Erstmals Frau an der Spitze der IG Metall Gevelsberg-Hattingen
Der Führungswechsel in der IG Metall Gevelsberg-Hattingen ist vollzogen. An der Spitze steht erstmal in der Geschichte der IG Metall Gevelsberg-Hattingen eine Frau, Clarissa Bader.
Sie ist gebürtige Kasselänerin. Ja, so heißt das, wenn man in Kassel das Licht der Welt erblickt hat und mindestens ein Elternteil ebenfalls aus diesem Ort stammt. Kurz vor dem Interview hat man schon etwas gelernt, denn ich wusste es nicht und hätte vermutlich „Kasselerin“ oder ähnliches geschrieben – was falsch gewesen wäre!
Clarissa Bader hat bei Henschel Wehrtechnik den Beruf der Kauffrau für Bürokommunikation erlernt und als kaufmännische angestellte bei Daimler-Chrysler in Kassel gearbeitet. Nächste Station war schon die IG Metall, damals als Verwaltungsangestellte in Wiesbaden. Nach einem 12monatigen Lehrgang an der Akademie der Arbeit in Frankfurt und einem Traineeprogramm wurde sie 2003 Gewerkschaftssekretärin. 2008 wechselte sie in gleicher Funktion nach Gevelsberg. Der Umzug hat auch etwas mit der IG Metall zu tun, denn ihr Lebensgefährte arbeitet im Sprockhöveler Bildungszentrum und kennengelernt hat sie ihn – natürlich – bei der IG Metall. Im Oktober letzten Jahres wurde sie Zweite Bevollmächtigte und damit Stellvertreterin von Otto König. Jetzt, nach dem altersbedingten Ausscheiden von König, hat sie seine Funktion übernommen.
In NRW ist sie damit die vierte Frau an der Spitze einer örtlichen IG Metall. „Schon als Gewerkschaftssekretärin habe ich mit Skeptikern leben müssen, ob eine Frau das schaffen kann. Am besten überzeugt man dann durch Kompetenz und Zuverlässigkeit“, sagt sie ruhig. Das hat sie sich auch für die Erste Bevollmächtigte vorgenommen, deren starre Begrifflichkeit man auch mit Geschäftsführerin übersetzen kann. „Ich betreue zusammen mit zwei politischen Sekretären die Betriebe, habe repräsentative Aufgaben und leite die Verwaltungsstelle Gevelsberg-Hattingen. Außerdem bin ich natürlich verantwortlich, wenn es um Verhandlungen in der Region geht und Arbeitsverluste oder ähnliches droht.“
Obwohl es hier nicht mehr die Großbetriebe zu Zeiten von Vorgänger Otto König gibt, werden die Probleme nicht weniger. „In der Metall- und Elektroindustrie werden zunehmend Leiharbeiter eingesetzt. Es ist Aufgabe der Gewerkschaft, hier die gleichen Bedingungen zu erreichen wie für Festangestellte und natürlich die Anzahl der Leiharbeiter zu begrenzen. Das wird auch im Herbst bei Aktionen ein großes Thema sein – neben Aktionen gegen die Sparpläne der Bundesregierung und die Rente mit 67. Schwierig sind die Verhandlungen an manchen Orten auch deshalb geworden, weil die soziale Verantwortung der Unternehmer fehlt. Viele global player kennen ihre Mitarbeiter nicht mehr, wohnen ganz woanders und haben keine persönliche Beziehung. Das macht es nicht leicht.“
Weitere Steine auf dem Weg liegen auch darin, dass die IG Metall eben nicht mehr die quasi andere Seite der SPD-Medaille ist. „Wir sind überparteilich und haben inhaltlich auch nicht mehr die Nähe zur SPD, die es früher gab.“
Und noch ein Problem gibt es: „Viele Menschen haben ein Stellvertreter-Problem. Wenn man sie motivieren möchte, dann verweisen sie oft auf andere, die das doch schon machen oder machen könnten. Ich kann zwar eine gewisse Frustration verstehen, aber man muss trotzdem kämpfen, um etwas zu bewegen.“
In die Fußstapfen von Otto König will sie nicht treten. „Irgendein schlauer Mensch hat einmal gesagt, wer in die Fußstapfen eines anderen Menschen tritt, hinterläßt keine eigenen Spuren. Deshalb habe ich meinen eigenen Stil. Allein durch die Tatsache, als Frau und mit 34 Jahren noch recht jung an der Spitze zu stehen, wird Veränderungen herbeiführen.“
Jetzt will sie sich erst einmal um die Stahltarifrunde kümmern. „Hier stecken wir in den Verhandlungen und fordern sechs Prozent. Die Auftragsbücher sind gefüllt und das muss an die Menschen weitergegeben werden. Und dann kommen die Herbstaktionen.“
Zeit für Privates bleibt kaum. „Ich fahre gern Motorrad, habe aber im Moment keines. Und ich reise gern und bin mit meinem Lebensgefährten und Freunden unterwegs.“ Clarissa Bader lebt wie Otto König in Hattingen.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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