Hattingen: Sportvereine wollen für Flüchtlinge solidarisch zusammenrücken

Wolfgang Zimmermann (Zweiter v.r.), Präsident der SG Welper, hatte Vertreter von Sportvereinen, welche die Sporthalle Marxstraße nutzen, ins Sportheim eingeladen. Rede und Antwort zu der Möglichkeit, die Halle als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, standen Dezernentin Beate Schiffer (Dritte v.r.) und Bürgermeister Dirk Glaser (Vierter v.r.).   Foto: Römer
  • Wolfgang Zimmermann (Zweiter v.r.), Präsident der SG Welper, hatte Vertreter von Sportvereinen, welche die Sporthalle Marxstraße nutzen, ins Sportheim eingeladen. Rede und Antwort zu der Möglichkeit, die Halle als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, standen Dezernentin Beate Schiffer (Dritte v.r.) und Bürgermeister Dirk Glaser (Vierter v.r.). Foto: Römer
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Die SG Welper hatte eingeladen und Vertreter von Welperaner Sportvereinen waren dem ins Sportheim an der Marxstraße gefolgt. Allerdings ging es auch um einiges, denn es stand nur ein einziger Punkt auf der Tagesordnung: Krisensitzung.

Und es ging um nicht mehr und nicht weniger als den Fortbestand der Welperaner Sportvereine nach der Ankündigung der Stadt in der vergangenen Woche, auch die Sporthalle an der Marxstraße als Unterkunft für Flüchtlinge nutzen zu müssen – als „Plan B“ und daher nur möglicherweise.
Diese Meldung hatte die Hallensporttreibenden in Welper aufgeschreckt. Wolfgang Zimmermann, Präsident der SG Welper: „In der Halle trainieren und spielen regelmäßig gut 1.500 Welperaner. Hinzu kommen mehr als 1.000 Gesamtschüler. Fiele diese Sporthalle weg, so wäre das eine Katastrophe für Welper. Wir als Vereinsvorsitzende haben Vereinsinteressen zu vertreten, auch wenn wir die politische Sicht verstehen. Aber eine Ausübung der Belegung der Halle würde die Willkommenskultur in Welper brachlegen. Hier würde dann Vorkommnissen Tür und Tor geöffnet, die keiner will.“
Dass es so weit aber noch lange nicht sei, daran erinnerte Sportdezernentin Beate Schiffer, die sich wegen dieses Treffens von Bürgermeister Dirk Glaser auf der Sitzung des Integrationsrates vertreten ließ. Sie verwies auf die steigende Zahl von Flüchtlingszuweisungen, die sich seit August verdreifacht hätten: „Ende des Jahres 2015 rechnen wir mit insgesamt mehr als 700 Flüchtlingen, die in Hattingen untergebracht werden müssen. Bleibt es bei einer gleichbleibenden Steigerung an zugewiesenen Flüchtlingen von zehn Prozent monatlich, führt dies bis Ende des Jahres 2016 zu einem Versorgungsbedarf von 2.200 Personen. Dabei haben wir überhaupt keine Möglichkeit, diese Zuweisungen zu steuern oder uns ihr zu entziehen. Wir sind dabei, gemeinsam mit der Bezirksregierung Arnsberg die Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes auf dem O&K-Gelände hinzubekommen. Dort könnten wir 800 Plätze schaffen – selbst wenn das Land nicht mitzöge. Dort hätten wir dann eine große Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende.“

Halle Marxstraße als Notunterkunft in der Liste weit hinten

Außerdem verkündete Beate Schiffer, dass in Welper die leer stehenden „Schade-Hallen“ an der Marxstraße als kommunale Notunterkunft für weitere 250 Menschen angedacht seien. Hier müssten allerdings noch Sicherheitsfragen geklärt werden.
Trotz dieser Perspektiven machte die Dezernentin klar: „Wir kommen kurzfristig an einer Belegung der Turnhallen am Rüggenweg und in Bredenscheid mit jeweils 100 Flüchtlingen nicht vorbei. Ab nächster Woche werden die Hallen leer geräumt. Und die Sporthalle Bismarckstraße mit weiteren 88 Plätzen ist sowieso gesetzt.“
Ein ganz vorsichtiges Aufatmen bei den Welperanern verursachte ihre Aussage: „Die Sporthalle an der Marxstraße steht bei uns im Hinblick auf die Belegung mit Flüchtlingen ganz weit hinten, wenn es sich einrichten lässt. Wir brauchen einfach große Lösungen, wie sie uns beispielsweise die Schade-Halle bietet. Und natürlich hoffen wir auf Aufschub durch die Bezirksregierung. Werden wir aber überrollt von Zuweisungen und es kommt zur Krise, erst dann müssen wir auch die Halle Marxstraße mit 199 Personen und weitere Sportstätten belegen, die zur Zeit bei uns nur Notlösungen sind. Aber wir können nur von Woche zu Woche planen.“
Thomas Wolf, der Vorsitzende der Fachschaft Handball, brachte auf den Punkt, was sicherlich viele bei dem Treffen dachten und auch in Wortbeiträgen aussprachen: „Hier an der Marxstraße allein trainieren sechs Senioren- und zehn Jugendmannschaften. Wenn die Halle Rüggenweg dicht macht, wissen auch die Tischtennis-Leute nicht wohin. Ich sorge mich um den Wegfall der Hattinger Sport-Strukturen.“

Welperaner Schade-Halle soll für Flüchtlinge hergerichtet werden

Jens Mäkelburg, stellvertretender Leiter der Gesamtschule, berichtete von der Stadt Hennef, in der sich Verwaltung, Vereine und Schulen an einen Tisch gesetzt und eine Lösung gefunden hätten: „Es müssen sich alle etwas zurücknehmen und es muss ein gemeinsames Konzept geschaffen werden.“
Dies griff der neu gewählte Vorsitzende vom Stadtsportverband, Michael Heise, auf: „Wir sollten uns mit allen Vereinen der Stadt zusammensetzen, um untereinander solidarische Lösungen zu finden. Beispielsweise könnten doch Senioren-Handballer gemeinsam trainieren. . Ich habe bereits Vereine angeschrieben und ihnen meinen Vorschlag zu einem möglichst kurzfristigen Treffen unterbreitet. Wir können vielleicht sogar zurecht beklagen, dass im Sport Strukturen verloren gehen und vielleicht auch Mitglieder. Aber momentan lässt sich daran nichts ändern.“
Dr. Elke Neumann, die Leiterin der Gesamtschule, beklagte sich bei Beate Schiffer über mangelnde Kommunikation: „Man muss die Menschen mitnehmen. Das bedeutet einen gewissen Vorlauf, wenn es nicht zu Reibereien kommen soll. Dazu muss aber der Informationsfluss besser werden.“ Das versprach die Dezernentin.
Inzwischen war auch Bürgermeister Dirk Glaser eingetroffen: Ich habe heute Morgen noch in Schwelm mit anderen Bürgermeistern zusammen gesessen. Wir sind uns einig, dass wir wegen Unterstützung auch an Bund und Land herangehen müssen, dass unser aller Kapazitäten am Ende sind und dass wir wenigstens finanzielle Unterstützung benötigen. Dabei dürfen wir die Aufwendungen für Flüchtlinge nicht einmal im Etat positiv berücksichtigen. Am Ende hat da nach wie vor die schwarze Null zu stehen.“
Dem schloss sich Beate Schiffer an: „Der Bund muss Maßnahmen entwickeln, damit wir in unseren Städten weiterleben können. Da bin ich mir sicher, dass dies auch geschieht. Turnhallen sind keine langfristigen Alternativen zu Wohnungsbau oder Gewerbekonzepten. Das ist unser Weg, den wir gehen wollen – möglichst schnell weg von der Turnhallen Lösung.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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