Gespräch mit dem Hattinger CDU-Chef Gerhard Nörenberg über Flüchtlinge, Kitas und mehr

Ungewöhnliche Perspektive mit frühlingshaftem Einschlag, aber unschwer zu erkennen: das Hattinger Rathaus. Hier fallen die Entscheidungen für die Stadt und für die Hattinger. Nicht immer ganz glücklich mit diesen sind weder Bürger noch Politiker, wie jetzt ein Gespräch mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt, Gerhard Nörenberg, zeigt. Foto: Strzysz
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30:13. So lautete nach der letzten Sitzung der Stadtverordneten im März das Abstimmungsergebnis beim Tagesordnungspunkt „Unterbringung von Flüchtlingen in Hattingen“. Fast alle Mitglieder der CDU-Ratsfraktion stimmten dagegen, dass rund 500 Flüchtlinge in ein ehemaliges Großraumbüro und die Verwaltung von früher O&K an der Nierenhofer Straße einziehen.

Dieser Beschluss bereitet vielen Bürgern aus der unmittelbaren Nachbarschaft Sorgen. Aber auch die Hattinger Christdemokraten sind nicht glücklich darüber, werden ihn aber demokratisch mittragen.
„Klar ist, dass Hattingen für geeignete Unterkünfte sorgen muss“, macht Gerhard Nörenberg, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt und in Personalunion auch noch Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes, im Gespräch mit der STADTSPIEGEL-Redaktion deutlich. „Unsere Befürchtungen liegen darin, dass in so einer großen Einrichtung – in allen für Flüchtlinge genutzten Sporthallen zusammen sind bisher nicht so viele von ihnen untergebracht gewesen – viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen aufeinander prallen. Ohne Privatsphäre mit hunderten Menschen sozusagen Bett an Bett kommt es nun einmal zu Problemen untereinander – ob Flüchtling oder nicht.“
Daher hätte die CDU eine dezentrale Unterbringung bevorzugt: „Wir haben in Hattingen in den Stadtteilen hoch engagierte Menschen, die viel Zeit in die direkte Flüchtlingshilfe investieren, ohne dabei immer gleich in vorderster Linie zu stehen. Solche Ehrenamtlichen arbeiten lieber im Hintergrund. Wir von der CDU bezweifeln aber, ob es gelingen wird, diese Helfer auch mit in die Stadtmitte zu ziehen. Und es muss unbedingt die unmittelbare Nachbarschaft von O&K mitgenommen werden. Das ist ganz wichtig. Es gab ja bereits eine erste Info-Veranstaltung, aber es muss eine weitere folgen.“

Dezentrale Unterbringung die bessere Lösung

Probleme sieht Gerhard Nörenberg in diesem Zusammenhang auch bei der Glaubwürdigkeit aller Ratsmitglieder: „Dort bei O&K wurde schon gearbeitet, bevor wir im Rat überhaupt diesen Beschluss gefasst hatten. Das ist schwer, den Bürgern begreiflich zu machen.“
Außerdem befürchtet die CDU: „Wir vergeben uns dadurch auch eine Möglichkeit der Stadtentwicklung. Besser wäre es doch, wenn dort eine Firma angesiedelt werden könnte, die Steuern zahlt.“
Überhaupt das Thema Finanzen. Gerhard Nörenberg: „Wir gehören zu den 68 Stärkungspaktstädten. Dadurch hat uns das Land in der Hand. Aber das Land ist für die kommunale Ausstattung zuständig und dem kommt NRW nicht nach. Unser Bürgermeister ist sehr rege bei der Suche nach Hilfe und Lösungswegen, führt viele persönliche Gespräche. Aber uns läuft die Zeit davon. Im Herbst wird der städtische Haushalt verabschiedet. Bis dahin muss das Land in die Pötte kommen, denn wir brauchen dringend seine finanzielle Hilfe.“
Vor dem Hintergrund der drastischen Grundsteuererhöhung meint der CDU-Fraktionsvorsitzende: „Die Hattinger Bürger sind hoch belastet. Aber auch wir Politiker sind ja Bürger und haben uns mit beispielsweise dieser Entscheidung daher ja selbst getroffen. Uns blieb aber keine andere Wahl. Wir werden immer abhängiger von Düsseldorf oder Arnsberg. Das hebelt die Verantwortung von uns Stadtverordneten aus. Ich persönlich betrachte mit großer Sorge, dass in den dortigen Behörden entschieden wird, was wir in Hattingen dürfen und was nicht. Das kann es doch nicht sein! Aber wir dürfen den Kopf nicht hängen lassen. Alle, die wir im Stadtrat sitzen, holen das Beste für Hattingen heraus. Und wir haben Potenzial, das auch der Bürgermeister immer wieder betont, durch unsere Lage, die Altstadt, die Ruhr, das Hügelland – aber wir müssen auch handeln können!“
Den Bund in Berlin fordert er auf: „Es muss endlich geregelt werden, dass Asylanten beschäftigt werden können. Viele von ihnen sind gut ausgebildet, die meisten bereit, Teil unserer Gesellschaft zu werden. Dabei müssen wir sie unterstützen, sie ins normale Leben eingliedern.“

Immer noch große Deckungslücke bei den Kitas

Im Zusammenhang mit Kindertagesstätten (Kitas) sieht Gerhard Nörenberg in Hattingen immer noch eine Deckungslücke im Vergleich zu anderen Kommunen. Da müsste die Stadt mehr Plätze zur Verfügung stellen, aber: „Wir sind gegen Reglementierung. Wo Hilfe nötig ist und gewünscht wird, da müssen wir als Stadt oder Staat allerdings tätig werden.“
Er freut sich sehr, dass die anderen Fraktionen „endlich“ eingesehen hätten, den vielen Eltern und Kindern in Winz-Baak eine Perspektive zu geben: „Wir hatten bereits Anfang letzten Jahres dringenden Handlungsbedarf bei Kita-Plätzen in Winz-Baak gesehen und einen entsprechenden Antrag gestellt, der von SPD und Linke im Sommer 2015 noch abgelehnt worden war. Letzten November schließlich bekam er aber doch grünes Licht. Damit werden nun die notwendigen finanziellen Mittel bereit gestellt, um ab Mitte 2016 sechs U3-Plätze und 39 Betreuungsplätze für Drei- bis Sechsjährige in den ehemaligen Räumen der VHS an der Grundschule Oberwinzerfeld zu bilden. Das ist ein guter Weg, muss aber auch anderswo geschehen. Denn Freundschaften, die in diesem Alter geschlossen werden, sind wichtig und halten meistens lange. Deswegen müssen auch Asylsuchende frühzeitig als ersten Schritt der Integration in diese Einrichtungen kommen. Daher war es uns auch wichtig, Grundschulen im persönlichen Umfeld von Kindern und Eltern zu belassen, weshalb wir uns lieber für den Umzug der Realschule Grünstraße entschieden haben.“

Ungewöhnliche Perspektive mit frühlingshaftem Einschlag, aber unschwer zu erkennen: das Hattinger Rathaus. Hier fallen die Entscheidungen für die Stadt und für die Hattinger. Nicht immer ganz glücklich mit diesen sind weder Bürger noch Politiker, wie jetzt ein Gespräch mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt, Gerhard Nörenberg, zeigt. Foto: Strzysz
Gerhard Nörenberg ist Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hattingen und Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Hattingen.  Foto: CDU Hattingen
Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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