Besinnliches von Martin Funda: "Schmetterlinge im Kopf"

Der Himmel ist offen und blau, der Wind rauscht in den Blättern, Gottes Geist bewegt die Welt... Während ich ‚besinnlich‘ arbeite, laufe ich durch den Wald.
Und ich singe vor mich hin „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ von Paul Gerhardt. Das evangelische Wanderlied schlechthin – nicht nur weil es ein Ohrwurm ist, sondern auch weil sich die Melodie gut zum strammen Laufen eignet.
Am liebsten gehe ich abseits der breiten Wege und suche, entdecke und staune über Kleinigkeiten: Tropfen in einem Spinnennetz, bemooste Wurzeln, alte Bäume... Ich freue mich wie ein Kind und staune über Kleinigkeiten.
„Das Wissen-Wollen fängt mit dem Staunen-Können an“, sagt die Religionspädagogin Sofia Cavalletti (Das religiöse Potential des Kindes, Freiburg 1994). Kleinkinder beten anfangs meistens ganz ohne Worte. Wenn sie eines Tages dann doch beginnen, Worte zu gebrauchen, dann sind es bis zum Alter von sieben Jahren fast ausschließlich Lob- und Dankgebete. Ein Kind findet seine erste religiöse Sprache im Staunen darüber, dass es überhaupt etwas gibt, und was es gibt: Licht, Wärme, Farben, Tiere, Pflanzen, Geschwister... Leben lässt loben.
Zurück in die Felder und Wälder. Ich schaue vor allem nach Schmetterlingen, denn bei uns sind sie selten geworden.
Paul Gerhardt erwähnt sie nicht in den 15 Strophen seines Liedes. Bei ihm dürfte der Grund allerdings eher darin liegen, dass sie zu seiner Zeit eine echte Landplage waren. Und mehr noch: Sie waren den Menschen unheimlich, denn niemand wusste so recht, wo sie herkamen. Man unterstellt ihnen auch allerlei Schädliches, etwa dass sie Milch verderben ließen. Daher heißen sie im Englischen auch ‚butterflies‘ (Butterfliegen).
Und was wir nicht verstehen, macht uns Angst. Erst im 17. Jahrhundert erforschte Maria Sibylla Merian, wie genau aus Eiern Raupen werden, die sich zu Puppen verspinnen, um dann als schöne Falter aufzuerstehen.
„Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du‘s uns so lieblich gehen auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnenSchlosse werden“ reimte Paul Gerhardt.
Ich halte mich beim Wandern erst mal an das, was ich vor Augen habe und staune über das, was Gott für mich bereitet hat.
In einem alten Naturkundebuch schreibt Johann Heinrich Zedler vor 300 Jahren: „Ja, es ist kein Wurm so abscheulich und so geringe in unseren Augen, der uns nicht, wenn wir nur die gehörige Aufmercksamkeit daran wenden wollten, von der Weißheit des großen Baumeisters Himmels und der Erden völlig überzeugete“.
Wenn ich einen Schmetterling entdecke, denke ich auch darüber nach, dass vor gar nicht so langer Zeit die Menschen sich nicht vorstellen konnten, dass aus einer hässlichen Raupe oder gar einer scheinbar toten Puppe etwas so Betörendes wie ein Schmetterling entsteht.
Nach einer solchen Beobachtung gehe ich dann mit neuem Schwung weiter.
„Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen.“
Ich wünsche Ihnen nicht nur Schmetterlinge im Bauch, wenn sie jetzt Fußball gucken, sondern auch Schmetterlinge in der Natur, wenn das Spiel aus ist.
Martin Funda, Pfarrer
der Ev. Kirchengemeinde
Niedersprockhövel

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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