Kaufleute, Politik und Verwaltung diskutieren über die Zukunft
Hauptstraße: Auf dem Weg zum Hingucker?
Die Bauphase der Umgehungsstraße L 70n hat in Sprockhövel begonnen. In dieser Phase werden Beeinträchtigungen durch die Baustelle vor allem dann nicht zu vermeiden sein, wenn der im Bau befindliche Kreisverkehr an die Wuppertaler Straße angeschlossen werden muss. Eine Ampelphase mit einspuriger Befahrung wird für mehrere Wochen unumgänglich sein. Das führt zu nicht unerheblichem Stau und ist seit Monaten beim Bau des Kreisverkehrs in Hasslinghausen zu erleben. Die Einzelhändler haben Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, weil einige Kunden den Weg auf die Mittelstraße nicht machen wollten. Die Wirtschaftliche Interessengemeinschaft Sprockhövel (WIS) hat sich rechtzeitig zusammengesetzt, um das Thema zu diskutieren. Der Diskussion voraus ging auf Einladung der CDU Sprockhövel ein Vortrag von Stephanie Erben, IHK, und Thomas Helbig, der eine ISG in Wuppertal-Barmen mitbegründete und den Kaufleuten erklärte, was das ist und wieso gerade diese Idee dem Stadtteil Barmen neues Leben einhauchte. Hinter der Abkürzung verbirgt sich das sperrige Wortkonstrukt „Immobilien- und Standortgemeinschaft“. Der nordrhein-westfälische Landtag hat im Juni 2008 das Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG NRW) beschlossen und im Juni 2014 novelliert. Damit wurden die rechtlichen Grundlagen für private Initiativen in den Geschäftslagen der Innenstädte, Stadtteilzentren, Wohnquartieren, Gewerbezentren sowie in sonstigen für die städtebauliche Entwicklung wichtigen Gebieten geschaffen. Im Rahmen des ISG-Gesetzes haben die Städte, die Industrie- und Handelskammern sowie die Einzelhandelsverbände die Aufgabe, mögliche Initiativen von Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümern beratend zu unterstützen. Die Gemeinde führt das im ISGG geregelte Satzungsverfahren durch, in dem beispielsweise der räumliche Geltungsbereich festgelegt und das Abgabeverfahren geregelt wird. Stephanie Erben von der IHK erklärt: „Wichtig ist dabei, die Hauseigentümer mit ins Boot zu holen. In unserem Fall wären dies die Eigentümer an der Hauptstraße. Ziel ist es, diese Meile zu einem Lieblingsplatz der Sprockhöveler zu machen. Dies geschieht beispielsweise durch Entdeckungen, Information, eine Wohlfühlatmosphäre, verbunden mit einem guten Einkaufserlebnis. Funktionieren kann eine solche ISG nur, wenn sie mehrheitlich auf freiwilliger Basis gegründet wird.“ Im Klartext: Finden sich Menschen zusammen, die unter dem Aspekt der Wertsteigerung ihrer Immobilie an der Hauptstraße auch bereit sind, gemeinsam zu investieren und gibt es genug aktive Personen, die ihren Standort vorantreiben und fit für die Zukunft machen wollen, so kann man viel bewegen.
Gründung einer ISG als Lösung?
Das, was zunächst sehr theoretisch war, füllte Thomas Helbig von der ISG Barmen mit Leben. Neben vielen ehrenamtlichen Helfern arbeitet er hauptamtlich für die ISG mit 30 Stunden. Er tut das, was beispielsweise in Gevelsberg ein Citymanager macht – ebenfalls hauptamtlich. Deutlich wird: Nur mit ehrenamtlichen Kräften ist ein solche Möglichkeit zur Standortverbesserung nicht zu bekommen. Einer muss den Hut aufhaben – und der muss dafür auch Geld bekommen. „Seit 2013 als größte gesetzliche Immobilien-Standort-Gemeinschaft (kurz ISG) in NRW am Start, haben wir den Standort Barmen deutlich attraktiver gestaltet. Die Citymanagerin hat bereits 2010 ihre Arbeit aufgenommen, ein Jahr später hatten wir unsere Auftaktveranstaltung und die Vereinsgründung. 2012 wurde die Satzung durch den Rat der Stadt Wuppertal verabschiedet, ein Jahr später nahm der City-Hausmeister seine Arbeit auf. Wir haben sichtbare Projekte umgesetzt, beispielsweise die unschönen und verschmierten Verteilerkästen zu Kunstwerken umgestaltet. Wir haben über 100 Sitzgelegenheiten neu geschaffen. Wir haben neue Veranstaltungen kreiert und ein buntes Band auf die Straße aufgebracht mit der Geschichte des Stadtteiles. Wir haben investiert in Illumination und vieles mehr“, berichtet Thomas Helbig, Geschäftsführer der ISG Barmen-Werth. Der Werth, eine der ältesten Fußgängerzonen Deutschlands aus den sechziger Jahren, war in die Jahre gekommen und sah auch so aus. Jetzt wird er dank der ISG bis 2023 komplett neu gestaltet. „Gemeinsam mit der Stadt und dem Land ist es uns als private Initiative gelungen, unserem Stadtteil eine völlig neue Richtung zu geben.“ Die Umbruchphase ist noch längst nicht zu Ende, soll bis 2023 dauern.
Dann wäre in Niedersprockhövel die Umgehungsstraße fertig und dadurch würde die Hauptstraße wieder in die Zuständigkeit der Kommune fallen. Ihre Umgestaltung ist eigentlich beschlossene Sache, über das „wie“ wird gerungen. Die Verlegung des Busbahnhofes kommt hinzu. Zunächst einmal muss aber die Baustellenzeit der Umgehungsstraße überwunden werden. Beigeordneter Volker Hoven macht deutlich: „Die Stadt wird einen Umleitungsflyer erstellen, der gerne auch in den Geschäften ausgelegt werden kann. Der Eingriff in die Hauptstraße wird durch den Bau der Umgehungsstraße noch nicht so groß werden. Die eigentlichen Maßnahmen dürften danach beginnen.“ Gedacht ist auch an eine Baustellen-Zeitung und die Einzelhändler wollen auch Ideen zu Öffnungszeiten und Rabatten diskutieren. Weg von den möglichen Stau-Stoßzeiten – zu allgegenwärtig sind die Probleme in Hasslinghausen, aber auch die Erinnerungen an den Umbau der Mittelstraße in Gevelsberg. Sie gilt heute als Musterbeispiel, hat aber in und nach der Baustellenphase auch das Aus mancher Einzelhändler bedeutet.
Wer Ideen hat, kann sich direkt an den Vorstand der WIS, Lutz Heuser, wenden. Einige Termine stehen schon fest: So hat der aktive WIS-Beirat beschlossen, am 24. Mai ein „Maiblütenfest“ als Late Night Shopping durchzuführen. Anfang Oktober soll es einen Oktoberfest-Freitag geben und am 9. November, im Vorgriff auf den Martinszug am 11. November, steht ab 18 Uhr das „Martinsleuchten“ in den Startlöchern.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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