Sprockhövel will nicht nur Grüngürtel sein
Wer hoch steht, kann tief fallen. Das ist zwar etwas dramatisch ausgedrückt, aber die hohen Gewerbesteuereinnahmen konnte Sprockhövel in 2010 nicht halten. Die Wirtschaftskrise hat sich schon bemerkbar gemacht.
Die hohen Gewerbesteuereinnahmen in 2009 – Sprockhövel liegt damit an zweiter Stelle im Kreis nach Ennepetal – haben sich in 2010 nicht fortsetzen können. Von 12,1 Millionen ging es runter auf 10,5 Millionen. „Wir haben einen Investitionsmarkt und deshalb unterliegen wir zeitverzögert einigen Schwankungen“, so Bürgermeister Dr. Klaus Walterscheid. „Während bei vielen Betrieben die Krise schon in 2009 durchschlug, standen wir noch gut da. Doch in diesem Jahr war es damit vorbei. Positiv ist aber, dass wir dadurch auch weniger Kreisumlage bezahlen müssen. Doch wir rechnen damit, dass sich die Gewerbesteuer wieder erholen wird und dann müssen wir 2012 natürlich auch wieder mehr Kreisumlage bezahlen.“
Als Einzelhandelsstandort sieht der Bürgermeister dunkle Wolken am Horizont. Nicht zuletzt hängt dies mit einer geplanten Ansiedlung von Ikea zusammen. Wo noch heute auf Wuppertaler Stadtgebiet die Fertighausausstellung zu sehen ist, soll sich nach Ablauf des Mietvertrages in zwei Jahren Ikea zusammen mit einem Homepark-Bereich ansiedeln. Geht es nach dem Willen der Wuppertaler, ist eine Fläche von 50.000 Quadratmeter vorgesehen, die zur Hälfte von Ikea, zur anderen Hälfte vom Homepark genutzt wird. Hinter dem letztgenannten Begriff verbergen sich verschiedene Fachgeschäfte mit Angeboten beispielsweise in Sportkleidung, Porzellan und Wohnaccessoires.
Außerdem richtet die Stadtspitzte den Blick auch nach Remscheid, wo auf 180.000 Quadratmetern ein Outlet-Center entstehen soll. „Diese Projekte liegen alle in Autobahn-Nähe und der EN-Kreis ist davon sehr stark betroffen. Das hat der Kreis im Verbund mit allen Städten auch so bekundet. Neben den Sorgen der Verödung der Innenstädte habe ich vor allem Sorgen um die Verkehrsentwicklung. In Haßlinghausen fahren täglich 12.000 Fahrzeuge durch die Mittelstraße. Ikea rechnet allein mit einem täglichen Fahrzeugaufkommen von 16.000 Fahrzeugen. Wenn nur ein Teil von ihnen durch die Mittelstraße fährt, haben wir hier massive Probleme. Wir wünschen uns, in jedem Fall frühzeitig in die Planungen eingebunden zu werden. In Wuppertal muss man noch die Verträglichkeit des Projektes nachweisen und es gibt auch noch keine Gutachten über die Käuferentwicklungen. Aber wir wollen hier ein Wort mitreden und nicht nur das Projekt abnicken.“
Grundsätzlich sei man der Auffassung, dass der Branchenmix in Sprockhövel gut sei. „Wir haben keine langen Leerstände“, so Detlef Merken. Man bemühe sich stets um Verbesserungen, beispielsweise am ehemaligen Sportplatz am Rathaus. „Hier entstehen 20 bis 25 barrierefreie Wohnungen und eine Nahversorgung von Lebensmitteln“, erklärt Beigeordneter Bernd Woldt. Man gehe nach derzeitigem Stand davon aus, dass im Frühjahr mit dem Bau begonnen werden könne. Auch in Niedersprockhövel sollen barrierefreie Wohnungen kommen. Sie sollen auf der von-Galen-Wiese auf dem Grundstück der ehemaligen Schule entstehen. Dazu werden aber noch Bodengutachten benötigt, weil der Keller der Schule seinerzeit nur verfüllt und nicht abgetragen wurde.
„Das Potential der Außendarstellung in unserem Einzelhandel ist allerdings bei weitem nicht ausgeschöpft“, meint der Bürgermeister. Damit spielt er an auf das geringe Interesse der Händler beim Schaufensterwettbewerb vom Marketingverein, der in diesem Jahr mangels Masse abgesagt werden musste. Aber auch die Probleme in den Werbegemeinschaften und die Schwierigkeiten, Funktionen mit Händlern zu besetzen, gehören dazu. „Wenn die Diskussion um Ikea dazu führt, auch den eigenen Standort kritisch zu hinterfragen, dann haben wir doch noch etwas Positives gewonnen.“
Bei den Gewerbeflächen sieht man Handlungsbedarf. „Größere Flächen haben wir nicht mehr. 27.000 Quadratmeter gibt es noch in der Stefansbecke und 12.000 Quadratmeter im Engelsfeld. Wir hoffen aber auch auf interkommunale Gewerbeflächen, die von mehreren Städten gleichzeitig erschlossen werden können. „Bisher war die Bezirksregierung Träger der Regionalplanung, jetzt ist der Regionalverband Ruhrgebiet. Wir hoffen, dass wir diesen von der Sichtweise überzeugen können. Schließlich haben wir 200 Jahre Erfahrung mit Gewerbe und wollen dies auch einbringen. Wir möchten nicht nur ein Grüngürtel für die Ballungsräume sein“, so der Bürgermeister. Diese Überzeugung müsse man an geeigneter Stelle erarbeiten.
Zur Zukunft einiger anderer Projekte – beispielsweise Grundschule Nord, Stadtbücherei, Verwaltungsnebenstelle, Sedus-Stoll-Gelände mit Zeche Alte Haase – will sich die Stadtspitze nicht äußern. Zu unsicher seien hier die Entwicklungen, da könne man nicht sagen, was 2011 bringen werde. Wer aber, so die Wirtschaftsförderung, über freie Immobilien verfüge, der könne sich gern der Hilfe der Stadt bedienen.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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