Serie zur "Pflege": Louise Groth (92) benötigt Hilfe beim An- und Auskleiden
Ein Leben voller Zuversicht
Louise Groth ist 92 Jahre alt. Ein biblisches Alter. Sie wohnt alleine und braucht inzwischen Hilfe, um den Alltag zu bewältigen. Ein Pflegedienst und ihre Tochter unterstützen sie dabei.
„Manche Tage sind nicht einfach, man darf sich aber nicht hängen lassen“, sagt die resolute Seniorin im Gespräch mit dem STADTSPIEGEL.
Seit 65 Jahren wohnt sie in Niedersprockhövel. Gemeinsam mit ihrem Mann Edmund kauften sie vor vielen Jahren ein Haus. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 2001 lebt Louise Groth im Erdgeschoss ihres Hauses alleine. Ihre Tochter ist vor Jahren nach Hattingen gezogen.
Die Eingangsstufen bis zu ihrer Haustür kann sie nur mit Hilfe bewältigen. Trotz Beeinträchtigung durch zahlreiche Operationen ist die 92jährige positiv gestimmt.
Anfangs nicht einfach für Louise Groth, alles zu organisieren
Nach Amputationen und Operationen braucht sie inzwischen Hilfe. Hilfe kommt jeden Tag. „Es war am Anfang nicht einfach, alles zu organisieren, als ich Hilfe brauchte“, gibt sie zu. Aber trotz ihrer Operationen ist Louise Groth zuversichtlich. Das Leistungsangebot des städtischen Seniorenbüros und das Angebot des Pflegeberaters ihrer Krankenkasse waren ihr bislang allerdings nicht bekannt.
„Den Pflegedienst als Folge meiner Operationen musste ich vor vier Jahren selber aussuchen. Ich habe dann den genommen, den mir eine Bekannte empfohlen hatte“, blickt die Seniorin zurück. Somit kommen aufgrund einer zeitlich befristeten Krankenkassen-Verordnung nach ihren Operationen zweimal am Tag Pflegerinnen, um ihr beim An- und Auskleiden behilflich zu sein.
„Die Pflegerinnen des Pflegedienstes sind total nett. Nur kommt mein tägliches Programm durcheinander, wenn sie so unpünktlich sind“, sagt Louise Groth. „Mal steht die Pflegerin morgens um halb sieben an meinem Bett, mal kommt sie um viertel nach neun, wenn ich bereits Kaffee getrunken habe, obwohl die Pflegemaßnahme im Liegen erfolgen muss“.
Voller Empörung erzählt sie dann, dass sie, nachdem sie im Juli 2018 eine Monatsleistungsaufstellung des Pflegdienstes unterschrieben hatte, urplötzlich die Kündigung von ihrem früheren Pflegedienst aufgrund Personalmangels bekam. "Der Leiter der Pflegeeinrichtung kam dazu persönlich zu mir, um mir das mitzuteilen. Als der weg war, bin ich in Tränen ausgebrochen, weil ich nicht wusste, wie es weiterging und weil er auch nicht den Ansatz machte, mir zu helfen“, sagte sie.
„Ohne meine Tochter wäre ich danach aufgeschmissen gewesen. Sie hat sich die Finger wund telefoniert, um einen neuen Pflegedienst zu finden, der inzwischen zu mir kommt." Dabei findet die Seniorin "interessant", dass ihr neuer Pflegedienst auch von Mitarbeiterinnen eines Subunternehmens verstärkt wird.
Bei Tagestouren und Unternehmungen mit ihrer Tochter muss sie auf die Uhrzeit achten. „Um 17 Uhr muss ich immer zuhause sein, denn dann kommt der abendliche Pflegedienst. Das ist so ähnlich wie bei Kindern, die abends pünktlich wieder zuhause sein sollen“, lacht die Seniorin.
Nach dem Gespräch mit dem STADTSPIEGEL überlegt sie, doch einmal mit dem städtischen Seniorenbüro oder dem Pflegeberater ihrer Krankenkasse Kontakt aufzunehmen, um sich über das Leistungsangebot zu informieren.
„Leider kann ich nicht mehr Häkeln und Stricken, meine Gelenke machen es nicht mehr mit. Auch für die tägliche Gartenarbeit ist jetzt meine Tochter zuständig“, ergänzt sie.
Spezialschuhe helfen Louise Groth beim Laufen und Einkaufen
Ein Strahlen überzieht ihr Gesicht, als sie von ihren Spezialschuhen erzählt, in denen sie ganz prima und beschwerdefrei nach den Operationen laufen kann. „Und wenn ich mich dann noch am Einkaufswagen festhalte, kann ich mir in den Geschäften in aller Ruhe das Warenangebot ansehen“, zwinkert sie und lacht.
Geistig ist Louise Groth noch fit. Vor wenigen Monaten erst überzeugte sie ihre Tochter, das Dach ihres Hauses neu eindecken zu lassen, was inzwischen erfolgt ist.
„Man muss den Wert doch zukunftsweisend erhalten“, meint sie lächelnd und ergänzt: "Man darf sich einfach nicht hängen lassen und sollte das Leben trotz Einschränkungen im Alter genießen, auch wenn man weiß, dass man inzwischen eine Eintagsfliege ist." Hans-Georg Höffken
Wichtige Informationen
Interessierte können sich an das Seniorenbüro der Städte Hattingen (02324 / 204-5519) oder Sprockhövel (Tel. 02339 / 917-311) wenden. Dort erhalten sie beispielsweise Hilfe beim Ausfüllen des Antrages bei der Pflegekasse, wenn gewünscht Beistand beim Besuch des Medizinischen Dienstes oder Unterstützung bei der Auswahl des Pflegedienstes.
Im Internet sind auf der Homepage der Stadt Hattingen alle wichtigen Informationen für Senioren abrufbar, auf der Homepage der Stadt Sprockhövel gibt es den Seniorenwegweiser. Zahlreiche Krankenkassen bieten ihren Versicherten auch den Besuch eines Pflegeberaters an.
In Hattingen und Sprockhövel gibt es insgesamt 19 Pflegedienste.
Der medizinische Dienst in Westfalen-Lippe hat im Jahr 2018 insgesamt knapp 210.000 Pflegebegutachtungen durchgeführt. Davon waren 115.000 Erstgutachten, also Gutachten nach einem erstmals gestellten Antrag.
Die Zahl der Erstgutachten ist im Vergleich zu 2017 zurückgegangen. Damals waren es rund 133.000.
Die Zahl der Pflegebegutachtungen selbst bleibt auf hohem Niveau (Zahlen zu 2017 praktisch unverändert), was den Schluss nahe legt, dass viele Menschen, die 2017 erstmals Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten haben, nun einen Höherstufungsantrag gestellt haben (Quelle: MDK Westfalen-Lippe).
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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