Stadt Hattingen kündigt "Kick"-Räumlichkeiten - Ehrenamtliche empört

Inge Berger und der Mitarbeiter-Konferenz von „Kick – Hattinger im Unruhestand“ ist nach der Kündigung der Räumlichkeiten an der Augustastraße 11 inzwischen das Lachen vergangen.   Foto: Archiv
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  • Inge Berger und der Mitarbeiter-Konferenz von „Kick – Hattinger im Unruhestand“ ist nach der Kündigung der Räumlichkeiten an der Augustastraße 11 inzwischen das Lachen vergangen. Foto: Archiv
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Die Würfel sind gefallen. Leidtragende sind „Kick – Hattinger im (Un-)Ruhestand“ und seine nach eigener Aussage jährlich bis zu 6.000 Besucher an der Augustastraße 11. Denn die Stadt hat fristgerecht den Mietvertrag für die Räumlichkeiten der Einrichtung zum 31. Januar 2016 bei der St.-Georgs-Kirchengemeinde gekündigt.

Dazu liegt dem STADTSPIEGEL eine schriftliche Stellungnahme von Kick-Sprecherin Inge Berger und der Mitarbeiter-Konferenz vor:
„Wie wir von der St.Georgs-Kirchengemeinde erfahren haben, hat die Stadtverwaltung den Mietvertrag über die Kick-Räumlichkeiten, Augustastraße 11, bei der Kirchengemeinde gekündigt. Damit kam sie einem Ratsbeschluss vom Frühjahr 2014 nach, wonach Anmietungen der Stadt im Jahresvolumen von 192.000 Euro aufgegeben werden sollten. Kick war mit rund 8.000 Euro in der Liste die mit Abstand kleinste Einzelsumme.
Bis zum 3. August hat uns die Stadtverwaltung über die Kündigung per 31. Januar 2016 nicht informiert. Dieses Verhalten zeigt Arroganz und Unvermögen der Stadtverwaltung im Umgang mit Ehrenamtlichen.
Die knapp 30 Mitarbeiter/innen haben seit über 15 Jahren im städtischen Treff für Hattinger im Unruhestand ein attraktives Programm für Hattinger 60plus angeboten.

"Umzug ins Holschentor kommt nicht infrage"

Im Januar 2014, Monate vor dem Ratsbeschluss, hat Kick der Verwaltung und den Ratsparteien mitgeteilt, dass ein Umzug ins Holschentor nicht infrage kommt. Weil uns die bisherige, erfolgreiche Arbeit in der abseitigen Citylage Holschentor in gleicher Form nicht möglich erscheint.
Es erging eine Einladung zum Gespräch an die Stadt. Der Verwaltung war es nicht möglich, an einem der inzwischen 15 Montage in die Mitarbeiterrunde zu kommen. Auch Ratsvertreter ließen sich nicht blicken. Für uns ein weiterer Beweis, welchen Stellenwert ehrenamtliches Engagement in Hattingen hat.
Beide Bürgermeisterkandidaten haben gegenüber Kick versichert, nach einer Lösung suchen zu wollen. Darauf vertrauen wir.
Bis zum Jahresende wird Kick die bisherige Arbeit in gewohnter Qualität fortsetzen, wie es die Mitarbeiter von Anfang an und erneut am 3. August einmütig beschlossen haben. Damit geht der Wunsch einher, dass die Hattinger Senioren das Angebot (aus)nutzen möchten.“
Dem STADTSPIEGEL gegenüber unterstrich Inge Berger noch einmal: „Wir gehen nicht ans Holschentor. Aber bis zuletzt werden wir in diesem vermutlich letzten und 14. Jahr unseres Bestehens weiterhin ein möglichst attraktives und kostengünstiges Programm allen Hattinger Senioren am Standort Augustastraße 11 anbieten.“
Kick sei jetzt auf der Suche nach Sponsoren. Inge Berger: „Kirchengemeinde und Kick möchten sich nicht trennen, aber leider benötigt die Gemeinde die Miete für unsere Räume. Wir sind uns einig darin, dass wir hier gewünschte Quartiersarbeit leisten im Zusammenspiel mit verschiedenen Vereinen und Verbänden.“

Bürgermeisterin Goch: Habe ,Kick‘ inständig um Gespräche gebeten

Auf STADTSPIEGEL-Nachfrage meint Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch zu den Vorwürfen: „Selbstverständlich kündigen wir ein Mietverhältnis beim Vermieter und nicht bei den Mietern, also in diesem Falle ,Kick‘. Daher stimmt schon der Vorwurf der Arroganz und dem Unvermögen überhaupt nicht. Vielmehr habe ich ,Kick‘ inständig um Gespräche gebeten. Wir haben ihnen Termine vormittags und nachmittags vorgeschlagen. Im letzten meiner beiden Schreiben an ,Kick‘ habe ich dann mitgeteilt, wenn ,Kick‘ einen Gesprächstermin nicht wahrnehmen würde, dann erfolge die Kündigung. Und so ist es geschehen.“
Und weiter führt die erste Bürgerin der Stadt aus: „Ich habe ,Kick‘ auch geschrieben, dass sich jeden Montagmorgen bei mir der Verwaltungsvorstand trifft. Da kann ich einfach nicht. Aber wenn ich doch ein ernsthaftes Interesse an einem Gespräch hätte, dann hätte sich sicher seitens, Kick‘ ein Termin dafür finden lassen.“
Deutlich sagt Dagmar Goch im Gespräch mit dem STADTSPIEGEL: „Ich mag ,Kick‘ und ich mag Frau Berger. Sie ist der Motor dafür, die Stadt seniorengerecht zu machen. Aber ich finde es nicht richtig und es ist nicht in Ordnung, wenn von dort aus der Schwarze Peter an die Stadt gegeben wird, wenn ich selbst als ,Kick‘ bestimmte Dinge nicht mache.“

",Kick' wäre Gewinn fürs Holschentor"

Die Bürgermeisterin erinnert daran, dass die Idee für ein Bürgerhaus ja eigentlich durch „Kick“ geboren worden sei: „Was für ein Gewinn wäre es für das Zentrum für Bürgerschaftliches Engagement am Holschentor, wenn ,Kick‘ dort ebenfalls mit einzöge. So ist das einfach nur schade. Ich war immer stolz darauf, was ,Kick‘ in unserer Stadt los gemacht hat, habe für den Umzug ins Holschentor geworben, aber sie wollen einfach nicht.“
Nicht vorstellen kann sich Dagmar Goch, dass der Ratsbeschluss von 2014, der jetzt zur Kündigung des Mietverhältnis führte, noch einmal durch die Politik zu Gunsten von „Kick“ geändert wird: „Am Sachverhalt hat sich ja nichts geändert. Die Stadt muss nach wie vor sparen.“

Hintergrund-Infos: „Kick - Hattinger im Unruhestand“
 „Kick“ eröffnete am 21. März 2000 in den Räumlichkeiten an der Augustastraße 11.
 Zielsetzung damals wie heute: Gemeinschaft erfahren, dem Alltag Interessantes abgewinnen, sich für andere einsetzen, dem Leben Qualität geben, Hobbys einbringen und realisieren.
 „Kick“ ist für jeden offen. Es gibt keinen Beitrag, keine Verpflichtung und letztlich auch keinen Verein.
 „Kick“ wird von Senioren im Ehrenamt geführt.
 Die Stadt zahlt bislang die Miete und übernimmt Büro-Material. Weitere Ausgaben werden gedeckt durch je 50 Cent für Getränke, Veranstaltungsteilnahme und mehr.
 Vormittags ist für die Koordination ein ständiger Ansprechpartner vonnöten. Seit Jahren helfen Job-Agentur und HAZ im halbjährlichen Wechsel vormittags mit Langzeitarbeitslosen aus.

Inge Berger und der Mitarbeiter-Konferenz von „Kick – Hattinger im Unruhestand“ ist nach der Kündigung der Räumlichkeiten an der Augustastraße 11 inzwischen das Lachen vergangen.   Foto: Archiv
Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch wehrt sich energisch gegen die Vorwürfe von „Kick“ wegen angeblich mangelnder Gesprächsbereitschaft und fehlender Wertschätzung.
 Foto: Archiv
Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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