Frühstücken und sich die Sorgen von der Seele reden
Kooperationen sind gut und wichtig und für zwei soziale Einrichtungen in Zeiten allgemein leerer Kassen manchmal auch unvermeidbar. Ganz so schlimm steht es ums Café Sprungbrett und um die Hattinger Tafel zwar nicht, doch gibt es ein neues gemeinsames Projekt.
Schon seit Oktober wird eine neue „Frühstücksrunde“ in der niederschwelligen suchtmittelfreien Kontaktmöglichkeit für Suchtkranke und deren Angehörige, Sozialschwache und Heimstatt gut eines Dutzends von Selbsthilfegruppen am Steinhagen 19 angeboten.
Die Zutaten dafür stammen von der Hattinger Tafel. „Brot, Brötchen, Belag und viele gesunde Sachen“, wie Anja Werning und Jürgen Sotzek von der Tafel sagen.
Das Café Sprungbrett, das in diesen Tagen seit genau zehn Jahren am Steinhagen zu finden ist und sich im St.-Georgs-Viertel voll integriert fühlt, stellt die Räumlichkeiten zur Verfügung. Und einen kompetenten Mitarbeiter, wie Sprungbrett-Geschäftsführer Peter Dresia betont.
Denn im Unterschied zu dem Frühstück, das als gesponsertes Projekt gemeinsam mit „Hattingen solidarisch“ zwei Jahre lang erfolgreich lief und kostenlos für Sozialschwache angeboten werden konnte, handelt es sich diesmal „um ein zwar ebenfalls kostenloses, aber begleitetes Frühstück als niederschwelliges Angebot“, macht Peter Dresia deutlich. „Es richtet sich diesmal nicht an bedürftige Menschen, die mal umsonst ein Frühstück haben möchten. Uns geht es vielmehr um solche Leute, die ein Suchtpotenzial aufweisen und darüber mit uns und mit Gleichgesinnten offen ins Gespräch kommen möchten. Daher muss man sich auch vorher bei uns anmelden unter 596970.“
Seit das Projekt von „Tafel“ und „Sprungbrett“ vor gut vier Wochen anlief, finden sich an jedem ersten und dritten Donnerstag im Monat zwischen 9.30 und etwa 12 Uhr gut ein Dutzend Gäste in dem Raum ein. Dieser liegt eine Etage höher als der normale Café-Betrieb, damit die Gespräche am Tisch intensiv und für fremde Ohren ungehört sein können. Wenn sich das Gesprächsangebot mit Frühstück weiter herumspricht, hoffen alle Beteiligten auf knapp zwei Dutzend Interessenten.
Auch für die Hattinger Tafel ist die Kooperation ein jetzt schon gelungener Ansatz. So unterstreichen die Vorsitzende Anja Werning und Geschäftsführer Jürgen Sotzek: „Unsere Klientel überschneidet sich teilweise. Oft haben die bedürftigen Menschen in der Stadt durch oder wegen ihrer Sorgen auch ein Suchtproblem. Außerdem sind viele dieser Menschen unsinnigerweise zu stolz, um zu uns in die Nordstraße 16 zu unserer Essensausgabe montags, mittwochs und freitags zwischen jeweils 11.30 und 12.30 Uhr zu kommen. Im Café Sprungbrett erhalten daher manche nach dem Frühstück sogar noch ein Tütchen mit Lebensmitteln für zu Hause. Dass so etwas gut läuft, zeigt uns unsere Erfahrung mit dem so genannten ,Junkie-Frühstück‘ bei der Caritas, das wir bereits seit Jahren unterstützen.“
Einig sind sich die beiden wichtigen Einrichtungen Hattinger Tafel und Café Sprungbrett im Bezug auf ihre Finanzierungsprobleme. Beide wünschen sich – und das bereits seit Jahren, aber bislang vergeblich – verlässliche Sponsoren. So sehr sie sich mit ihren ehrenamtlichen Kräften und den Ein-Euro-Jobbern nämlich auch über (gelegentliche Groß-)Spenden freuen, wäre ihnen eine regelmäßige monatliche oder jährlich gesicherte Unterstützung lieber, um besser planen zu können. Finanziell gesehen sei ihre Arbeit, die für alle das Hauptaugenmerk darstellt, immer wieder „ein dauernder Tanz auf der Rasierklinge“.
Pläne haben die Hattinger Tafel und das Café Sprungbrett nämlich noch genug. Und vielleicht sind einige davon sogar förderungswürdig. Sie könnten sich zur weiteren Verbesserung ihrer finanziellen Situation gemeinsame Wohltätigkeitsveranstaltungen vorstellen und eine noch engere Zusammenarbeit, die sogar zu Wohn- oder Hausgemeinschaften von Suchtkranken unterschiedlicher Generationen führen könnte.
Doch jetzt als „Einstieg“ erst einmal das Frühstücksprojekt auf den Weg bringen – und auf die Weihnachtszeit hoffen. Jürgen Sotzek spricht auch Peter Dresia aus der Seele, wenn er sagt: „Vor Weihnachten spenden die Menschen ja immer bereitwilliger als sonst. Dabei sollten die Hattinger nicht vergessen, dass Sprungbrett und Tafel hier vor Ort etwas für unsere Mitbürger tun. Wenn wir nur einen Bruchteil der Spenden für Hilfen irgendwo in der Welt bekämen, dann würde uns das schon auf Dauer bei unserer Arbeit in Hattingen helfen.“
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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