Beobachtungen an der Insekten-Nisthilfe
Entlarvt, entpuppt und aufgebrochen
Kürzlich habe ich bereits berichtet, wie unterschiedlich unsere zwei Nisthilfen für Insekten genutzt werden: Von Mauerbienen die neuere, von Faltenwespen die ältere. Jetzt habe ich einige weitere Beobachtungen machen können.
Zunächst einmal: Wie aus dem Titelfoto leicht zu ersehen ist, ist mindestens eine erste Mauerbiene geschlüpft. "Mindestens" war jedenfalls mein erster Gedanke, denn in einer Niströhre werden ja mehrere Kammern voreinander eingerichtet. Hinten entwickeln sich Weibchen, weiter vorne Männchen (die vorderste Kammer bleibt leer). Diese schlüpfen also zuerst und erwarten dann vor der Nisthilfe die wenige Tage später schlüpfenden Weibchen.
Nun hat unsere neuere Nisthilfe eine Besonderheit: Die unterste Reihe von Röhren liegt in einem separaten Block, der sich herausnehmen lässt. Auf seiner Oberseite ist eine Plexiglasscheibe so angebracht, dass die Röhren unmittelbar darunter liegen und dadurch eingesehen werden können. Also habe ich den Block einmal herausgenommen und mir die Röhren von oben angeschaut. Und tatsächlich lag in der geöffneten Röhre ganz hinten noch eine Biene drin, während die Kammern davor bereits leer waren. In anderen Röhren waren deutlich die weißen Larven aus später abgelegten Eiern zu erkennen, oder auch ein paar längliche, braun gefleckte Gebilde - vermutlich verpuppte Larven. Ein Foto habe ich davon gemacht, bevor ich den Block wieder eingeschoben habe.
Bequeme Materialbeschaffung
Und es gibt eine weitere Beobachtung, die allerdings auf dem ersten Foto nicht hervorsticht: Der Lehmverschluss der linken unteren Röhre ist vertieft und an der Oberfläche glatter als die anderen. Was ist hier passiert? Die Erklärung hängt mit dem daneben liegenden älteren "Insektenhaus" zusammen. In meinem Video zum vorigen Beitrag kann man erkennen, wie eine der Faltenwespen, die dort die leergeräumten Röhren neu belegen, am neueren "Haus" sitzt und an einem der Lehmverschlüsse herumzuknabbern scheint. Doch scheint das nicht nur so zu sein, sondern die Wespen (ich habe später auch noch anderen dabei zuschauen können) machen es sich tatsächlich einfach: Statt sich auf die Suche nach einer feuchten, lehmigen Stelle zu machen, wo sie sich das Material zum Verschließen ihrer Brutkammern holen könnten, bedienen sich manche von ihnen kurzerhand bei den Nachbarinnen! (Falls das verarbeitete Material weich genug ist, deshalb sind auch nur wenige dieser Verschlüsse in dieser Weise "bearbeitet".) Ob die Wildbienen vielleicht sogar ihrerseits davon profitieren, weil sie sich nicht mehr so weit ins Freie beißen müssen, sei dahingestellt. Jedenfalls fand ich dieses Verhalten bemerkenswert.
Einbrecher gestört?
Am nächsten Morgen überraschte mich eine dritte Beobachtung. Weiter oben in der Nisthilfe gab es nun ebenfalls eine geöffnete Röhre, jedoch muss hier von außen nachgeholfen worden sein. Denn direkt hinter der Öffnung konnte ich deutlich eine regungslose, weiße Larve liegen sehen. Zwei Fragen stellten sich mir da: Zum einen, warum liegt sie da vorne, wo doch in der Regel die vorderste Brutkammer leer bleibt? Und zum anderen: Warum liegt sie da vorne und ist nicht verschwunden? Ich könnte es mir so erklären: Ein "Nesträuber", z.B. ein Buntspecht (erst kürzlich in unserer Birke gesehen und früher auch schon an den Nisthilfen) hatte begonnen, die Röhren aufzuhacken, und in dieser mit seiner langen Zunge bereits die Larve erreicht, aber noch nicht fressen können, als er gestört wurde und seine Beute zurück lassen musste. Andereren potentiellen Interessenten scheint sie bisher entgangen zu sein. Oder so: Die Faltenwespen haben so viel Lehm vom Verschluss weggenommen, dass dieser aufbrach. Vielleicht haben sie dann auch noch die Trennwand hinter der vordersten Kammer in Angriff genommen. Das erklärt aber nicht schlüssig, warum nun eine Larve in der vordersten Kammer liegt 🤔
Weitere Beobachtungen
Nachtrag zum vorigen Bericht: Die Faltenwespen sind jedenfalls noch immer eifrig dabei, ihre Niströhren auszubauen und zu belegen. Und einmal habe ich an "ihrem Haus" auch eine Goldwespe landen sehen. Diese Art parasitiert wiederum andere solitäre Wespenarten, indem sie jeweils ein Ei mit in deren Brutröhren legt, damit sich ihre Larve dann von den Vorräten (Käferlarven) und schließlich der Wirtslarve selbst ernähren kann. Aber das ist eine andere Geschichte, von der ich vielleicht später einmal erzählen werde.
Autor:Torsten Richter-Arnoldi aus Hattingen | |
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