheinlich der Gedanke im Raum, dass besser nur einer stirbt als fuenf, sofern keine Unbeteiligten involviert werden, es ist eine reine Frage von Zahlen.

Dieses Problem ist als das "trolley problem" bekannt, ein Gedankenexperiment im Bereich der Ethik, es wurde 1967 von der britischen Philosophin Philippa Foot formuliert und brachte danach diverse Variationen hervor.

Aber ist es wirklich nur eine Frage der Zahlen? Was ist, wenn die fuenf Gleisarbeiter alle verurteilte Schwerverbrecher sind, und der Mann auf dem Nebengleis ist ein Genie? Und wie sieht es aus, wenn die einzelne Person auf dem Nebengleis Ihre Mutter ist? Die meisten Menschen wuerden nicht ihre eigene Mutter opfern, um fuenf Fremde zu retten.

Und man stelle sich vor, Ihre einzige Option, die todbringende Lok zu stoppen ist es, den dicken Mann auf die Gleise zu schubsen, aber diesmal wissen Sie genau, dass derselbe Mann fuer die fuehrerlose Lok mit versagenden Bremsen verantwortlich ist, er hat sie sabotiert (aus welchem Grunde auch immer). Wuerden Sie ihn unter diesen Gegebenheiten schubsen, um die fuenf Gleisarbeiter zu retten?

Variationen und sich veraendernde Praemissen hin oder her, in der Philosophie dahinter geht es um zwei grundlegende moralische Argumentationen:

1. Konsequenzorientiert (Jeremy Bentham)
Die Moral bestimmt sich aufgrund der zu erwartenden Konsequenzen. Einer wird geopfert um 5 andere zu retten.

2. Grundsatzorientiert (Immanuel Kant)
Die Moral bestimmt sich aufgrund bestimmter grundsaetzlicher Pflichten und Rechte. Unabhaengig von den Folgen. Es ist kategorisch falsch, einen Unbeteiligten umzubringen, um 5 andere zu retten.

Zu welcher Argumentation neigen Sie?

Autor:

Ulrich Jean Marré, M.A. aus Essen-Ruhr

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