Buchkompass: Christoph Schlicht - Endspiel
Das Endspiel hat begonnen
Endspiel ist ein toller Titel, hat das Wort doch zwei Bedeutungen. Im Sport ist es die Begegnung zweier Teilnehmer eines Turniers bzw. einer Meisterschaft, in der der Gesamtsieger des Turniers bzw. der Meisterschaft ermittelt wird. Beim Schach ist es die Endphase einer Partie. Es gibt übrigens auch ein Drama von Samuel Beckett in dem es um die menschliche Existenz in der Endphase des Verfalls und der vergeblichen Suche nach einem Ausweg geht.
Nun trägt das Buch von Christoph Schlicht den Titel Endspiel mit dem Untertitel Warum die Menschheit verloren hat und alle drei Erklärungen oben könnten passen. Vermutlich der Bezug zu Becket noch am besten, denn wer sollen die beiden Widersacher sein und ist Politik wirklich wie Schach? Nun dazu später mehr. Erschienen ist das Buch im Februar 2023 bei Autoren umstrittene novum Verlag. Der Preis für das Buch mit seinen 114 Seiten hat es auf den ersten Blick in sich, denn 18,40 Euro für das Buch und 15,99 Euro für das e-Book ist durchaus hoch, deshalb ist der Blick ins Buch diesmal noch kritischer als sonst.
Christoph Schlicht verspricht in dem Buch einen unvoreingenommenen und manchmal provokanten Blick in die Welt und fordert dazu auf, zu hinterfragen, wie die Zukunft sein soll. Das klingt nun erstmal gut und doch muss man direkt hinterfragen, wie diese Frage vom Autoren überhaupt unvoreingenommen gestellt werden kann. Zur Frage gehören ja vorher gefestigte Meinungen und Blickrichtungen. Außerdem möchte er Denkanstöße liefern und Anregungen für die Zukunft geben. Gut, der Blick ins Buch wird wohl helfen.
In der Einleitung erhalten wir bereits ein wenig Informationen zum Ziel des Buches. Es hat nämlich vier Ansprüche. Es möchte zusammenfassend, so weit und komplex wie nötig und so schlank wie möglich, den Staus quo der Menschheit näherbringen und dazu anregen sich daneben zu informieren, mit dem Autoren zu einem Punkt zu gelangen und jeden Lesenden eigene Folgerungen ziehen lassen und den Kurs der Menschheit zu reflektieren. Das ist viel und dazu gibt es tatsächlich sechs Kapitel mit wissenschaftlichen, philosophischen und auch durchaus religiösen Anteilen.
Kapitel 1 widmet sich dem Aufbau des Buches, dem Autoren, der sein Werk definitiv nicht von sich trennen will, der Entstehung der Welt und der Entwicklung des Menschen mit einem Ausblick der Bevölkerungszahl der Erden in der Zukunft. Die Basis ist damit geschaffen.
Kapitel 2 widmet sich den Grundlagen der Existent selbst. Dieses Kapitel ist das philosophischste und widmet sich dem Fundamentalproblem, dem Ego, dem Bewusstsein und dem Selbst. Versucht aber auch Lösungen für Probleme in diesen Bereichen zu finden, etwa Meditation, und wirft auch einen Blick auf Moral und Ethik in Bezug auf die grundlegenden aktuellen Fragen der Menschheit. Bevor die letzte Frage nach der Wahrheit gestellt wird, werden noch die Religion und die Naturwissenschaft beleuchtet, denn auch diese gehören zur Existenz und versuchen diese zu erklären. Ein hartes Kapitel mit vielen offenen Fragen, die man sich über andere Quellen beantworten kann. Hier hätte man ruhig weniger schlank und etwas breiter arbeiten können.
Kapitel 3 kann schnell beschrieben werden. Es handelt sich um die Kritik am Kapitalismus mit vielen Beispielen, die die Probleme des Kapitalismus aufzeigen, und einigen Ideen, wie man mit den Problemen umgehen könnte.
Im vierten Kapitel geht es um Hunger, Gier und Zerstörung. Hier wird aufgezeigt, wie schlecht Fleischkonsum wirklich ist, wie gut vegane Ernährung wirklich sein kann und wieso wir als Essende Verantwortung tragen. Hier wurde nur mit dem Zeigefinger geschrieben.
Passend dazu widmet sich das nächste Kapitel der aktuellen Umwelt des Menschen und wie sich die aktuellen Zahlen auswirken und noch entwickeln können. Hier finden sich wissenschaftliche Fakten und keine Vermutungen und die sollten Sorgen bereiten.
Im letzten Kapitel „Endspiel“ wird (endlich) aufgezeigt, was das Buch erreichen will. Zuerst wird allerdings aufgezeigt, was es nicht erreichen will, erst danach kommen die Ziele. Diese sind eigentlich simpel, eine Systemänderung im Großen und das jeder etwas tut im Kleinen.
Hat es zu dieser Schlussfolgerung ein Buch gebraucht? Und noch wichtiger, hat es dazu dieses Buch gebraucht? Die Antwort ist ein klares „Vielleicht.“ Das Buch bietet auf wenigen Seiten viele nützliche Informationen, viele gute Fragen und Ideen zum aktuell wichtigsten Thema der Zukunft der Menschheit. Es ist aber kurz und knapp und verweist deshalb zu oft auf weitere Quellen. Die werden übrigens alle im Anhang genannt, es ist aber trotzdem viel Arbeit alles zu lesen und das Buch in Gänze zu begreifen. Ein Grund mehr, wieso es trotzdem kein „Nein“ auf meine Frage gab ist simpel. Jedes Buch zum Thema kann wachrütteln und zu einer Veränderung führen. Deshalb ist auch jedes Buch relevant. Leider reicht das nicht aus, um eine gute Beurteilung zu bekommen, denn da hätte es mehr gebraucht. Insbesondere, weil der Autor viel mehr verspricht, als er dann wirklich hält. Der unvoreingenommene und manchmal provokante Blick ist weder unvoreingenommen, kann er auch gar nicht sein, und der provokante Blick ist mittlerweile nicht mehr wirklich provokant, sondern kommt zu häufig vor. Was mich auch nicht wirklich überzeugt hat, sind die einfachen Fehler, die das Lektorat des Verlags übersehen hat. Übrigens eine Sache, weswegen der Verlag immer wieder kritisiert wird.
Fazit: Endspiel ist ein Buch, das wachrütteln kann und deshalb ist es durchaus sinnvoll in der heutigen Zeit. Die Versprechen werden leider nicht erfüllt und es bleibt noch zu viel Eigenarbeit nach der Lektüre. Dazu kommen handwerkliche Fehler des Verlags. Positiv sind die kurzen und prägnanten Texte mit Fakten, Theorien und Ideen. Schlussendlich ist es ein durchschnittliches Buch zum Thema.
Autor:Martin Wagner (Die PARTEI Hattingen) aus Hattingen |
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