Bedarf an Pflegefamilien steigt

Petra Patschkowski und Yvonne Janssen vom Jugendamt stehen mit Rat und Tat zur Seite, wenn es darum geht, interessierte Bewerber zu informieren und Familien, die sich für ihre Kinder Betreuung wünschen, bei den Möglichkeiten zu beraten. Foto: Kamphorst
  • Petra Patschkowski und Yvonne Janssen vom Jugendamt stehen mit Rat und Tat zur Seite, wenn es darum geht, interessierte Bewerber zu informieren und Familien, die sich für ihre Kinder Betreuung wünschen, bei den Möglichkeiten zu beraten. Foto: Kamphorst
  • hochgeladen von Roland Römer

(von Cay Kamphorst)

Wenn Kinder im eigenen Zuhause nicht mehr wohnen können, weil die familiäre Situation zu schwierig geworden ist, können sie in Pflegefamilien wieder ein liebevolles und geregeltes Leben führen. Bei der Vermittlung hilft das Jugendamt, das mit viel Einfühlungsvermögen und Engagement versucht, den Kindern den Wechsel so leicht wie möglich zu machen.

Das Hattinger Jugendamt macht es sich nicht leicht, wenn es um die Vermittlung von Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen geht.
„Das ‚Matching‘ muss passen. Das Profil der Pflegeeltern muss mit den Bedürfnissen des Kindes übereinstimmen. Es geht nicht darum, für Eltern ein Kind zu finden, sondern das Kind in eine passende Familie zu vermitteln. Da spielen auch soziale und religiöse Hintergründe eine Rolle. Ebenso wichtig ist die gegenseitige Sympathie zwischen Zukunftsfamilie und Kind. Das entscheidet sich in den meisten Fällen schon beim ersten Treffen“, erklärt Petra Patschkowski ihre Tätigkeit im Fachbereich Jugend.
Gründe für eine vorübergehende oder dauerhafte Unterbringung können Suchterkrankungen der Eltern, Defizite in der Versorgung, Verwahrlosung, Gewalt oder Missbrauch sein. „In den letzten Jahren zeigt sich ein erhöhter Bedarf an Pflegefamilien, da es einen Anstieg an chronischen oder psychischen Erkrankungen in den Herkunftsfamilien gibt. Aus diesem Grund wächst auch der Bedarf an Bereitschaftspflege,“ sagt Petra Patschkowski.
Familien der Bereitschaftspflege stehen quasi Tag und Nacht zur Verfügung, um ein Kind aus einer akuten Notsituation aufnehmen zu können. Hierbei handelt es sich eher um kurzzeitige Pflege, die sich im Zeitraum von zwei Wochen bis zu über einem Jahr bewegen kann.
Petra Patschkowski: „Zur Zeit haben wir sieben Bereitschaftspflegefamilien, in denen sechs Kinder untergebracht sind. Da der Bedarf steigt, benötigen wir dringend weitere Personen, die im Notfall Kinder aufnehmen können.“
Allerdings sind die persönlichen Anforderungen, gerade für die Bereitschaftspflege, sehr hoch. „Diese Eltern haben einfach ein sehr großes Herz. Denn wenn die Akutsituation eintrifft und ein Kind umgehend untergebracht werden muss, telefoniere ich rund und frage, wer gerade die Möglichkeit hat, dieses Kind unmittelbar aufzunehmen. Oft haben die Kinder weder Spielzeug noch Kleidung dabei. Es gibt Situationen, in denen mehr als ein Kind aus einer Familie vermittelt werden müssen und unsere Bereitschaftspflegeeltern nehmen sie auf. Die Zusammenarbeit klappt wunderbar und darüber sind wir sehr glücklich.“
Im Gegensatz zur regulären Vermittlung wisse sie oft erstmal nichts über die familiären Hintergründe der Kinder, was diese bereits erlebt haben und wie deren Eltern mit der Situation umgehen. Darum sei die akute Unterbringung auch vorerst eine „Inkognitopflege“, um die Kinder zu schützen. Erst nach und nach bilde sich ein klares Bild darüber, welche persönliche Problematik auf der Seele des Kindes laste und es könne besser verstanden werden.
Anfangs wissen die Pflegeeltern nicht, was auf sie zukomme und welches Verhalten das Kind an den Tag legen werde: „Bereitschaftspflege fordert ein hohes Maß an Belastbarkeit, Flexibilität, Empathie und die Eltern müssen ein ausgewogenes Verhältnis aus Nähe und Distanz wahren können. Denn es soll natürlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen. Dennoch müssen sie sich bewusst sein, dass dieses nur auf Zeit ist und die Kinder gegebenenfalls auch nach über einem Jahr wieder zurück in ihre ,richtigen‘ Familien gehen.“
Um ein Kind in Pflege nehmen zu können, müssen Bewerber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Der Altersabstand zwischen dem Kind und der Pflegeperson sollte mindestens 25 und maximal 40 Jahre betragen. Die Bewerber müssen ihren Lebensunterhalt selbst sicherstellen können und im Fall der Aufnahme eines Kindes die berufliche Tätigkeit entsprechend anpassen. Beispielsweise bei einem Kindergarten- oder Schulkind halbtags arbeiten gehen.
Aber nicht nur Ehepaare werden in das Bewerbungsverfahren aufgenommen. Auch Singles, Alleinerziehende oder gleichgeschlechtliche Paare bekommen die Möglichkeit sich zu bewerben und haben die Chance, eine Pflegschaft zu übernehmen.
Bewerber müssen sich im Klaren sein, dass ein Pflegekind immer mehr oder weniger große Probleme hat, die belastend sind. Insofern sollte man psychisch und physisch solchen Situationen langfristig gewachsen sein.
„Eine positive Lebenseinstellung, Humor, ein stabiles Familienleben und ein gutes soziales Umfeld sind sehr wichtig. Vor einer Vermittlung stehen viele Gespräche an. Die Bewerber müssen vollständig darüber aufgeklärt werden, was auf sie zukommt und worauf sie sich einlassen, im positiven, wie negativen Sinne. Wenn Bewerber dann geeignet sind, erhalten sie entsprechende Schulungen und Beratungen zur Vorbereitung auf die Zeit mit dem Pflegekind. Ein gutes, fast vertrauliches Verhältnis sollte im Idealfall zwischen dem Jugendamt und den Pflegeeltern herrschen, um auch bei sämtlichen Problemen helfen zu können. Wir stehen mit Rat und Tat zur Seite und kommen auch noch nach Feierabend vorbei, wenn es Schwierigkeiten gibt.“
Auch den leiblichen Eltern gegenüber muss Kooperationsbereitschaft vorliegen, sofern diese den Kontakt zu ihrem Kind wünschen und das Jugendamt keine Einwände hat. Das Kind und sein Wohl stehen im Mittelpunkt, so dass es sehr wichtig ist, dass Herkunfts- und Pflegefamilie positiven Kontakt pflegen. So erfährt die Betreuungsperson viel über die Hintergründe des Kindes, was das Verstehen vereinfacht.
Zur Zeit befinden sich 45 Pflegekinder in 39 Betreuungsfamilien. Neben den sieben Bereitschaftspflegeplätzen gibt es sechs speziell geschulte Pflegestellen, die für sehr problematische Kinder gedacht sind.
Obwohl die Liebe zu den Kindern im Vordergrund steht, sind Kinder auch immer eine finanzielle Belastung. Aus diesem Grund erhalten Betreuungspersonen feste Pflegesätze, die dieses Defizit auffangen sollen. Die Höhe der Aufwandsentschädigung hängt unter anderem vom Alter der Kinder ab und um die Art der Pflegschaft handelt.
Interessenten können sich melden im Fachbereich Jugend bei Petra Patschkowski ( 204-4221, Juliane Lubisch ( 204-4232, oder Yvonne Janssen ( 204-4220.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.