Serie Integration: Zum Schluß ein Gespräch mit Frank Staacken

(von Cay Kamphorst) Unsere Serie über Migranten in Hattingen neigt sich dem Ende. Zum Abschluss hat der STADTSPIEGEL ein Gespräch mit Frank Staacken, Gründungsmitglied und einer der Vorsitzenden des VFA, über seine Erfahrungen geführt.

Der Hattinger Frank Staacken ist Rechtsanwalt und 1984 Gründungsmitglied des VFA, Verein zur Förderung der Ausländerarbeit in Hattingen, zum Schluss auch Vorstandsmitglied. 2004 und 2009 wurde er von seiner Fraktion „Grüne/FWI“ in den Integrationsrat der Stadt Hattingen gesandt.
„Schade ist, dass der Integrationsrat der heutigen Generation, nicht mehr den Biss hat, etwas zu erreichen. Wenn von 13 Mitgliedern nur acht erscheinen, ist das ein Zeichen von mangelndem Interesse“, bedauert Frank Staacken die ungenutzten Möglichkeiten des Rats. „Es wäre viel mehr möglich, wenn jedes Mitglied sich entsprechend einsetzt.“ Frühere Mitglieder seien mit viel mehr Ehrgeiz und Enthusiasmus dabei gewesen und haben noch für die Rechte der Ausländer gekämpft.
Gibt es auch Migranten, die zurück in ihre Heimat gegangen sind? „Es gibt natürlich Migranten, die trotz Aufenthaltsgenehmigung, Niederlassungserlaubnis oder auch mit der deutschen Staatsangehörigkeit aus unterschiedlichen Gründen Deutschland wieder verlassen haben.“ Darüberhinaus gebe es noch eine ‚„freiwilligen Ausreise“, die aber eher „erzwungene Ausreise“ genannt werden müsse, von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis.
„Bevor Menschen in ihr Heimatland abgeschoben werden, bekommen sie die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise. Lehnen sie ab, werden sie abgeschoben. Da überlegt sich dann durchaus mancher Ausländer, ob hier wirklich alles so toll ist, ob er nicht doch Sehnsucht nach seiner Heimat und seiner Familie hat und lieber wieder dorthin zurück möchte.“
Eine freiwillige Ausreise bewirke, dass die Person wieder nach Deutschland einreisen dürfe. Unter günstigen Umständen erhalte sie auch finanzielle Unterstützung bei der Überführung ihres hier erworbenen Hausrats. „Wer abgeschoben wurde, erhält eine, vorerst zeitlich unbefristete, Einreisesperre. Auf Antrag, je nach persönlicher Situation und dem Grund der Abschiebung, kann diese auch befristet werden“, beschreibt der 56jährige die Nachteile einer Abschiebung. „Darüberhinaus darf der Abgeschobene auch erst wieder einreisen, wenn er sämtliche Kosten an Deutschland zurück gezahlt hat, die seine Abschiebung verursacht haben. Für viele bedeutet das schon, dass sie nie wieder nach Deutschland einreisen können, weil die Kosten sehr hoch sind und ihnen die Möglichkeit fehlt, sie jemals zurück zu zahlen. Ich kann jedem nur raten, das Land freiwillig zu verlassen und nicht auf die dann zwangsläufig folgende Abschiebung zu warten“, so Frank Staacken.
Die Integrationsarbeit in Hattingen könne besser sein, es fehle nach dem Verlust von Haus Burgeck ein Treffpunkt für ausländische Mitbürger, an dem sie sich austauschen und gemeinsam ihre Kulturen pflegen können. „Es gibt zur Zeit zu wenig Möglichkeiten, wo sich Migranten mit Landsleuten oder Menschen aus anderen Ländern treffen und austauschen können. Im Haus Burgeck gab es multikulturelle Feste, es wurde gemeinsam gekocht, die Heimatkultur konnte gepflegt werden und es gab Folkloregruppen. Die Menschen fühlten sich einfach wohl.“ Sprachkurse wurden angeboten und es habe ein eigenes Programmheft in verschiedenen Sprachausführungen gegeben.
Auch eine Bücherei habe es im Haus gegeben. Nicht groß, aber durchaus vielfältig in unterschiedlichen Sprachen und Genre, für Kinder und Erwachsene. „So können Migranten auch Bücher in ihrer eigenen Sprache lesen. Nach der Schließung von Haus Burgeck ging der Bestand in die städtische Bücherei.“
Haus Burgeck sei damals nur von der Stadt gekauft worden, weil der Plan für den Ausbau der B51 bereits stand. „Das Haus stand leer und so haben es die Migranten zur Verfügung gestellt bekommen. Nach dem Abriss fehlten aber die Gelder, um neue räumliche Möglichkeiten für Zusammenkünfte der Migranten zu finden. So ein Haus verursacht viele Kosten. Auch die Finanzierung des VfA wurde immer schwieriger“, beschreibt Frank Staacken den langsamen Untergang der Begegnungsstätte für Ausländer in Hattingen. „Nachdem Klaus Sager in Rente ging, wurde seine Vollzeitstelle auf eine Teilzeitstelle reduziert und so wurde nach und nach alles runtergefahren, bis ein Fortbestand des Vereins nicht mehr möglich war.“
Es sei aber durchaus heute noch möglich, eine neue Begegnungsstätte zu schaffen, die auch von den Migranten genutzt würde, meint Frank Staacken. „Die Qualität muss stimmen. Mit Folklore locken Sie heute niemanden mehr an. Aber mit anspruchsvollen Kursen oder dem Xenos-Projekt.“ (Anm. d. Red.: Das Bundesprogramm XENOS integriert Aktivitäten gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in arbeitsmarktbezogene Maßnahmen an der Schnittstelle zwischen (Berufs-)Schule, Ausbildung und Arbeitswelt. Abgeleitet vom altgriechischen xénos - der Fremde, der Gastfreund - steht der Name des Programms für Toleranz, Weltoffenheit und zivilgesellschaftliches Engagement.)
Eine rechte Szene gebe es aber in Hattingen nicht, sagt das Mitglied des Integrationsrats.
„Die NPD war zwar im letzten Hattinger Rat vertreten, hat aber gar nichts gebracht und ist inzwischen auch wieder raus.
Ansonsten haben wir hier aber keine rechten Aktivitäten.“ Trotzdem rät Frank Staacken: „Es ist sehr wichtig, stets ein waches Auge und offenes Ohr zu haben, was um uns herum passiert. Beispielsweise ist der Brand damals in der Unionstraße immer noch nicht endgültig aufgeklärt. So etwas darf nie wieder passieren!“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

11 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.