„Alte Menschen passen nicht aufs Fließband“
Hattingen: Pflegerin mit Herz - Tanja Figur
(von Rüdiger Berndt)
Eine junge Frau aus Hattingen machte sich einst Gedanken, was sie werden sollte. Die zu der Zeit, Ende der achtziger Jahre, 17-Jährige war freundlich und kontaktfreudig. Sie liebte es, unter Menschen zu sein. Unter Berücksichtigung der damaligen Zeit gab es eigentlich nur die Alternativen Verkäuferin oder Frisörin. Das könnte man glauben. Die flotte 17-Jährige entschied sich aber langfristig anders.
Tanja Figur, so heißt sie, wird bald Stationsleiterin im Altenheim St. Josef an der Brandtstraße ein. Die Altenpflege ist zu ihrem Lebensinhalt geworden und nicht nur die Resonanz der Betreuten, auch die der Kolleginnen und Vorgesetzten hat den STADTSPIEGEL dermaßen beeindruckt, dass Tanja Figur in die Reihe der „Pflegerin mit Herz“ aufgenommen wird.
„Eigentlich wurde ich zur Quereinsteigerin“, erzählt die heute 49-Jährige, „Weil meine Mutter Frisörin war, konnte ich nach er Schule leicht eine Ausbildungsstelle in dem Beruf bekommen. Also ging für mich erst einmal in diesem Modeberuf voran. Aber irgendwie wurde ich nicht ganz glücklich damit.“
Als gestandene Frau und Mutter erfuhr sie eher durch Zufall, das Altenheim St. Josef an der Brandtstraße suche eine Mitarbeiterin im hauswirtschaftlichen Bereich. Eigentlich ohne große Hoffnung bewarb sich Tanja Figur und wurde genommen.
"Pflege und die Arbeit mit Senioren sind mein Ding"
Die Arbeit im Haus brachten ihr die ersten stabilen Kontakte zur Seniorenpflege und zu den Betreuten selbst. „Ich scheine damals aufgefallen zu ein“, berichtet sie stolz, „denn es dauerte nicht lange und die Stationsleitung sagte mir, dass Hauswirtschaft mich nicht ausfüllen könne. Pflege und die Arbeit mit den Senioren, das sei mein Ding.“
Die Hattingerin war ganz überrascht, sollten sich doch ihre heimlichen Berufswünsche endlich erfüllen. Darauf arbeitete sie ein Jahr lang als Pflegehelferin im St. Josef. Mit 40 Jahren schließlich konnte sie dann die ersehnte Ausbildung zur Fachkraft beginnen.
„Meine Ausbildung in diesem verantwortungsvollen Beruf wird wirklich nie zu Ende sein. Gegenwärtig bin ich kommissarische Stationsleiterin, 2020 werde ich nach Abschluss der letzten Qualifikation diese Position ganz offiziell übernehmen können“, so Tanja Figur mit unübersehbar glänzenden Augen.
Es sei nie zu spät, zur Pflege zu finden, macht sie auch anderen Frauen und Männern Mut, Quereinsteiger zu werden. „Früher musste jeder die Pflegeausbildung selbst bezahlen“, weiß sie, „Heute bekommt man Geld auch in der Ausbildung , eigentlich wie in jedem anderen Beruf. Und das wurde auch Zeit, dass die Politik endlich einmal dem Wert der Pflege in bisschen gerechter wurde.“
Die von ihren „Patienten“ heißgeliebte Tanja hat oft erfahren, dass die Senioren lieber ihre Hand streicheln als die von Angehörigen zu drücken. „Das ist verständlich, weil wir uns doch so viel näher sind als ein Besucher, der nur in Abständen kommt“, sagt die viel Gelobte, "außerdem gibt es Zuneigung nicht bei Amazon.“
"Senioren Würde schenken und Würde bewahren"
Jungen und älteren möglichen Berufskandidaten verspricht sie: „Das bei uns familiäre Miteinander gibt die Chance, den Senioren Würde zu schenken und Würde zu bewahren. Sie danken es mit viel Wärme, die auch demente Menschen mit überraschender Zuneigung zurückgeben.“
Für die Pflegerin mit Herz ist dieses Geben und Nehmen der ganz besondere Lohn, den kein Gehalt der Welt ersetzen könne.
Ihr Wunsch fürs neue Jahr ist übrigens ein politischer: „Sorgt endlich dafür, dass die Minutenabrechnung in der Pflege ein Ende hat! Ob daheim oder im Heim gepflegt, alte Menschen passen nicht aufs Fließband!“
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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