Martin Serres: Das Jahr 2014 war für die Hattinger Wirtschaft gut
(von Dr. Anja Pielorz)
Wirtschaftsförderer Martin Serres zieht wie in jedem Jahr eine Bilanz des letzten Jahres. In 2014 ist es vor allem die Standortsicherung der Firma Carraro an der Nierenhofer Straße, über die Serres sehr glücklich ist. Weniger erfreulich ist die geplante Anhebung der Gewerbesteuer und die Probleme bei der Verfügbarmachung weiterer Ansiedlungsflächen.
„Die Stadt musste einen großen Strukturwandel verkraften und ist heute wieder gut aufgestellt“, so Martin Serres. Dabei sei der Strukturwandel jedoch noch nicht abgeschlossen.
Selbstverständlich seien die Zahl der Arbeitsplätze auf dem Gelände der ehemaligen Henrichshütte mit seinerzeit 10.000 Plätzen nicht wieder zu erreichen. „Dort arbeiten heute rund 2.500 Menschen. Vor allem bei den klein- und mittelständischen Unternehmen sind wir dort gut aufgestellt.“
Das ehemalige Hüttengelände ist nahezu voll vermarktet. „Wir haben uns erfolgreich für den Flächenpool NRW beworben, um gemeinsam mit den Eigentümern und NRW.Urban nach geeigneten Nachfolgenutzungen aufgelassener oder untergenutzter Industrieflächen wie dem Rewe-Gelände oder dem O&K-Areal zu suchen. Beide Bereiche sollen neu geordnet werden.“
Das ehemalige Hüttengelände ist fast ausgereizt. „Wir haben uns dem Flächenpool NRW angeschlossen mit dem Ziel, Flächen zu vermarkten, die auch etwas schwieriger sind. Dazu gehören die Industrieflächen um das ehemalige Rewe-Zentralager und die Gebäude von Kone. Beide Bereiche sollen verkauft werden. Es freut mich sehr, dass es gelungen ist, die Firma Carraro hier zu halten. Sie hat andere Standorte geprüft, sich aber schließlich für die Investition in Hattingen entschieden und wird in 2015 die leergefallene Liegenschaft der Firma Quante/3M beziehen. Damit haben wir auch hier eine überzeugende Nachfolgenutzung geschaffen.“
Für das Jahr 2014 überwiegen die positiven Meldungen. Es herrsche eine hohe Investitionsbereitschaft bei den Unternehmen und die Beschäftigungssituation verbessere sich zunehmend.
"Auf dem Erreichten nicht ausruhen"
„Wir dürfen uns aber auf dem Erreichten nicht ausruhen, auch wenn der Gewerbe- und Landschaftspark als Standort nahezu vollgelaufen sei. Wir benötigen neben der Nutzbarmachung der Altflächen dringend weitere Ansiedlungsoptionen Schon heute können wir die Nachfrage nicht mehr passgenau bedienen. In 2012 hat die Politik die Grundsatzentscheidung zur Entwicklung weiterer Flächen getroffen, beispielsweise im Entwicklungsbereich Holthausen-West.“
Deshalb müsse man auch die Entwicklung der Gewerbesteuer aufmerksam beobachten. „Hattingen liegt mit der geplanten Anhebung auf 510 Prozentpunkte nicht nur im Vergleich zu den relevanten Nachbarstädten, sondern auch im Landesvergleich in der Spitzengruppe. Natürlich ist die Gewerbesteuer nicht das einzige Kriterium, welches ein Unternehmen vor die Frage des Gehens oder Bleibens stellt. Aber sie ist wichtig im Hinblick auf Investitionen, die ein Unternehmen tätigt. Als Stärkungspaktgemeinde können wir die Steuersätze nicht so frei bestimmen, wie es angeraten wäre. Die Stadt Monheim beispielsweise hat nur einen Gewerbesteuerhebesatz von 285 Prozentpunkten. Das ist schon etwas anderes. Wir müssten uns fachwissenschaftlich betrachtet niedriger als 480 Prozentpunkte bewegen, denn das ist der Essener Wert. Und die Unternehmen schauen schon ins Umland, wie es in anderen Städten aussieht. Hinzu kommt, dass der Hebesatz eine kaum planbare Größe darstellt. Was unter dem Strich als Ergebnis stehen wird, weiß man erst viel später.“
Neben Carraro ist es auch der Bau des Gebäudes der TÜV Holding auf dem ehemaligen Hüttengelände, welches Serres positiv bewertet. „Dort werden Seminare und Schulungen stattfinden. Dazu kommen Menschen nach Hattingen, die unsere Stadt vorher vielleicht gar nicht kannten. Das ist auch positiv für Handel und Gastronomie und für diejenigen, die Übernachtungsmöglichkeiten anbieten.“
Zum Standort Hattingen stehen
Positiv sieht Serres zudem viele Investitionen von Firmen, die dadurch uneingeschränkt zum Standort Hattingen stehen. „Das ist beispielsweise bei Halbach & Braun so, aber auch beim Schmiedestückvertrieb Feuerstein.“ Erfreut ist er über die angekündigte Rückkehr der „Air Products“-Verwaltung aus Bochum. Das Unternehmen will als Mieter in ihre ehemalige Büroimmobilie zurückziehen.
Zwar habe die Stadt wegen der Monostruktur zu Zeiten der Henrichshütte weniger Familienbetriebe als etwa Sprockhövel, aber Hattingen sei eine Stadt für Unternehmer: „Die Identifikation mit dem Standort zu fördern und nicht nach der Arbeit einfach nach Hause in eine andere Stadt zu fahren, das ist auch eine Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Wir möchten die Verbundenheit fördern, den Arbeitsgebern deutlich machen, dass ihre Firma nicht einfach nur in dieser Stadt eine Fläche nutzt, sondern dass ein Heimatgefühl entstehen soll. Dieses positive Gefühl schaffen wir zu vermitteln auch ohne besondere Infrastruktur wie einen direkten Autobahnanschluss.“
Für den Wirtschaftsförderer ist dies auch für die Zukunft wichtig. Gute Kontakte zu den Unternehmen, Gespräche vor Ort, das Zuhören und Besuche sind dabei wichtige Netzwerkfaktoren. „Hattingen ist aus meiner Sicht gut aufgestellt. Und in einer Zeit mit vielen negativen Schlagzeilen ist eine positive Meldung auch mal schön.“
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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