10. Symposium - Lunge - Cortison - Nutzen, Notwendigkeit und Nebenwirkungen
Welchen Nutzen Cortison hat und wie sich unerwünschte Nebenwirkungen verhindern lassen, wird Dr. med. Urte Sommerwerck, Leitende Oberärztin in der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin am Helios-Klinikum Wuppertal, in ihrem Vortrag auf dem 10. Symposium Lunge am 2. September 2017 erläutern.
Cortison hat im Körper viele Aufgaben: Es mobilisiert Energiereserven und bewirkt den Abbau von Eiweiß. Dadurch kommt es zur Blutzuckersteigerung und zur Fettfreisetzung. Cortison sichert die Herzkreislauffunktion und steuert den Wasserelektrolythaushalt. Die Zellteilung wird verlangsamt und allgemein werden immunologische und allergische Prozesse unterdrückt.
Sehr segensreich kann die Therapie mit Cortison bei durch Krebstherapiemittel ausgelöstem Erbrechen sein. Auch bei durch Metastasen bedingtem Hirnödem entfaltet sich eine große Wirkung. Grundsätzlich können alle entzündlichen Erkrankungen im Körper mit Cortison behandelt werden. Dazu gehören z. B. Rheuma, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, eine Leber- oder Nierenentzündung, Multiple Sklerose oder Gefäßentzündungen. Im Bereich der Lunge ist der Einsatz von Cortison vor allem bei Asthma bronchiale oder COPD gebräuchlich. Nach Lungentransplantation ist eine Immunsuppression ohne Cortison undenkbar. Cortison kann allerdings keine Krankheit heilen, es bessert nur die aktuelle Situation einer Erkrankung. Nach Abklingen der Entzündung bzw. der Symptome muss die Therapie mit anderen Medikamenten fortgesetzt werden.
Die Wirkung von äußerlich zugeführtem Cortison setzt erst 15 Minuten bis einige Tage nach der Einnahme ein, weil Cortison ein Hormon ist, das im Körper verschiedene Vorgänge aktiviert. In der Regel werden pro Tag 8-25 mg Cortisol von der Nebennierenrinde (NNR) ausgeschüttet, bei Stress bis zu 300 mg. Die hormonelle Steuerung erfolgt über einen Regelkreis der NNR mit dem Hypothalamus im Gehirn und der Hirnanhangdrüse. Bei externer Cortisonzufuhr wird dieser Regelkreis unterdrückt und der Körper kann nicht sofort wieder das körpereigene Cortisol in ausreichender Menge zur Verfügung stellen. Deshalb sollte bei längerem Cortisongebrauch über 5-10 mg/Tag eine nur sehr langsame Verringerung der Dosis (sog. Ausschleichen) erfolgen. Trotzdem sollte auf lange Sicht angestrebt werden, das Cortison komplett abzusetzen.
Cortison kann sowohl lokal als auch systemisch (über Tabletten oder intravenös) eingesetzt werden. Vom Hautarzt kennen Sie die Salben bei Entzündungen der Haut. Bei den Lungenerkrankungen stehen die Inhalativa im Vordergrund. Bei normaler Dosierung kommt es dabei nicht zu systemischen (d.h. den gesamten Körper betreffenden) Nebenwirkungen, allerdings sollte nach Inhalation immer der Mund ausgespült werden oder die Zähne geputzt werden.
Bei längerer Behandlung können systemische Nebenwirkungen, die sich auf den gesamten Körper auswirken, aber auftreten. Dazu gehört das Cushing-Syndrom mit Vollmondgesicht, Stiernacken, Gesichtsrötung und brüchigen Hautfalten. Weiterhin kann es zu einem Blutdruckanstieg und zu einer Erhöhung der Blutfette kommen. Durch den Blutzuckeranstieg kann sich eine Zuckerkrankheit entwickeln. Auch eine Gewichtszunahme wird von vielen Patienten beklagt - Ursache ist meist ein deutlicher Heißhunger unter Cortisoneinnahme. Es kommt zu Wassereinlagerungen ins Gewebe, erhöhter Infektanfälligkeit und einer zunehmenden Knochenschwäche (Osteoporose), die bei längerer Einnahme von Cortison unbedingt mit Kalzium und Vitamin D behandelt werden sollte.
Der Teufelskreis der Immobilität entwickelt sich z.B. bei COPD-Patienten aufgrund einer durch Cortison bedingten Muskelschwäche insbesondere der Arme und Beine (Extremitäten). Zudem bildet sich eine Pergamenthaut aus mit punktförmigen Einblutungen ins Gewebe (petechiale Einblutungen).
Um den Teufelskreis zunehmender Immobilität erst gar nicht entstehen zu lassen, sollte Cortison nur kurzfristig hochdosiert, langfristig niedrigdosiert und dann ausgeschlichen werden.
Patienten können einiges dazu beitragen, um Nebenwirkungen einzudämmen: Zum Beispiel in Bewegung bleiben! Dazu bieten sich Lungensportgruppen an. Aber auch ein täglicher Spaziergang kann helfen. Beenden Sie außerdem das Rauchen und schränken Sie den Alkoholkonsum ein. Zur Vorbeugung von Knochenschwäche (Osteoporose) empfiehlt sich neben der Bewegung die Aufnahme von Milchprodukten sowie eine Kalzium-/Vitamin D-Substitution, gegebenenfalls auch die Gabe von Knochenaufbaustoffe (Bisphosphonaten). Außerdem empfiehlt sich eine ausgewogene Ernährung.
Wenn Sie regelmäßig Cortison einnehmen müssen, sollten Sie sich auch regelmäßig eine ärztliche Kontrolle wahrnehmen. Ihr Hausarzt kann die meisten einfachen Untersuchungen durchführen. Wichtig ist, dass Sie einen Ansprechpartner haben, der Sie kennt und Veränderungen und die von Ihnen geschilderte Symptome (wie z.B. Rückenschmerzen, Infektneigung) berücksichtigen kann.
Passend zu diesem Thema hat der COPD Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit der Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland den Patientenratgeber mit dem Titel: Cortison - Wundermittel oder Teufelszeug? herausgegeben, den Sie im Ausstellungszelt 3 am Stand 1 kostenlos erhalten.
Quelle: Vortrag von Dr. med. Urte Sommerwerck, Leitende Oberärztin in der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin am Helios-Klinikum Wuppertal, auf dem 10. Symposium Lunge am Samstag, den 2. September 2017 von 9:00-17:00 Uhr in Hattingen (NRW).
Anfragen bezüglich des Symposiums richten Sie bitte an:
Organisationsbüro Symposium-Lunge
Jens Lingemann
symposium-org@copd-deutschland.de
Telefon: 02324 - 999 959
Alle Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier: https://goo.gl/otmIEi
Ein kostenloses Programmheft können Sie hier bestellen: https://goo.gl/M6dGWo
Autor:Jens Lingemann aus Hattingen |
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