Häusliche Gewalt aus der Tabuzone holen
„Wenn Frauen heute immer häufiger den Mut finden über Gewalt, die ihnen in den eigenen vier Wänden widerfährt, zu berichten und sich Hilfe zu organisieren, dann ist das auch ein Erfolg unserer Arbeit. Für jede Betroffene, die aufsteht und sich gegen die in vielen Fällen jahrelang erlittene psychische oder physische Misshandlung zur Wehr setzt, lohnt sich unser Einsatz.“
Diese Bilanz ihrer inzwischen 14-jährigen Tätigkeit ziehen die Mitglieder des „Runden Tisches EN gegen Häusliche Gewalt“. Wie immer seit 2004 nehmen sie auch in diesem November den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen zum Anlass, um das Thema „Häusliche Gewalt“ noch weiter aus der gesellschaftlichen Tabuzone zu befreien.
„Man(n) schlägt nicht! Der Ennepe-Ruhr-Kreis schweigt nicht zu Häuslicher Gewalt!“ heißt es zwischen Montag, 25. November, und Donnerstag, 5. Dezember, an Ständen in allen neun Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises sowie auf 40 Großplakaten. In Hattingen steht der Info-Stand am Dienstag, 26. November, 11 bis 13 Uhr, Ecke Heggerstraße/Untermarkt, Ansprechpartnerin ist Jutta Dinca, 204-3010; in Niedersprockhövel am Freitag, 29. November, 10 bis 12 Uhr, Markt am Busbahnhof, Ansprechpartnerin ist hier Sabine Schlemmer, 02339/917-347
Stand in den vergangenen Jahren zu Recht das Opfer im Fokus der Aktionen, sollen in diesem Jahr die Täter angesprochen werden. Die Botschaft: Euer gewalttätiges Handeln ist keinesfalls Privatsache, es wird von der Gesellschaft geächtet. Gleichzeitig sollen Tätern auch Wege aufgezeigt werden, wie sie lernen können, Risikofaktoren für Gewalteskalationen zu erkennen und alternative Handlungsmöglichkeiten zu ergreifen.
Betroffene Frauen finden auf Informationsmaterialien – darunter 1.500 Notizbücher, 2.000 Scheckkartenkalender und Postkarten – wichtige Ansprechpartner. Dazu zählen die Frauenberatung EN, das Frauenhauses EN, der Opferschutzbeauftragte der Polizei sowie der Weißen Ring. „Natürlich“, so Petra Bedow, Geichstellungsbeauftragte des Ennepe-Ruhr-Kreises und Geschäftsführerin des Runden Tisches, „stehen wir vor Ort auch zu persönlichen Gesprächen zur Verfügung und zeigen die breite Palette der praktischen Hilfen auf.“ Diese reichen vom Beratungen über Hinweise zu Maßnahmen der Täterarbeit sowie zu Rechten von Opfern und Verhaltensempfehlungen bis hin zur Aufnahme ins Frauenhaus.“
Nach wie vor hat Gewalt gegen Frauen, die in allen Gesellschaftsschichten zu Hause ist, viele Gesichter. Schlagende Männer sind dabei das eine, Partner, die psychische Gewalt ausüben und versuchen, die totale Kontrolle zu erlangen, das andere. „Da werden private Kontakte unterbunden, Telefonate kontrolliert oder es wird Geld vorenthalten“, berichtet Bedow.
Ebenso erschreckend wie die Facetten der Gewalt, zu deren Opfer auch die Kinder zählen, sind die Fallzahlen. So erlebt jede vierte Frau in ihrem Leben Gewalt und jede dritte Frau unter 16 ist von körperlicher Gewalt betroffen.
„Allein in den letzten zwölf Monaten verzeichnete die Kreispolizeibehörde, die für acht Städte des Ennepe-Ruhr-Kreises zuständig ist, 215 Fälle häuslicher Gewalt und 128 Wegweisungen der Gewalttätigen aus Wohnungen, in 181 Fällen erfolgte eine Vermittlung der Betroffenen an Beratungsstellen“, nennt Bedow lokale Zahlen.
Mit seiner kreisweiten Aktion will der Runde Tisch noch mehr Betroffene ermutigen, sich an Beratungsstellen, an das Frauenhaus oder an die Polizei zu wenden. Zeugen häuslicher Gewalt sollen ermuntert werden, Warnsignale zu beachten und Unterstützung anzubieten.
Info:
Der „Runde Tisch EN gegen häusliche Gewalt“, der die Aktionen geplant und vorbereitet hat, besteht seit 1999.
Fachleute aus Justiz, Polizei, dem Opferschutz, den Beratungsstellen, dem Frauenhaus, der Frauenberatung, dem Gesundheitswesen und die Gleichstellungsbeauftragten der Städte und der Kreisverwaltung arbeiten darin mit.
Schirmherr ist Landrat Dr. Arnim Brux.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.