Kämmerer Rainer Kaschel: Katastrophale Finanzlage der Stadt Sprockhövel

Rainer Kaschel

Haushaltsrede des Stadtkämmerers Rainer Kaschel
zur Einbringung des Haushaltsplanes 2011
in der Sitzung des Rates der Stadt Sprockhövel
am 07.10.2010, 17.30 Uhr

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
verehrte Damen und Herren,
erstmalig in der Verantwortlichkeit des Kämmerers erlebe ich den Beginn
der alljährlichen Haushaltsberatungen im Rat der Stadt Sprockhövel.
Und ich würde mir natürlich wünschen, Ihnen mit der Einbringung des
Haushaltsplanes 2011 Zahlen liefern zu können, welche die anstehenden
Etatberatungen einfach und positiv gestalten könnten. Dies ist jedoch
nicht der Fall. Wie bereits in den vergangenen Jahren stellt sich die
Haushaltssituation Sprockhövels schlecht – um nicht zu sagen, katastrophal
– dar.
I. Vorbemerkung
1.
Die Haushaltssituation 2010 war von großen strukturellen Haushaltsproblemen
und den Auswirkungen der schwersten Rezession der deutschen
Volkswirtschaft nach dem 2. Weltkrieg geprägt. Die Krise ist
scheinbar überwunden, das Konjunkturbarometer zeigt nach oben. Ob
diese Entwicklung allerdings nachhaltig ist, vermag wohl keiner wirklich
abzuschätzen.
Während sich in anderen Städten die Gewerbesteuererträge in 2010
wieder deutlich erholt haben, lässt sich die Tendenz einer Stabilisierung
und positiven Entwicklung im Bereich der Stadt Sprockhövel erst im 3.
Quartal 2010 feststellen. Es wird daher noch längere Zeit dauern, bis die
Gewerbesteuererträge wieder an die wirklich guten Jahre 2007 und 2008
heranreichen werden.
Die dramatische finanzielle Lage der Stadt Sprockhövel wird auch im
Haushaltsplan 2011 und der weiteren mittelfristigen Finanzplanung deutlich.
Die Defizite werden zwar unter der bisherigen mittelfristigen Finanzplanung
liegen, aber gleichwohl noch – trotz verschiedener Maßnahmen
der Haushaltskonsolidierung – folgende Dimensionen erreichen:
2011: 4,4 Mio. EUR
2012: 4,3 Mio. EUR
2013: 2,3 Mio. EUR
2014: 0,9 Mio. EUR.
Das sind aufaddiert 11,8 Mio. EUR in vier Jahren.
Die bilanzielle Überschuldung der Stadt Sprockhövel wird voraussichtlich
im Jahr 2012 eintreten.
2.
Die Situation der drohenden Überschuldung trifft aber keineswegs allein
die Stadt Sprockhövel. Die Finanzlage vieler Städte und Gemeinden ist
katastrophal. Neben dem Wegbrechen von Steuereinnahmen im Bereich
der Gewerbe- und Einkommensteuer, belasten insbesondere die steigenden
sozialen Leistungen die kommunalen Haushalte.
Die Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen sind bundesweit in
nur 10 Jahren vom Jahr 1999 von 26 Milliarden Euro auf über 40 Milliarden
Euro in 2009 gestiegen.
Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind von dieser Entwicklung besonders
betroffen, da sie fast 30% der bundesweiten kommunalen Sozialausgaben
bei nur 23% der Einwohner tragen.
Die Städte erwarten von der eingesetzten Gemeindefinanzkommission
des Bundes eine spürbare Entlastung bei den Sozialausgaben und die
Gewissheit über die Zukunft der Gewerbesteuer. Etwaigen Versuchen,
die Gewerbesteuer durch andere unsichere Einnahmemöglichkeiten zu
ersetzen, stellen sich die kommunalen Spitzenverbände hierbei zu Recht
entgegen.
Aber: Weder auf die Gemeindefinanzkommission des Bundes und die
Bundesebene an sich, noch auf das Land würde ich im Hinblick auf die
Gesundung der kommunalen Finanzen allzu große Hoffnungen setzen –
unabhängig von jeglicher parteipolitischen Farbenlehre.
Denn nicht nur die Kommunalhaushalte, sondern eben auch der Bundesund
der Landeshaushalt befinden sich in mehr als dramatischen Zuständen.
Mir fehlt jegliche Phantasie, wie vor diesem Hintergrund eine wirklich
spürbare Verbesserung der Kommunalfinanzen erfolgen soll.
Und selbst wenn z.B. nennenswerte Hilfen gewährt werden sollten, was
auf Landesebene ja derzeit diskutiert wird – z.B. Stichwort „Entschul-
dungsfonds“ –, so bezweifle ich sehr, dass Sprockhövel hiervon einen
großen, wenn überhaupt einen, Nutzen haben könnte.
Ein Beispiel: Von den 300 Mio. EUR, die das Land in einem Sofortpaket
den Kommunen zur Verfügung stellen will, erhält die Stadt Sprockhövel,
welche aufgrund ihrer Steuerkraft trotz eines Nothaushaltes keine
Schlüsselzuweisung erhält, einen Betrag von rund 53.000 EUR im Rahmen
der Investitionspauschale. Das ist ein prozentualer Anteil von 0,018
% des Gesamtpaketes.
Ohne Frage: Hilfe von Bund und Land sind unabdingbar. Bund und Land
müssen die Kommunen wieder stärker aufgabengerecht mit Finanzmitteln
ausstatten oder Aufgaben streichen, die die Kommunen über Umlagen
mitfinanzieren.
Allein dies wird uns aber nicht retten! Dies sollten wir immer im Hinterkopf
haben.
Meine Damen und Herren,
nach diesen kurzen Vorbemerkungen möchte ich nun in der gebotenen
Kürze zu den Zahlen und Eckdaten des Haushaltes 2011 kommen.
II. Der Haushalt 2011 in Zahlen
1. Die Haushaltssatzung und das geplante Jahresergebnis
Der Haushalt der Stadt Sprockhövel schließt in der Ergebnisplanung mit
einem Fehlbetrag von 4,4 Mio. EUR. Den Gesamtaufwendungen in Höhe
von 49,5 Mio. EUR stehen lediglich Gesamterträge von 45,1 Mio. EUR
entgegen.
Im Finanzplan werden die Finanzströme in Form von Einzahlungen und
Auszahlungen abgebildet. Hierbei wird zwischen der konsumtiven und
der investiven Finanzplanung unterschieden. Bezüglich der Einzelheiten
verweise ich auf § 1 der Haushaltssatzung und möchte nur die Auszahlungen
aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit benennen, welche
sich auf 3,9 Mio. EUR belaufen gegenüber 4,7 Mio. EUR im Jahr
2010.
Der Planentwurf geht davon aus, dass sämtliche Investitionen ohne Kreditaufnahme
erfolgen können.
Für den Fall, dass es im Rahmen der Haushaltsberatungen im investiven
Bereich zu Veränderungen kommt, die eine Kreditaufnahme bedingen,
weise ich schon jetzt darauf hin, dass eine solche grundsätzlich seitens
der Kommunalaufsicht ausgeschlossen wird und lediglich in absoluten
Einzelfällen in Betracht kommt.
2. Erträge
a) Gewerbesteuer
Gegenüber dem Ansatz 2010 reduziert sich der Ertrag aus der Gewerbesteuer
um -5,40 % auf 11,610 Mio. EUR. Es wird im Haushaltsjahr
2010 mit einem Ergebnis von rd. 10,800 Mio. EUR gerechnet. Da sich
die Konjunktur im Laufe des Jahres 2010 deutlich erholt, wird der Ansatz
2011 gegenüber dem voraussichtlichen Ergebnis 2010 moderat um 7,5
% erhöht. Innerhalb der mittelfristigen Finanzplanung ist davon auszugehen,
dass die Gewerbesteuer etwa in dem Maße wieder zulegen wird,
wie sie ab 2007 zurück gegangen ist.
Diese Erwartung liegt für die Jahre 2012 und 2013 zwar etwa 2,5% über
den jüngst veröffentlichten Orientierungsdaten des Landes, ist jedoch
aus dem Umstand gerechtfertigt, dass auch die vorherigen Rückgänge
bei der Gewerbesteuer in den Jahren 2010 und 2011 in Sprockhövel
deutlich über den Orientierungsdaten liegen werden. Die Erfahrung lehrt,
dass nach drastischen Rückgängen bei der Gewerbesteuer in den Folgejahren
auch wieder deutliche Steigerungen eintreten.
b) Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird 2011 laut Steuerschätzung
aus Mai 2010, bestätigt durch die Orientierungsdaten, leicht
zurückgehen. Bei der Einkommensteuer wurden für das Haushaltsjahr
2011 Erträge in Höhe von 9,810 Mio. EUR veranschlagt, das entspricht
einem Rückgang gegenüber 2010 von -3,66 %.
c) Grundsteuer A und B
Der Ansatz der Grundsteuer A wird – bei unverändertem Hebesatz – im
Vergleich zum Vorjahr, aufgrund des unerwartenden Ergebnisses 2010,
leicht erhöht.
Das Haushaltssicherungskonzept sieht eine Hebesatzerhöhung bei der
Grundsteuer B von 420 v. H. auf 457 v. H. (inklusive des Anteils für die
Straßenreinigung von 22%) vor. Daraus ergeben sich im Vergleich zum
Vorjahr Mehreinnahmen in Höhe von rd. 325.000 EUR.
d) Zusammenfassung Ertragsseite Gesamtergebnisplan
Die Aufteilung der Erträge ist aus dem Tortendiagramm ersichtlich. Nach
den Steuern und ähnlichen Abgaben mit 27,9 Mio. EUR sind die öffentlich-
rechtlichen Leistungsentgelte mit 8,9 Mio. EUR die zweitgrößte Ertragsquelle.
Es folgen die sonst. Ordentlichen Erträge mit 4,0 Mio. EUR
und die Zuwendungen und allgemeinen Umlagen mit 2,4 Mio. EUR.
3. Aufwendungen
a) Personal- und Versorgungsaufwendungen
Die Aufwendungen 2011 gehen gegenüber dem Planansatz 2010 um
481 TEUR zurück.
Die Einsparungen sind unter anderem auf die im Haushaltssicherungskonzept
2011 aufgeführten Maßnahmen zurückzuführen. Eine nähere
Analyse wird Ihnen noch im Rahmen der Haushaltsberatungen in einer
gesonderten Vorlage zur Kenntnis gegeben.
b) Kreisumlage
Derzeit gibt es noch keine verbindlichen Hinweise auf die Höhe und Zusammensetzung
der Kreisumlage 2011. Im Referenzzeitraum 1.7.2009 -
30.6.2010 hat die Stadt Sprockhövel enorme Rückschläge bei der Gewerbesteuer
einstecken müssen. Daher wird angenommen, dass sich
dieser Effekt positiv auf die Höhe der Kreisumlage auswirken könnte.
Der Haushaltsplanentwurf geht trotzdem von einer Erhöhung der Kreisumlage
aus. Es wird unterstellt, dass der Kreis seine Mehraufwendungen
an die kreisangehörigen Städte weitergeben wird und es so insgesamt
zu einer Mehrbelastung aus der Kreisumlage kommt.
Somit wird der Ansatz 2011 gegenüber dem Haushaltsansatz 2010 (12,0
Mio. EUR) auf 12,05 Mio. EUR angehoben.
c) Zinsen
Trotz zunehmender Kreditbelastung sinken die Zinsaufwendungen aufgrund
des weiterhin niedrigen Zinsniveaus gegenüber dem Vorjahr um
rund 100 TEUR auf 2,4 Mio. EUR.
d) Zusammenfassung Aufwandseite Gesamtergebnisplan
Die Aufteilung der Aufwendungen ist aus dem Tortendiagramm ersichtlich.
Nach den Transferaufwendungen mit 21,1 Mio. EUR sind die Personalaufwendungen
mit 10,5 Mio. EUR die zweitgrößte Aufwandsposition,
gefolgt von den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen mit
8,1 Mio. EUR.
4. Investitionen
Bei einem geplanten Investitionsvolumen von 2,66 Mio. EUR sind im
Wesentlichen folgende Bereiche zu benennen:
- Abwasserbeseitigung: 920 TEUR
- Ausbau Bahnhofstr.: 550 TEUR
- Verbesserung Straßennetz: 350 TEUR
- Feuerwehr: 189 TEUR
- Erwerb von Straßen und Wegen: 110 TEUR
Im Rahmen der Aufstellung des Haushaltes mussten mehrere seitens
der Fachbereiche angemeldete investive Maßnahmen gekürzt oder gar
gestrichen werden, um eine Kreditaufnahme im investiven Bereich zu
verhindern.
Darüber hinaus kann das geplante Investitionsvolumen nur verwirklicht
werden, wenn im Jahr 2011 auch zwei Grundstücksverkäufe mit entsprechenden
Einzahlungen aus Investitionstätigkeit verwirklicht werden.
Es handelt sich hierbei um Grundstücksflächen an der von-Galen-Str.
und am Waldweg. Insgesamt sollen diesbezüglich Verkaufserlöse in
Höhe von 1,4 Mio. EUR erzielt werden.
Für die Beratungen des investiven Bereichs wird seitens der Verwaltung
noch eine detaillierte Übersicht erstellt, die den Mitgliedern des Rates in
den kommenden zwei Wochen zugehen wird.
III. Haushaltsausgleich / Mittelfristige Finanzplanung
Trotz Verbesserungen in der mittelfristigen Finanzplanung gegenüber
der bisherigen Planung kann ein Haushaltsausgleich bis zum Jahr 2014
nicht dargestellt werden.
Unter Berücksichtigung der Fehlbeträge der Jahre 2007 bis 2009 in
Höhe von insg. 7,6 Mio. EUR, des zu erwartenden Fehlbetrages im Jahr
2010 von ca. 6,0 Mio. EUR sowie der planerischen Fehlbeträge in den
Jahren 2011 ff. wird das städtische Eigenkapital voraussichtlich aufgezehrt
sein und die bilanzielle Überschuldung eintreten.
Diese bedrohliche Situation wird vermutlich nicht vermieden werden
können, auch wenn derzeit seitens der Verwaltung eine Prüfung erfolgt,
ob und wie eine Stärkung des Eigenkapitals erfolgen kann. Ergebnisse
dieser Prüfung werden voraussichtlich zu Jahresbeginn 2011 vorliegen.
Sofern die Überschuldung im Jahr 2012 (oder später) eintritt, muss die
mittelfristige Finanzplanung darauf ausgerichtet bleiben, frühest möglich
und nachhaltig Jahresüberschüsse zu erwirtschaften, die für den Aufbau
von Eigenkapital verwendet werden müssen. Nur so kann die finanzielle
Handlungsfähigkeit der Stadt Sprockhövel wieder hergestellt werden.
IV. Schuldenentwicklung
Die Entwicklung der städtischen Gesamtverschuldung in den Jahren
2001 bis 2014 ist mit einer Steigerung von 95,35% exorbitant. Während
die Gesamtverschuldung zum 01.10.2001 43,0 Mio. EUR betrug, wird sie
am 01.01.2011 den Betrag von 80,1 Mio. EUR erreichen und zum
01.01.2014 bei voraussichtlich 84,0 Mio. EUR liegen.
Bedingt durch die Haushaltslage und die damit verbundene eingeschränkte
Möglichkeit, investiv tätig zu ein, ist zwar der Anstieg der
langfristigen Schulden bei Kernverwaltung und ZGS gestoppt; diese
werden mittelfristig rückgängig sein.
Anders ist die Situation bei den Krediten zur Liquiditätssicherung, den
vormaligen „Kassenkrediten“: Diese belaufen sich aktuell auf rund 28,0
Mio. EUR. Hier ist aufgrund der defizitären Lage ein weiterer Anstieg auf
36,7 Mio. am 01.01.2014 zu erwarten.
V. Haushaltssicherung
Für das Jahr 2011 ist ein Haushaltsicherungskonzept verpflichtend aufzustellen,
da der Ansatz der allgemeinen Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden
Haushaltsjahren um jeweils mehr als 5 % verringert wird.
Der Entwurf des Haushaltssicherungskonzeptes der Stadt Sprockhövel
sieht einen Haushaltsausgleich im Jahr 2015 vor, also außerhalb des
Zeitraumes der mittelfristigen Planung, und ist somit nicht genehmigungsfähig.
Die Stadt Sprockhövel fällt somit in die dauerhafte vorläufige
Haushaltsführung gemäß § 82 GO NRW.
Das Haushaltssicherungskonzept 2011 baut auf dem Konzept des vergangenen
Jahres, welches durch 25 Maßnahmen für 2011 ein Konsolidierungsvolumen
in Höhe von 988 TEUR vorsah, auf.
Das neue Haushaltssicherungskonzept listet nunmehr 65 Maßnahmen
auf, welche ein Gesamtkonsolidierungsvolumen von 3,3 Mio. EUR in
2011 vorsehen.
Für die Folgejahre stellt sich das jährliche Konsolidierungspotenzial wie
folgt dar:
2012: 2,3 Mio. EUR
2013: 2,4 Mio. EUR
2014: 2,5 Mio. EUR
2015: 11,9 Mio. EUR
2016: 3,4 Mio. EUR
Das Gesamtkonsolidierungspotenzial des fortgeschriebenen Haushaltskonsolidierungskonzeptes
von 2010 bis 2016 beläuft sich mithin auf 24,2
Mio. EUR.
Bei der Fortschreibung wurden folgende Leitlinien zugrunde gelegt:
- Realistische Konsolidierungsmaßnahmen und -beträge
- Streuung der Maßnahmen über die Bereiche der Verwaltung
- Kein Kahlschlag der sozialen und kulturellen Infrastruktur
1. Realistische Konsolidierungsmaßnahmen und –beträge
Die im Sommer erarbeiteten Maßnahmen und die hieraus resultierenden
Beträge wurden nochmals einer kritischen Prüfung unterzogen. Hierbei
ergab sich, dass einige Maßnahmen nicht umsetzbar oder nicht wirt-
schaftlich umsetzbar sind. Gleichzeitig mussten einige Beträge angepasst
werden.
Auch bei der weiteren Fortschreibung des Konzeptes in den nächsten
Jahren halte ich diese Vorgehensweise für unverzichtbar. Denn nur eine
realistische und realisierbare Konsolidierungskonzeption kann in der
weiteren Umsetzung einen tatsächlichen Beitrag zur Wiederherstellung
der kommunalen Handlungsfähigkeit leisten.
2. Streuung der Maßnahmen über die Bereiche der Verwaltung
Es wurde Wert darauf gelegt, dass die Maßnahmen sich über alle Bereiche
der Verwaltung erstrecken und nicht einseitig, z.B. im Kultur- oder
den Tiefbaubereich, greifen, auch wenn die Volumen der verschiedenen
Bereiche selbstverständlich aufgrund der jeweiligen Aufgabenerfüllung
höchst unterschiedlich sind.
Durch diese Vorgehensweise kann eine hohe Akzeptanz der Sparbemühungen
innerhalb der Verwaltung erreicht werden. Ich würde mich
freuen, wenn Sie in Ihren anstehenden Beratungen auch diesen Aspekt
hinreichend würdigen und der Versuchung widerstehen, einzelne Maßnahmen
aus dem Gesamtpaket herauszunehmen.
Unter dem Gesichtspunkt der Streuung über alle Bereiche der Verwaltung
wurde auch die ZGS in die Konsolidierungsbemühungen einbezogen.
Die ZGS hat bereits in der Vergangenheit nennenswerte Beiträge
zur Haushaltskonsolidierung geleistet; sie wird aufgrund ihrer wirtschaftlichen
Situation zukünftig noch stärkere Beiträge zu Konsolidierung des
städtischen Haushalts durch Verzicht auf Pauschalzahlungen, Reduzierung
der Mieten sowie des Freibadzuschusses zu leisten haben.
3. Kein Kahlschlag der sozialen und kulturellen Infrastruktur
Auch wenn nahezu alle Bereiche der städtischen Verwaltung von den
Sparbemühungen betroffen sein werden, so gilt es doch, einen Kahlschlag
der sozialen und kulturellen Infrastruktur unserer Stadt zu vermeiden.
Ja, wir werden Standards senken müssen und Liebgewordenes nur unter
geänderten Vorzeichen fortführen können.
Aber: die wesentlichen Angebote, z.B. im Senioren- oder Jugendbereich,
sollen auch weiter ermöglicht werden, wenn auch nicht mehr unbedingt
aus der Finanzierungsquelle „Stadt“.
Meine Damen und Herren,
sofern Sie dem vorgelegten Haushaltssicherungskonzept zustimmen und
sich die Maßnahmen tatsächlich – wie konzipiert – umsetzen lassen,
kann im Haushaltsjahr 2015 der Haushaltsausgleich dargestellt werden.
In diesem Jahr könnte auch der Überschuldungstatbestand überwunden
werden.
Dies könnte allerdings allein durch einen Grundstückverkauf größeren
Ausmaßes im Jahr 2015 gelingen. Ob die Voraussetzungen bis dahin
geschaffen sind, der Markt dann entsprechende Nachfrage bietet, sind
allerdings noch gewisse Unbekannte.
Daher mein dringender Appell an Sie: Schauen Sie nicht allzu sehr auf
diese eine Maßnahme, sondern nehmen Sie alle Maßnahmen in den
Blick, die jeweils ihren eigenen Beitrag zur Konsolidierung unserer finanziellen
Situation leisten.
VI. Schluss
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zusammenfassen: Drei Faktoren sind ursächlich für die
katastrophale Haushaltssituation der Stadt Sprockhövel.
Erstens die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise mit erheblichen Einbrüchen
bei den Steuererträgen.
Zweitens die anhaltende und absolut unzureichende Gemeindefinanzierung
verbunden mit dem fröhlichen Abwälzen von Aufgaben und Lasten
nach unten ohne Beachtung des Konnexitätsprinzips. Beispielhaft seien
hier nur genannt die Krankenhauspauschale, die U3-Betreuung und die
ständige Reduzierung der Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten.
Drittens, und so ehrlich sollten wir miteinander sein, gehört auch zur
Wahrheit, dass wir sicherlich nicht immer alles unternommen haben, um
unsere finanzielle Situation zu verbessern. Weder auf der Ertrags- noch
auf der Aufwandsseite.
Vom Grundsatz her können wir uns nun zwischen drei Möglichkeiten
entscheiden:
1.
Wir stecken den Kopf in den Sand, warten erst auf die Haushaltsverfügungen
der Aufsicht und schließlich auf den Sparkommissar. Sicherlich
keine erstrebenswerte Lösung.
2.
Wir sparen mit vollstem Elan gegen die Fehlbeträge an und stellen fest,
dass wir nach Schließung aller Einrichtungen und Streichung aller freiwilligen
Leistungen immer noch nicht am Ziel eines ausgeglichenen
Haushaltes angekommen sind. Das Ergebnis ist eine kaputt gesparte
Stadt ohne Lebensqualität bei trotzdem verfehltem Klassenziel. Auch
dies ist aus meiner Sicht keine wirkliche Alternative.
3.
Wir konsolidieren intelligent und mit Augenmaß. Wir können möglicherweise
nicht mehr alle Ortsteile und alle Interessengruppen gleichermaßen
bedienen. Wer regionale Zusammenarbeit fordert, muss auch infrastrukturelle
Unterschiede innerhalb des eigenen Stadtgebietes in Kauf
nehmen.
Wir können nicht mehr Leerstand in Gebäuden und überflüssige Infrastruktur
finanzieren. Wir müssen viel klarer als bisher Prioritäten setzen,
die an einer zurückgehenden Bevölkerung ausgerichtet sind und die
Qualität statt Quantität in den Vordergrund rückt.
Insofern sind auch die Konsolidierungsansätze des HSK geeignet, im
Diskussionsprozess zwischen Beteiligten, Politik und Fachverwaltung
kreatives Potenzial freizusetzen.
Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
drei Voraussetzungen braucht es zur nachhaltigen Gesundung der Finanzen
unserer Stadt:
Die Konjunktur entwickelt sich weiter positiv und durch das Wachstum
der Wirtschaft steigen die Steuererträge.
Bund und Land statten die Kommunen wieder stärker aufgabengerecht
mit Finanzmitteln aus oder streichen Aufgaben, die die Kommunen über
Umlagen mitfinanzieren.
Wir machen unsere Hausaufgaben und setzen das HSK konsequent um.
Sollte auch nur eine der vorgenannten Voraussetzungen nicht ausrei-
chend greifen, sehe ich in absehbarer Zeit keine Chance eines genehmigungsfähigen
Haushaltssicherungskonzeptes für die Stadt Sprockhövel.
Ich komme damit zum Ende und sage dreimal Danke.
Zum einen Danke an Frau Klosa und Herrn Schmidt aus dem Sachgebiet
Finanzmanagement, die mit ihrem Erfahrungswissen an der Zusammenstellung
des Haushaltsentwurfes 2011 gearbeitet haben. Ohne
sie könnte ich Ihnen diesen Entwurf heute sicherlich nicht zuleiten.
Zum anderen Danke an die Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung,
die sich konstruktiv in die Diskussion der Mittelanmeldungen und Konsolidierungsbeiträge
eingebracht haben.
Und schließlich Danke an Sie, meine Damen und Herren des Rates für
Ihre geschätzte Aufmerksamkeit, die Sie meinen Worten gewidmet haben.
Ich wünsche uns bis zur Verabschiedung des Haushaltes 2011 gute Beratungen.
Meine Mitarbeiterschaft und ich stehen Ihnen in den nächsten
Wochen für Fragen und Erläuterungen zur Verfügung. Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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