Initiative "Rettet die Bäume" übergibt Spende an Elterninitiative
Der "grüne Dom" ist Vergangenheit
Erbitterte Diskussionen und Aktionen konnten die Fällung der Bäume an der Gesamtschule Welper schließlich nicht verhindern. Unter Einbezug eines Sicherheitsdienstes wurde die zukünftige Baustelle vorbereitet und abgesichert. Die Initiative „Rettet die Bäume“ hatte noch kurz vor den Herbstferien Bürgermeister Dirk Glaser knapp 4500 Unterschriften übergeben, die sich gegen das Fällen der Bäume richtete. Eine Antwort auf die Petition an den Petitionsausschuss des Landes NRW liegt mittlerweile vor: Die Baumfällungen sind in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Realität hat bereits Fakten gesetzt. Zumindest einen Teilerfolg sieht die Bürgerinitiative aber doch. Neben einer ausführlichen Diskussion bleiben zunächst einmal mehr Bäume stehen als geplant. Und beim Baumfest kamen 1000 Euro an Spendengeldern zusammen, die jetzt der Elterninitiative „Wolkenzimmerhaus“ in Welper für die Neugestaltung des Gartengeländes der Kita überreicht werden konnte.
Unumstrittenen ist der zusätzliche Raumbedarf der Gesamtschule. 2018 wurde vom Rat der Stadt Hattingen ein Erweiterungsbau beschlossen, der damals mit knapp vier Millionen Euro kalkuliert wurde. Umstritten ist in Politik und Bürgerschaft der geplante Erweiterungsbau auf dem Pausenhof der ehemaligen Horstschule, der heute mit fast neun Millionen Euro kalkuliert wird. Vor allem die Tatsache, dass mehrere hundertjährige Platanen im sogenannten „Dom“ dem Bauvorhaben weichen müssen, führte zur Gründung der Initiative, die erstmals im März 2021 in die Öffentlichkeit ging. Sie habe, so Anja Klan, erst im Frühjahr erfahren, dass für den Bau diese Bäume gefällt werden müssten. Bekannt, so Martina Kumpmann, sei ihr der Erweiterungsbau gewesen, aber eben nicht in allen Details und schon gar nicht vor dem Hintergrund der Baumfällaktion. Hinzu kommt die Erkenntnis von Gebit Münster zum Schulentwicklungsplan der Stadt Hattingen, dass das Flächendefizit der Gesamtschule durch die Schaffung der neuen Räume nicht vollständig behoben werden kann.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz betonte den hohen stadtökologischen Wert des alten Baumbestandes. Einige politische Vertreter rückten von ihrer ursprünglichen Bauabsicht aus 2018 ab und warben für die Suche nach einer neuen Lösung. Vergeblich. Die Mehrheit der politischen Vertreter sah den „point of no return“ erreicht und sprach sich für das umstrittene Bauprojekt aus. Der Auftrag wurde im Sommer an einen Generalunternehmer vergeben. Allerdings versucht man, durch Umsetzen von Bäumen, dem Einbezug von Baumgutachtern und Ersatzpflanzungen eine ökologische Perspektive zu finden. Sechs größere Bäume, die um die 40 Jahre alt sind, wurden von einer Spezialfirma bereits umgepflanzt. Zwei Feldahorn, eine Linde, zwei Hainbuchen waren dafür vorgesehen, spontan kam noch eine Marone hinzu. Die Pflanzen wechselten den Standort von der Böschung zum Sportplatz auf Flächen rund um das Schulgebäude an der Marxstraße. Ein riesiges Spezialfahrzeug mit einer Baggerschaufel - geformt wie eine halbe Kugel von über drei Metern Durchmesser – hat die Bäume ausgegraben und senkrecht auf den LKW geladen. Von dort ging es auf die gegenüberliegende Straßenseite. Um die Oberleitungen für die Straßenlaternen nicht mitzureißen, wurden die Bäume auf dem kurzen Transportweg flachgelegt. „Unser Kampf bezog sich aber vorrangig auf die Bäume, die gefällt werden müssen. Das sind jetzt aktuell sieben Bäume – sechs Platanen und eine Kastanie. 21 Bäume bleiben erstmal stehen, wurden teilweise in den Kronen eingestutzt. Ob sie aber überleben werden, ist eine andere Frage“, sagt Anja Klan. „Wir haben viele Gespräche mit Fachleuten geführt, die sich das vor Ort angesehen haben. Sie sind der Meinung, dass die Wurzeln der großen Bäume nachhaltig durch den Erweiterungsbau beschädigt werden und diese Bäume deshalb nicht überleben können. Sie werden dann zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden müssen, weil sie krank sind und eine Gefährdung darstellen. Dann schafft man Tatsachen und niemand kann sich gegen die Fällung mehr wehren. Allein das Verlegen der Versorgungsleitungen durch den Schulhof könne dazu beitragen, dass Wurzelwerk zu zerstören. Auch die Standortverlagerung der meterhohen Bäume sei kein leichtes Unterfangen. Ob sie am neuen Standort gedeihen werden, bleibe abzuwarten. „Wir werden auf jeden Fall am Ball bleiben und das Vorhaben weiter begleiten. Wenn die Tiefbauarbeiten beginnen, werden Fachleute vor Ort sein, die immer schauen werden, dass das Wurzelwerk der verbleibenden Bäume nicht beschädigt wird. So hat man uns das erzählt. Die Stadt sagt, für jeden gefällten Baum will sie drei Jungbäume pflanzen. Aber für einen Baum dieser Größe müsste man zum CO2-Ausgleich 2000 junge Bäume pflanzen. Wir werten unser Engagement dennoch als Teilerfolg, weil zunächst einmal einige Bäume stehenbleiben werden, obwohl das Gesamtbild zerstört ist. Wir werden nicht aufgeben und uns an allen Orten in der Stadt Hattingen einmischen, wo für Bauvorhaben Bäume gefällt werden müssen.“ Die Initiative denkt beispielsweise an geplante Feuerwehrneubauten oder geplante Lebensmittelmärkte. Über die 1000 Euro-Spende der Initiative an das „Wolkenzimmerhaus“ herrscht dennoch Freude, soll das Geld doch auch in ein ökologisches Projekt – die Neugestaltung des Gartens - fließen.
Initiative will weitermachen
Was das Bauprojekt der Gesamtschule betrifft, so gibt es noch mehr Kritik. Architekt Martin Schindler und auch Thomas Griesohn-Pflieger, Diplom-Biologe und ehemaliger Stadtpressesprecher, kritisieren nicht nur die Verteuerung des Projektes von geplanten vier auf neun Millionen Euro. „Jetzt, unmittelbar vor Baubeginn, wird bekannt, dass der Schulhof sich aus geologischer Sicht nicht als Baugrund eignet und unter großem finanziellem Aufwand eine neue Gründung hergestellt werden muss. Das wird mit einigen zehntausend Euro zu Buche schlagen.“ Der Bau könnte dadurch nochmals deutlich teurer werden.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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