Erst als Kind zu Besuch "Im Haus", später als Ehrenamtler dabei

v.l. Nadine Rosemeyer, Andreas Schmidt, Anne Wittkopp und Jahrespraktikantin Nele Schmidt im Haus der Jugend. Foto: Pielorz
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Das Leitungsteam vom Haus der Jugend in der Hattinger Bahnhofstraße ist nur wenig jünger als die jugendliche Kundschaft. Jahrespraktikantin Nele Schmidt ist gerade einmal 18 Jahre alt und auch die ausgelernten Sozialarbeiter und Sozialpädagogen Anne Wittkopp, Nadine Rosemeyer und Andreas Schmitt sind mit 25, 27 und 35 Jahren nicht sehr viel älter. Das ist nicht unwichtig, wenn man Vertrauen gewinnen möchte und Beziehungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen leisten will. Alle sagen über „ihre“ Kinder und Jugendlichen: Sie kommen gern zu uns. Und manche von ihnen leisten heute schon ehrenamtliche Mitarbeit im „Haus“.

Nadine Rosemeyer und Andreas Schmitt genießen eine volle Stelle, Anne Wittkopp, die mit den jüngeren Kindern arbeitet, hat eine 25-Stunden-Stelle. Das ist manchmal etwas schwierig, denn die Beziehungsarbeit braucht Zeit. Neue Aufgaben hat es gegeben, mehr Personal nicht. „Wir haben seit Oktober 2015 einen Mutter-Kind-Kurs für Flüchtlinge. Der Frauenkurs ist für Mütter und kleine Kinder gedacht und soll sie auf die zukünftigen Einrichtungen wie die Grundschule vorbereiten. Wir verständigen uns oft mit Händen und Füßen, weil die Teilnehmer die deutsche Sprache noch nicht verstehen. Das rückt zunehmend in den Fokus der Arbeit“, beschreibt Anne Wittkopp.
Neben der integrativen Arbeit mit Flüchtlingskindern gibt es aber ein buntes Programm für die Kinder im Haus der Jugend. „Ab 15 Uhr treffen sich bei uns Kinder zum Basteln, Kochen, Spielen, Chillen, Musik hören, Schwimmen, Stricken, Häkeln und Nähen und vieles mehr. Der Kinderbereich ist von Dienstag bis Freitag von 15 Uhr bis 17.30 Uhr geöffnet. Ab 11 Jahre besteht auch die Möglichkeit, bis 19 Uhr im Jugendcafé abzuhängen, Billard zu spielen oder auch im Netz zu surfen. Ältere können bis 21 Uhr bleiben. Am Samstag haben wir ab 15 bis 19 Uhr geöffnet.“ Außerdem habe man zusätzliche Kinderprojekte zu Karneval, Halloween, Nikolaus oder Weihnachten und sei auch beim Ferienspaß vertreten. „Die meisten Kinder kommen zu uns aus der nahen Innenstadt. In den Stadtteilen Rauendahl, Holthausen und Welper gibt es ja eigenständige Kinder- und Jugendtreffs, mit denen wir aber kooperieren. Alle Kinder fühlen sich hier wohl und kommen gerne“, weiß Anne Wittkopp.

Serie "Alt werden, jung sein"

Auch bei den Jugendlichen sei das ähnlich, meinen Nadine Rosemeyer und Andreas Schmitt. „Das Haus der Jugend hat sich in den Bereichen Musik und Sport einen Namen gemacht. Bands nutzen unseren Proberaum, wir haben manchmal Live-Musik, wir haben tolle Sportangebote im Skaten oder beispielsweise im Taekwondo. Hier trainiert uns sogar mit Cezme Kizilay ein Europameister, der früher selbst als Kind ins Haus der Jugend gekommen ist. In diesem Kurs sind übrigens auch viele Erwachsene. Zu uns kommen Jugendliche aus allen Stadtteilen. Sie bringen ihre Freunde mit, oft sogar aus der Nachbarschaft. Manchmal haben sie schon einen Führerschein. Aber sie orientieren sich dann natürlich auch in die Nachbarstädte und gehen dort in die Disco“, sagt Andreas Schmitt. Entscheidend sei einfach auch die Cliquen-Bildung und natürlich der „Zustand“ der Beziehungen. „Wenn man gerade Stress mit Freund oder Freundin hat, dann geht man auch schon einmal woanders hin. Viele lernen sich durch die Musik kennen, hier im Jugendcafé. Das ist übrigens eine alkoholfreie Zone. Nur bei Veranstaltungen schenken wir an die Älteren schon einmal ein Bier aus.“ „Ja, wir setzen damit die Arbeit der Kollegen in der Suchtprophylaxe fort“, ergänzt Nadine Rosemeyer. Ein Problem sei das nicht. „Wir sind eben eine städtische Einrichtung. Pool Dance oder Cocktails gibt es hier nicht“, lacht Andreas Schmitt.
Aber man gehe auf Wünsche der Jugendlichen ein und versuche, Veranstaltungen nach deren Geschmack zu kreieren. „Wenn eine Sache mal nicht läuft, machen wir das eben nicht zum zweiten Mal. Wir bieten beispielsweise jetzt eine Kleidertauschparty an. Das ist auch eine Idee der Jugendlichen. Mal sehen, wie das läuft.“
Wichtig sei eine gute Beziehung zu den jungen Besuchern. „Manchmal haben die Lust auf Gespräche, auch schon einmal zu sensiblen Themen wie Verhütung. Manchmal auch nicht. Wir kennen uns halt und da kommen die Jugendlichen auf uns zu.“
Während sich im Kinderbereich Mädchen und Jungen die Waage halten, dominieren bei den Jugendlichen die Jungen. „Der Sport ist hier sehr stark. Der Kraftraum ist sehr gefragt. Da haben wir schon mehr Jungen“.
Fehlendes Engagement der Jugendlichen beklagen die Haus-Mitarbeiter nicht. „Im Gegenteil. Für Projekte setzen sie sich sehr ein. Zum Beispiel helfen sie beim Ferienspaß oder im letzten Jahr beim Konzert für Flüchtlinge. Über dieses Thema reden wir oft. Und wir fragen uns auch, welcher Erwartungsdruck der Familie manchmal auf einem Flüchtlings-Jugendlichen lastet. Wenn nur einer aus der Familie nach Deutschland oder Europa kommen konnte und die Familie hofft, dass er es schafft und dann die Familie auf irgendeine Art und Weise unterstützen kann. Unsere Jugendlichen können sich so etwas gar nicht vorstellen, auch nicht, wie die Flüchtlinge gelebt haben. Man sieht Bilder und hört Geschichten, aber das ist doch etwas anderes. Wir sehen unsere Arbeit als eine integrative Arbeit an und machen Angebote für alle Kinder und Jugendlichen, die hier in Hattingen leben.“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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