Der Hattinger Uwe Gryzbeck liebt und baut Drachen
Warten auf den richtigen Moment

Uwe Gryzbeck mit einem Drachen aus einem Seidenstoff. Foto: Pielorz
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Uwe Gryzbeck liebt Drachen. Er schaut gerne in den Himmel und baut sie gern selbst. Und nicht nur das: Der Hattinger, der auch ein Faible für Pyrotechnik hat, ist Gründer vom Drachenfestival in Kamen auf dem Segelflugplatz an der Derner Straße. Vor über dreißig Jahren rief er das Drachenspektakel ins Leben. In diesem Jahr – nach der Corona-Pause - soll es am 21. und 22. Mai stattfinden. Auch seine Heimatstadt Hattingen, die den Drachen im Stadtwappen trägt, ist drachenverwöhnt.
Zehn Jahre organisierte Uwe Gryzbeck das Drachenfestival am Kemnader Stausee und bis heute finden Workshops zum Drachenbau, beispielsweise im Rahmen des Ferienspaßes, statt. Es gab 1996 eine Ausstellung im LWL-Industriemuseum Henrichshütte und einen Drachen-Workshop mit Flüchtlingsfamilien. Befreundet war Gryzbeck auch mit dem promovierten Juristen Dr. Paul Eubel, dem Leiter des Goethe-Instituts Osaka (Japan). Der lud in den achtziger Jahren bekannte Künstler aus aller Welt ein, japanische Flugdrachen zu gestalten. So entstanden 157 großformatige „Bilder für den Himmel“ von mehr als 120 namhaften Künstlern aus 27 Ländern. Nach der Vernissage 1989 gingen sie auf Tournee, landeten zur Expo 2000 in einem Privatmuseum in Detmold und blieben danach bis zum Tod von Paul Eubel 2010 in seinem Besitz in Palermo. Uwe Gryzbeck betreute den Umzug der Drachen von Detmold nach Palermo und schaffte die Drachen unter abenteuerlichen Bedingungen im Auftrag der Familie Eubel zurück nach Deutschland. Nach neun Jahren sind die Drachen jetzt den Containern entstiegen, weil das Auktionshaus Nagel sie unter den Hammer bringt. Der Auktionserlös soll für die weltweite Katastrophenhilfe gespendet werden. Ein mehrstelliger Millionenbetrag ist wahrscheinlich.
Vor diesem Hintergrund treffe ich Uwe Gryzbeck. Ich habe den studierten Sozialwissenschaftler 2012 schon einmal getroffen. Erst als Amateur, seit 1983 als Profi, baut der Hattinger Drachen. Und die haben eine bewegte und lange Geschichte. Während die einen ihren Ursprung im alten China vermuten, glauben andere die Anfänge im pazifischen Raum zu finden. In jedem Fall sind Drachen viel mehr als ein Spielzeug. Sie wurden eingesetzt zur Wettererkundung, dienten der Kommunikation, sind in Wissenschaft und Kunst zuhause. Sogar für die Raumkapseln der NASA standen die flexiblen Flügelkonstruktionen zwischenzeitlich Pate. „Im alten China gab es sogar eine Lufthoheit für den Drachenflug. Nur der Kaiser durfte sie fliegen und wer das missachtete, erhielt die Todesstrafe“, plaudert Uwe Gryzbeck aus der Geschichte.

Vielfalt der Drachenkunst

Das dürften die wenigstens Menschen im Kopf haben, wenn sie am Strand oder auf der Wiese ihre Drachen in den Himmel steigen lassen. Die Vielfalt der Fluggeräte ist fast grenzenlos. Bis zu einer Windstärke von 110 km/h können Profis Drachen steigen lassen. Ein einzelner Mensch kann bis zu zwanzig Kilogramm halten. Sind die Drachen größer, werden mehrere Personen benötigt, die in engster Abstimmung miteinander arbeiten müssen. Entscheidend ist aber immer das Warten auf den richtigen Moment, wenn der Wind den Drachen in den Himmel trägt. Viele Drachen aus dem Selbstbau von Amateuren und Profis bestehen aus Segeltuch, ihr Gerüst aus Kohlefaserrohre. Es gehen aber auch andere Materialien wie Papier, Seide oder Folien. „Man kann beispielsweise weiße Seide auf den Boden legen und ein Mensch legt sich darauf. Seine Umrisse werden abgezeichnet und später ausgemalt. So kann man selbst als sein eigener Drache nach oben steigen“, lächelt Uwe Gryzbeck. Drachengerüst und Auftriebsfläche müssen dabei im Verhältnis zueinanderstehen, damit der Drache später gut abheben kann. „Einen Drachen fliegen zu lassen, dass hat etwas Meditatives. Man kann jede Windböe spüren beim Blick in den Himmel. Es ist Ästhetik pur, ist fein und leicht, für mich eine Herzensangelegenheit. Ich schaue gern in den Himmel. Mit Drachen und meinem zweiten beruflichen Standbein, der Pyrotechnik, kann man die Menschen dazu bewegen, ebenfalls mit einem Lächeln in den Himmel zu schauen“, sagt er.
Zur Pyrotechnik kam er übrigens über die Nachtdrachen. Um das zu dürfen, besuchte er eine Sprengschule und muss bis heute entsprechende Fortbildungen und Zertifikate vorlegen. „Es gab zunächst Drachen, die in der Dunkelheit mit Beleuchtung aufstiegen. LED-Licht gab es damals noch nicht. Auch Lampions kamen zum Einsatz und irgendwann kam ich auf die Idee mit der Pyrotechnik.“ So wird der Drachen auch in der Nacht zu einem ganz besonderen Fabelwesen und lässt die Fantasie seiner Betrachter und vor allem seiner Erbauer in unendliche Weiten fliegen. Mehr Infos: http://www.drachenundfeu

Nachgemacht - so baut man einen Drachen
Das brauchst Du: einen Streifen Krepppapier 25 x 3 cm (ersatzweise geht auch eine Küchenrolle); drei Bambusstäbchen, genauso lang wie der Drachen breit ist; breites Tesaband, ein Meter Drachenschnur für die Waage und zum Fliegen reißfestes Nähgarn.
So geht es: Krepppapier entrollen und in der Mitte falzen. Dabei sollte die Mittelfalz so lang sein, wie der Drachen breit ist. Schneide die drei Bambusstäbchen auf die Breite der Krepprolle. Fixiere jetzt die drei Stäbe wie ein umgekehrtes H mit Klebeband. Der Mittelstab liegt auf dem Knick, der obere und untere Stab schließen rechtwinklig an den Mittelstab an. Mit Tesastreifen festkleben. Jetzt musst Du oben und unten neben dem Mittelstab kurz unter dem jeweiligen Querstab ein kleines Loch bohren. Durch diese Löcher kommt ein Stück Drachenleine, die auch Waageleine heißt. Sie muss an den Löchern in den Ecken festgeknotet werden. Nun die beiden Ecken des Drachens genau aufeinanderlegen und die Schnur strammziehen, um die Mitte zu ermitteln. Dort wird dann eine Schlaufe in die Schnur geknotet. Zur Überprüfung an dieser Schlaufe bei exakt aufeinanderliegenden Segelecken ziehen, beide Schnüre sollten stramm sein, keine darf durchhängen. Das müsst ihr ziemlich genau hinkriegen. Die Flugschnur wird dann an der Schlaufe (Waagenpunkt) befestigt. Dann geht es zum Probeflug. Achtet darauf, euch mit dem Rücken zum Wind zu stellen. Und dann gebt langsam Leine. Wichtig ist es, den richtigen Moment abzupassen. Wenn nachmittags im Garten Windstille herrscht, ist es trotzdem möglich, dass am Südhang eines Hügels in naher Entfernung gute Bedingungen zum Drachensteigen herrschen. Insbesondere als Anfänger ist man mit Windstärke drei gut bedient.
erwerk.de/

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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