Der Herr der Zwerge
Verrückt. Manche denken sicher so über Heinz Hendriks. Und was sagen Sie über einen, der 736 Gartenzwerge sein eigen nennt? Fast alle stehen im Garten. Buchstäblich massenweise.
Ganze Rudel sind rund um den Teich mit den immer hungrigen Goldfischen aufgebaut. „Die wissen genau, wenn ich komme, dann gibt’s Futter“, lacht der frühere Maurermeister. Rund um ihr feuchtes Reich, da stehen Schneewittchen und vor allem mehr als sieben Zwerge, viel mehr.
Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Liebe? Was reizten einen heute 76jährigen, mehr als 20 Jahre die kleinen Männer und auch einige Frauen mit der roten Zipfelmütze zu sammeln? „Schon mein Vater hatte Schneewittchen und die sieben Zwerge – zumindest bis sie uns geklaut wurden“, kann er heute darüber lachen. „Mir gefiel das und so fing das an. Vielleicht steckt mir das ja auch in den Genen.“
Die Zwerge stehen nicht einfach nur so herum bei den Hendriks. Sie sind zu Gruppen zusammengefasst. Da gibt es fast ein ganzes Orchester von Akkordeonspielern, gegenüber finden sich Jägersleute, woanders Bergmänner oder schlicht Zwerge nebst Pilzen, Baumstümpfen und Werkzeugen. Sie tragen rote Zipfelmützen, grüne oder schwarze.
Und manche sind blau, nein königsblau. So viel Zeit muss sein. Heinz Hendriks ist nämlich Fan des FC Schalke 04. Kein Wunder also, dass im Haus Schalker Eintrittskarten gerahmt an der Wand hängen und draußen, auf einem Sonderplatz der geräumigen Terrasse, königsblaue Zwerge in unterschiedlicher Größe ebensolche Fahnen schwenken. Erst recht nach dem Pokalsieg gegen Duisburg.
Der „Wennische“ weiß viel über Zwerge. Nur die bunten Gesellen neben sich zu wissen, reicht ihm nicht. Viel Literatur habe er gewälzt, um richtig Bescheid zu wissen: „Beispielsweise habe ich aus den Büchern erfahren, dass es Gartenzwerge nicht nur in Deutschland, sondern etwa auch in Australien gibt. Aber da haben sie grüne Hüte.“
Selbst bei Zwergen gibt es übrigens Größenunterschiede. Der Kleinste in der Hendrikschen Riesensammlung misst gerade einmal knapp 40 Millimeter, während es 18 bei ihm auf rund einen Meter bringen.
Heinz Hendriks war früher viel auf Trödelmärkten unterwegs – im gesamten Ruhrgebiet bis hinein ins Bergische. Da lernte er viele Händler kennen, die sich bei ihm meldeten, wenn sie einen prächtigen Zwerg hatten. „Viele davon waren aber in einem regelrecht erbärmlichen Zustand“, schüttelt der Sammler, der selbst lange Jahre ein Antiquitätengeschäft an der Kohlenstraße besessen hat, das jetzt Sohn Holger führt, voller Unverständnis sein Haupt. „Die habe ich erst einmal richtig aufgearbeitet.“
Noch heute sitzt er regelmäßig inmitten seiner Zwerge und verpasst ihnen einen neuen Anstrich. Nicht alle Zwerge haben einen sonnigen Platz an der frischen Luft von Niederwenigern. Seine „Schätze“ wohnen mit im Haus: „Mein ältester Zwerg ist aus den 1920er Jahren. Genau wie die aus den 30er und 40er Jahren daneben ist der noch aus richtig gutem Ton. Heute ist vieles billiger Schund und kommt aus dem Osten.“
Dann sind da noch Gartenzwerge aus Zinn und selbst die hölzernen Buchstützen sind – natürlich – Zwerge.
Mit dem Garten, dem Teich, den Fischen, dem Haus und seinem Zwergenreich hat Heinz Hendriks im Frühling und Sommer ein volles Programm. Freut er sich dann auf die „dunkle“ Jahreszeit, um die Hände endlich einmal in den Schoß legen zu können? Natürlich – denn dann hat der 76jährige endlich Zeit, sich um seine mehr als nur eindrucksvolle, gut 20 Quadratmeter große Märklin-H0-Modelleisenbahn mit den Dörfern, den Brücken, den Bergen und Bahnhöfen zu kümmern.
Entweder also ist Heinz Hendriks ein sehr unruhiger Geist oder doch irgendwie – verrückt...
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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